Flieh solange du kannst
jemals erwartet hätte. “Du willst mich also loswerden?”
“Ich habe dir doch die ganze Zeit reinen Wein eingeschenkt. Du hast immer gewusst, was dich erwartet.”
“Was man erwarten kann und was man sich erhofft, sind zwei ganz verschiedene Sachen”, sagte sie mit sanfter Stimme.
Auch Preston klang plötzlich weicher. “Was ich mir erhoffe, hat mit alledem nichts zu tun, Emma.”
“Also ist das heute Nacht nur eine kleine Zugabe.”
Er seufzte und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. “So war das nicht gemeint.”
Sie würde fast alles für eine gemeinsame Nacht mit Preston geben, wusste aber auch, dass sie es nicht ertrug, wenn er ihr danach für immer den Rücken zukehren würde. Es war auch so schon schwierig genug für sie, ein neues Leben anzufangen. Sie durfte nicht zulassen, dass Preston ihr das Herz brach, gerade jetzt, wo es doch darauf ankam, stark zu sein und voller Zuversicht eine neue Zukunft zu planen.
“Ich habe noch einiges zu erledigen, Emma”, fuhr er fort, als sie nicht antwortete. “Und ich weiß nicht, wie mein Leben danach aussehen wird.”
“Warum sagst du mir das, warum darf ich immerhin so viel wissen und ahnen …”
“Weil ich nicht möchte, dass du denkst, dass diese Nacht für mich keine Bedeutung hat.”
“Und das sagst du einfach so dahin, während du darüber nachdenkst, dich aus dem Staub zu machen?”, fragte sie verbittert. “Du brauchst dich gar nicht weiter zu bemühen, um mich zu überzeugen. Ich werde nämlich nicht zulassen, dass du mich anfasst.” Momentan hatte sie mehr als genug damit zu tun, ihre Schuldgefühle und Trauer wegen Juanitas Tod zu verarbeiten. Hinzu kam die Erkenntnis, dass Manuel ein Mörder war. Es war wirklich nicht nötig, zu diesen Schicksalsschlägen einen weiteren hinzuzufügen, indem sie sich diesem Mann auslieferte. Liebe ist nicht möglich, ohne dass man aufeinander zugeht, Preston …
Er wandte sich ihr zu und ließ seine Augen über ihren Körper gleiten, über all die Stellen, an denen sie so gern seine Hände gespürt hätte, und für einen kurzen Augenblick sah es aus, als verlöre er seine grausame Selbstbeherrschung. Über sein Gesicht huschte ein Anflug heftigen Begehrens, sie spürte seinen heißen Blick auf ihrer Haut und merkte, wie ihre Brustwarzen hart wurden und sich zweifellos unter dem dünnen Stoff ihrer Bluse abzeichneten. Er hatte es tatsächlich geschafft, sie zum Lügen zu bringen. Denn alles, was sie gesagt hatte, war falsch. Natürlich wollte sie, dass er sie berührte. Aber sie wollte nicht riskieren, ihr Gefühlsleben nur wegen einer einzigen Nacht für immer in Aufruhr zu bringen.
Endlich trafen sich ihre Augen. “Du willst genauso sehr mit mir ins Bett gehen wie ich mit dir.”
Sie schüttelte den Kopf. “Ich will aber nicht nur deinen Körper, ich will, dass du dich ganz hingibst.”
Einige Minuten fuhr er schweigend weiter. “Sagtest du nicht, du wolltest von nun an mit jedem Mann schlafen, der dir gefällt?”
“Ja, aber das trifft nicht auf dich zu.”
“Warum nicht?”
“Weil ich dir nicht lächelnd hinterherwinken könnte, wenn du davonfährst.”
“Aber wir kennen uns doch erst seit einer Woche”, sagte er, aber so, wie er es sagte, schien er selbst nicht daran zu glauben.
Sie spürte, wie sich eine zentnerschwere Last auf ihre Brust legte, fühlte eine bittersüße Traurigkeit in sich aufsteigen – dieser Mann da neben ihr war doch genau der, von dem sie seit vielen Jahren heimlich träumte. “Mag sein, dass wir uns erst eine Woche kennen”, sagte sie. “Aber das ist doch egal. Ich weiß nämlich schon längst, dass ich dich liebe.”
Preston saß im Whirlpool und hoffte, dass Emma schon schlief, wenn er zurück ins Zimmer kam. Er war ganz allein im Schwimmbad. In Cedar Rapids hatte er ein nagelneues Motel ausfindig gemacht, in dem es zwei Schlafzimmer und einen Küchenbereich gab, und das man auch längerfristig mieten konnte. Obwohl noch gar nicht offiziell eröffnet, hatten sie es geschafft, den Besitzer ausfindig zu machen und ihn zu überreden, ihnen schon eine Woche vor dem eigentlichen Start ein Apartment zu überlassen. Für Preston war die übrige Einrichtung des Motels, dessen Lobby noch nicht fertig eingerichtet und das auch noch nicht zu Ende gestrichen war, zweitrangig. Er wollte eine gute und sichere Unterkunft für Emma und Max, wo sie so lange bleiben konnten, bis sie ein eigenes Häuschen gefunden hatten.
In dieser Hinsicht zwar beruhigt, fürchtete
Weitere Kostenlose Bücher