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Flieh solange du kannst

Flieh solange du kannst

Titel: Flieh solange du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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sprach. Sie hatten ihn zur Toilette geschickt, sein Blut getestet und ihm eine Süßigkeit versprochen, wenn er lieb war und ein paar Minuten lang im Auto auf sie wartete. Aber jetzt redeten sie schon so furchtbar lange miteinander.
    Als er es leid war, am Lenkrad zu drehen und Motorgeräusche zu machen, öffnete er das Handschuhfach und fand darin eine Sonnenbrille. Er wusste, dass er sie nicht nehmen durfte, aber seine Mommy hatte ihm etwas Süßes versprochen und er fand es überhaupt nicht gut, dass er immer noch darauf warten musste. Er wollte etwas tun, nicht so langweilig herumsitzen.
    Also setzte er die Sonnenbrille auf, sah sich im Rückspiegel an und musste lachen. Er sah wirklich komisch aus. Dann nahm er die Brille wieder ab, legte sie zurück ins Handschuhfach und entdeckte Prestons Handy, das zwischen die Sitze gerutscht war. Telefonieren fand er ganz toll. Er spielte gern mit Telefonen und stellte sich dabei vor, dass er einen Anzug tragen und den ganzen Tag lang arbeiten würde, wie sein Daddy es tat. Sein Daddy telefonierte ständig mit vielen Leuten.
    Max griff nach dem Handy, drückte ein paar Tasten und hielt sich den Apparat ans Ohr. Plötzlich hörte er eine bekannte Stimme: “Vanessa? Bist du das? Hör zu …”
    Max hielt die Luft an. “Daddy?”
    “Dominick?” Sein Vater klang ziemlich verwirrt.
    “Daddy, wo bist du?”
    “Wo bist du denn,
hijito?”
    “Im Auto.”
    “Was für ein Auto denn?”
    “Prestons brauner Kombi.”
    “Was für ein Preston denn?”
    “Preston Holman natürlich.”
    “Preston Holman? Wer ist das denn?”
    Max kam es so vor, als wäre sein Vater ziemlich wütend, also dachte er darüber nach, ob er ihm etwas Schönes erzählen könnte. “Preston spielt Baseball mit mir. Er sagt, ich kann schon richtig gut werfen.”
    Sein Vater machte ein merkwürdiges Geräusch.
    “Daddy?”
    “Ich hör dir zu,
hijito.”
    “Er findet auch, dass ich den Ball gut abschlagen kann.”
    “Wo ist denn deine Mutter?”
    Max beugte sich nach vorn, um durch das Seitenfenster sehen zu können. “Sie ist da draußen.”
    “Was macht sie denn?”
    “Sie umarmt Preston.”
    “Was meinst du damit, sie umarmt Preston?” Die Stimme seines Vaters dröhnte laut aus dem Handy, und Max hatte wieder Angst, er könnte etwas Falsches gesagt haben. Er mochte es nicht, wenn sein Daddy sich ärgerte, es machte ihm Angst.
    “Mommy weint und Preston tröstet sie.” Das klang doch gut, oder? Preston war lieb. Aber sein Vater antwortete nicht gleich darauf. Max überlegte fieberhaft, was er noch sagen könnte, um ihn aufzuheitern. “Weißt du was? Ich kann mir jetzt das Insulin selbst ins Bein spritzen.”
    “Das ist ja toll,
hijito”
, sagte sein Vater, aber es schien ihn nicht sehr zu interessieren. Also fügte Max noch hinzu, dass Preston ihm gezeigt hatte, wie man es machen muss.
    “Du sollst nicht mit diesem Kerl rummachen, hast du gehört?”
    “Warum?”
    “Weil du tun sollst, was ich dir sage.” Max merkte, dass sein Vater die Hand über den Hörer legte und mit jemand anderem sprach. Dann redete er wieder mit ihm. “Guck doch mal aus dem Auto,
hijito.”
    “Warum denn?”
    “Du sollst mir sagen, was du da siehst.”
    War das ein neues Spiel? Normalerweise mochte sein Daddy doch keine Spiele. Aber Max liebte solche Spiele. “Toiletten”, sagte er.
    “Gibt es irgendwelche Schilder, auf denen Wörter geschrieben sind?”
    Max war selig, als er so ein Schild fand. “Ja, da steht was.”
    “Gut, Max. Hör zu, du kannst doch schon richtig gut lesen, stimmt’s? Schaffst du es, mir vorzulesen, was da drauf steht?”
    “Klar.” Max fand es toll, dass er seinem Daddy etwas vorlesen durfte. Aber bevor er das Wort richtig lesen konnte, es fing mit den Buchstaben N-E-B an, sah er, wie seine Mutter und Preston auf das Auto zukamen.
    “Oje.” Er steckte das Handy wieder an die Stelle zwischen den Sitzen, von wo er es hervorgezogen hatte und kletterte auf den Rücksitz. Er wollte nicht ausgeschimpft werden, weil er etwas genommen hatte, das er nicht anfassen durfte. Dann bekäme er bestimmt nicht die Süßigkeit, auf die er sich so gefreut hatte.
    “Dominick?”, hörte er die leise Stimme seines Vaters, die so dünn klang, als würde ein winzig kleiner Mann sprechen.
    “Tschüs, Daddy!”, rief er. Dann musste sein Vater wohl aufgelegt haben, denn nachdem Preston die Tür für seine Mommy geöffnet und sie ihn gefragt hatte, ob sie in Omaha zum Mittagessen anhalten könnten,

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