Fliegende Fetzen
jemand eine Sardine?« fügte Grinsi hinzu. »Ich habe gerade eine Dose geöffnet.«
»Rettungsboot«, wiederholte Detritus. Er klang wie jemand, der einer unangenehmen Wahrheit auf den Grund ging. »Ein… großes, schweres Ding, mit dem langsamer wir vorangekommen wären…?«
»Ja, ich hab’s ebenfalls gesehen«, sagte Reg.
»Es tatsächlich eins gab«, fuhr Detritus fort. »Das ein Rettungsboot war, ja?«
»Wir sollten eigentlich in der Lage sein, einen geschützten Ort zu erreichen und dort vor Anker zu gehen.«
»Ja, Anker…«, überlegte Detritus. »Das ein großes Ding mit Haken dran?«
»Genau.«
»Sehr schwer?«
»Natürlich.«
»Ja. Äh… wenn er über Bord geworfen wurde vor einer Weile, weil wir vorankommen mußten schneller… das nicht gut für uns wäre jetzt?«
»Wohl kaum.« Reg Schuh blickte durch die Luke. Der Himmel war eine schmutzige gelbe Decke, in der Blitze komplexe Zackenmuster bildeten. Immer wieder donnerte es.
»Wie weit das Barometer wohl gesunken sein mag?« fragte Reg.
»Bis ganz nach unten«, erwiderte Detritus. »Glaub mir.«
Es lag in der Natur eines D’reg, Türen ganz vorsichtig zu öffnen. Früher oder später stand ein Feind auf der anderen Seite.
Er sah das Halsband auf dem Boden, direkt vor dem kleinen Loch im Rumpf, aus dem Wasser tropfte.
71-Stunden-Ahmed fluchte leise.
Er zögerte nur kurz und stieß die Tür dann auf. Mit einem lauten Pochen knallte sie gegen die Wand.
»Ich will dir nichts zuleide tun«, teilte er der Düsternis mir. »Wenn das in meiner Absicht läge, wärst du längst…«
Angua bedauerte es plötzlich, daß sie sich nicht für die Gestalt des Wolfes entschieden hatte. Für den Wolf hätten sich überhaupt keine Probleme ergeben. Aber genau das war das Problem. Sie hätte einen leichten Sieg errungen und wäre anschließend nervös und unruhig gewesen. Ein Mensch konnte solche Empfindungen unter Kontrolle halten, doch bei einem Wolf sah die Sache anders aus. Ein Wolf geriet vielleicht in Panik und ließ sich dann zu
tierischen
Dingen hinreißen.
Sie hatte über der Tür gewartet, ließ sich nun fallen, gab dem Mann einen Stoß, machte einen Salto rückwärts, schlug die Tür zu und drehte den Schlüssel um.
Das Schwert schnitt mühelos durch das Holz wie ein heißes Messer durch weiche Butter.
Neben Angua schnappte jemand nach Luft. Sie wirbelte um die eigene Achse und sah zwei Männer mit einem Netz – sie hatten den Wolf damit fangen wollen. Der Anblick einer nackten Frau überraschte sie. Das Erscheinen einer nackten Frau bringt Männer immer dazu, ihre Absichten und Pläne zu überdenken.
Angua trat zweimal kräftig zu, lief in die entgegengesetzte Richtung, öffnete eine beliebige Tür und warf sie hinter sich wieder zu.
Sie stand in der Kabine mit den Hunden. Sie sprangen auf, öffneten das Maul – und sanken langsam wieder zu Boden. Ein Werwolf kann bemerkenswerte Macht über andere Tiere haben, ganz gleich, in welcher Gestalt er sich ihnen zeigt. Es war vor allem die Macht, anderen Geschöpfen einen Schrecken einzujagen und selbst ungenießbar zu wirken.
Sie. eilte an den Hunden vorbei und strich einen seidenen Vorhang vor der Koje beiseite.
Der Mann auf dem schmalen Bett öffnete die Augen. Er war Klatschianer, doch seine Haut wirkte sonderbar blaß. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen.
»Ah«, sagte er. »Mir scheint, ich bin gestorben und jetzt im Paradies. Du bist eine
Huri
?«
»Solche Frechheiten brauche ich mir nicht gefallen zu lassen«, erwiderte Angua und zerriß die Seide mit geübter Hand.
Sie wußte, daß sie als weiblicher Werwolf ihren männlichen Kollegen gegenüber im Vorteil war, denn nackte Frauen waren kein Anlaß zur Beschwerde. Der Nachteil bestand darin, daß sie mehr Einladungen bekamen, manchmal von sehr aufdringlicher Art. Angua begriff, daß sie ihre Blöße bedecken mußte, nicht nur aus Anstand, sondern auch, um unangenehm hüpfende Bewegungen im Bereich des Oberkörpers zu unterbinden. Die Fähigkeit, praktisch aus allen Dingen Kleider improvisieren zu können, gehörte zu den weniger bekannten Werwolftalenten.
Angua verharrte. Nun, für das ungeübte Auge sahen alle Klatschianer gleich aus, aber für einen Werwolf sahen alle
Menschen
gleich aus, und zwar sehr lecker. Sie hatte schon vor einer ganzen Weile gelernt, Unterschiede zu erkennen.
»Bist du Prinz Khufurah?«
»Ja. Und du bist…?«
Jemand trat die Tür auf. Angua sprang zum Fenster und riß den Riegel zur Seite,
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