Fliegende Fische Band (Junge Liebe ) (German Edition)
ich.“
„Bitte“, sagt Daniel. „Wiedersehen.“
Er rettet sich nach drinnen und schlägt die Tür zu. Sofort steigt ihm frischer Zigarettengeruch mit einer süßlichen Beimischung in die Nase, aber es hat keinen Sinn, einen Schrei zu lassen, den bei dieser Beschallung sowieso kein Kiffer hören würde.
Er fragt sich, ob diese Bässe auf der Wasseroberfläche des Aquariums konzentrische Wellen erzeugen können, aber er will lieber nicht nachsehen und regelt stattdessen die Lautstärke an der kleinen Stereoanlage auf ein erträgliches Maß. Dann geht er dem Rauchgeruch nach.
Die Tür zu Ritas Schlafzimmer steht halb offen. Irritiert schaut Daniel durch den Spalt.
Mick steht vor der Spiegeltür am Kleiderschrank. Um ihn herum, auf dem Boden und auf dem Bett, liegen Kleidungsstücke, teils welche, die er in den letzten Tagen von zu Hause geholt hat, teils welche aus Daniels Besitz. Er dreht und wendet sich vor dem Spiegel und ist mit nichts bekleidet als einer selbstgedrehten Zigarette im Mundwinkel. Seine Haut ist weiß und glatt wie Milch, auf der Innenseite seiner Unterarme verblasst das blutrote Graffiti eines verrückten Sprayers.
Daniel spürt, wie eine Mischung aus Scham und Wut ihm die Wangen färbt. Er schiebt die Tür auf, Mick sieht die Bewegung im Spiegel und dreht sich um.
„Hi“, sagt er. „Warum hast du die Musik leiser gedreht?“
Daniel stürmt in den Raum. Er will sich Mick in seiner ganzen Pracht gar nicht so genau ansehen, dafür ist er noch längst nicht unbefangen genug, außerdem will er sich nicht seine schöne Wut verderben. Es kommt ja selten genug vor, dass er aus ganzem Herzen wütend auf Mick sein kann. Er schnappt Mick die Zigarette aus dem Mundwinkel und trägt sie mit spitzen Fingern zum Fenster.
„He“, sagt Mick entrüstet.
Daniel öffnet das Fenster, drückt die Zigarette auf dem äußeren Fensterbrett aus und schnippt sie in die Tiefe.
„He! Mein Joint!“
„Hast du sie noch alle, sag mal? Im Schlafzimmer meiner Mutter zu rauchen? Und das, wo du mir hoch und heilig versprochen hattest, damit aufzuhören!“
„Das war keine Zigarette, das war ein Joint!“
„Aaaaaah!“
„Was, aaaah?“
„Für wie blöd hältst du mich eigentlich?“
„Ich habe dir nie versprochen, mit Joints aufzuhören! Weißt du, was das gute Stück mich gekostet hat?“
„Seit wann denkst du an Geld?“
„Zeit, Mann! Und Mühe! Man geht nicht einfach in den Laden und holt die, weißt du? Man braucht einen vernünftigen Dealer, der einen nicht abzieht, man darf sich nicht erwischen lassen …“
„Mir bricht das Herz! Was für ein böses, böses Schicksal.“
„Jetzt tu nicht so heilig! Ich hab dich doch auch schon kiffen sehen.“
„In Gesellschaft! Und weil die Gelegenheit sich ergab. Ich käme nie auf die Idee, mich damit nachmittags … alleine … was ist das hier eigentlich? Eine Modenschau?“
„Gefällt dir, was du siehst?“
Mick stemmt die Hand in die Hüfte und posiert, als trüge er einen Armani-Anzug und nicht das Adamskostüm, das ihm, wie Daniel heimlich zugeben muss, ganz hervorragend steht.
„Das ist jetzt nicht die Frage.“
Daniel schließt die Augen. Er ist wütend und überfordert, von Micks Anblick sehr abgelenkt und er fragt sich, wie er seiner Mutter den Qualmgeruch erklären soll.
„Wenn meine Mutter das riecht, fliegst du raus“, sagt er. „Du kannst schon mal packen. Warum machst du so etwas? Warum hältst du dich einfach nicht an Absprachen?“
„Ich weiß nicht. Ich wollte ja. Aber den Joint wollte ich dringender. Ich habe Millionen Zigaretten nicht geraucht, in den letzten Tagen. Die siehst du nur nicht.“
„Kannst du dir was anziehen? Bitte?“
„Warum?“
„Weil ich mit dir reden will, nicht über dich herfallen.“
Mick grinst.
„Sieh an, der schüchterne Daniel. Wer hätte gedacht, dass er mal solche Sprüche raushaut.“
„Jetzt mach. Mir ist es ernst.“
Mick schnappt sich Daniels alten Bademantel, der mit den anderen Sachen den Weg aufs Bett gefunden hat und wickelt sich darin ein.
„Besser?“
„Ähm. Ja.“
Mick nickt und fährt sich mit gespreizten Fingern durch die Locken. Ein Rest seines herausfordernden Grinsens hängt ihm vergessen im Mundwinkel. Er betrachtet sich im Spiegel und Daniel fragt sich, wen er da sieht. Den coolen Rocker, den Leadgitarristen, dem die Mädels zu Füßen liegen, selbst wenn er mit ihnen nichts anfangen kann? Den Sohn reicher Eltern, die nächste Generation der High Society
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