Flieh solange du kannst
gesagt?”
“Klar.”
“Hat er dich geweckt?”
“Nein, ich war schon wach.”
Wahrscheinlich stimmte das nicht. Aber immerhin war Preston nicht einfach so gegangen, sondern hatte sich verabschiedet. “Hat er noch irgendwas gesagt?”
“Ich soll ein Schlaufuchs bleiben.”
“Du bist der schlauste Schlaufuchs, den ich kenne.”
Max runzelte die Stirn. “Kommt er denn nicht mehr zurück?”
“Ich weiß es nicht.”
“Aber was ist mit meinem Baseball? Er ist doch mein Trainer.”
Emma küsste ihren Sohn auf die Wange. Seit Jahren sehnte sie sich nach einem Leben nur für sich und ihren Sohn. Diese Zweisamkeit hatte sie sich immer erträumt. Warum nur glaubte sie auf einmal, ohne Preston würde ihnen etwas fehlen? Endlich waren sie in Iowa angekommen. Sie musste sich Arbeit suchen, eine Wohnung, ein neues Leben beginnen. Aber auf einmal hatte sie kaum noch die Kraft, aus dem Bett aufzustehen.
“Vielleicht ändert er seine Pläne ja noch”, sagte sie.
“Wo ist er denn hingegangen?”
Emma war nicht in der Stimmung, auf all diese Fragen zu antworten. Mit einem Mal fühlte sie sich einsam und verlassen. “Wollen wir schwimmen gehen?”, fragte sie, um Max abzulenken.
Sofort strahlte er übers ganze Gesicht: “Ja!”
“Aber erstmal bestellen wir uns ein paar Donuts zum Frühstück.”
Sein Lächeln wurde noch breiter: “Machen wir eine Party?”
Eher eine Art Trostpflaster für mein gebrochenes Herz, dachte Emma. Zu Max aber sagte sie: “Wenn du schwimmen gehen willst, brauchst du doch extra viel Energie, stimmt’s?”
Er klatschte in die Hände und rannte los, um seine Badehose zu suchen. Als er fort war, wanderten Emmas Augen durch den Raum. Kein Computer, keine Reisetasche, kein Handy …
Ihr Blick wanderte zur Kommode. Da war doch etwas!
Mühsam stand sie auf und ging hin. Eine kleine Flasche mit Parfüm. Ein Geschenk. Die Flasche stand auf einem Umschlag, der fünf Tausend-Dollarscheine enthielt. Auf den Umschlag hatte Preston etwas geschrieben “Kauft euch ein Auto” – und darunter las sie seine Telefonnummer.
Sie öffnete das Parfüm und hielt es sich unter die Nase. Es roch ganz wundervoll. Und außerdem hatte er ihr die Möglichkeit gegeben, Kontakt mit ihm zu halten. Voller Freude ging sie zum Telefon und nahm den Hörer ab, konnte aber kein Freisignal hören. Offenbar war das nagelneue Motel noch nicht ans Telefonnetz angeschlossen, aber in ein paar Tagen würde es sicher funktionieren.
Vielleicht war es ja doch kein Abschied für immer.
Am Telefon hatte Joanie kühl und distanziert geklungen, aber sich bereit erklärt, Preston zum Frühstück zu treffen. Er hoffte nun, dass er sie zum Sprechen bringen könnte. Wahrscheinlich erinnerte sie sich noch immer gern an ihre Freundschaft mit Christy. Aber während er in dem Coffee-Shop, den sie ausgesucht hatte, auf sie wartete, wanderten seine Gedanken nicht in die ferne, sondern in die noch sehr nahe Vergangenheit. Emma war jetzt bestimmt aufgestanden und gab Max sein Insulin …
“Preston?”
Vor seinem Tisch stand eine Frau. Es war Joanie, aber er hätte sie nicht erkannt, wenn sie ihn nicht angesprochen hätte. Sie wog mindestens vierzig Kilo mehr, die Hände und Füße waren angeschwollen, sogar das Gesicht …
“Du hast dir die Haare anders gefärbt”, stellte er fest, um den Schock, den ihr Anblick bei ihm auslöste, zu überspielen. Als er aufstehen wollte, machte sie eine ablehnende Handbewegung.
“Du musst nicht höflich sein. Wir sind ja keine Freunde mehr.”
Sie verzog das Gesicht und zwängte sich auf den ihm gegenüberstehenden Stuhl.
“Musstest du denn unbedingt eine enge Nische nehmen?”, fragte sie missgelaunt.
“Ich … Würdest du lieber an einem anderen Tisch sitzen?”
“Ach was, es geht schon. Du musst dich übrigens gar nicht so sehr bemühen, deine Überraschung zu verbergen.”
“Ich hab mich nur …”
“Dich gefragt, was zum Teufel mit mir passiert ist?”
Ja … genau das. Er räusperte sich. “Bist du krank?”
“Man nennt das auch Schwangerschaft, vielleicht hast du ja schon mal davon gehört? Dabei nimmt man an Gewicht zu. Ich leide an Schwangerschaftshypertonie, das bedeutet, mein Blutdruck ist zu hoch und im Gewebe lagert sich Wasser ab. Daher schwelle ich dermaßen an. Ob du es glaubst oder nicht, aber heute ist einer meiner besseren Tage.” Sie wischte sich einen Schweißtropfen von der Stirn. “Mein Gott, bin ich froh, wenn das alles vorbei ist.”
Das verstand
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