Flirtverdacht Roman
Augen folgte, war dort lediglich das alte Ölgemälde zu sehen, das Paris in den 1920er Jahren zeigte und das er bereits Millionen Male betrachtet hatte. »Ich meine nur«, wiederholte er beinahe eisig, »dass es ein sehr ungewöhnlicher Job ist. Einer, wie ihn die Agentur noch nie abgewickelt hat. Und vielleicht sollte ihn ein Profi übernehmen.«
Ich kam wieder ganz ins Schlafzimmer und warf Jamie einen gekränkten Blick zu. »Meine Mitarbeiter sind alle Profis.«
Er schob die Hände hinter den Kopf. »Aber keiner von ihnen ist schon so lange im Job wie du.«
Ich war mir nicht ganz sicher, worauf er hinauswollte, aber die Richtung gefiel mir ganz und gar nicht. Mit dem gepolsterten Kleiderbügel in der Hand ließ ich mich auf dem Bett nieder. »Aber ich mache das nicht mehr. Das weißt du doch. Schon seit einem Jahr nicht mehr.«
Jamie wich weiterhin meinem Blick aus. Schließlich wurde es mir zu bunt, und ich packte sein Kinn und drehte es in meine Richtung. »Hey«, sagte ich entschieden. »Was ist los?«
Er zuckte wieder ausweichend mit den Schultern. »Nichts. Ich finde nur, dass dieser Auftrag sehr verlockend klingt – falls du die Absicht hast, jemals wieder aus deinem Ruhestand zurückzukehren.«
Ich war wie vor den Kopf gestoßen, fühlte mich gleichzeitig hilflos und gekränkt. So hatte ich Jamie noch nie erlebt. Er hatte immer gesagt, dass mein Schreibtischjob für ihn in Ordnung sei. Und sein Verhalten hatte mich nie daran zweifeln lassen. Aber aus irgendeinem Grund ließ ihm dieser eine Auftrag keine Ruhe, und ich konnte mir nicht erklären, wieso.
»Soll das etwa heißen, du willst , dass ich in das Haus fremder Leute einziehe, mich drei Wochen lang als ihr Kindermädchen ausgebe und darauf warte, ob sich ein geiler älterer Kerl, der seine Finger nicht bei sich behalten kann, an mich ranmacht? Willst du das wirklich?«
»Willst du das denn?«, schoss er sofort zurück, so dass ich unwillkürlich den Kopf einzog. Seine Reaktion kam völlig unerwartet. Nicht nur, weil sie so prompt war, sondern auch wegen des bitteren feindseligen Nachgeschmacks, den sie zurückließ.
»Nein!«, rief ich empört und sprang auf. »Was redest du da eigentlich? Wie kommst du überhaupt auf solche Ideen? Ich habe nicht das Bedürfnis, wieder in dieser Weise aktiv zu werden.«
Jamie musterte mich eindringlich. Sein Blick schien mich zu durchbohren, und plötzlich wünschte ich, er würde wieder die Wand anstarren. »Trotz allem, was heute Morgen passiert ist?«, fragte er herausfordernd.
Meine Finger, die noch den Kleiderbügel umklammerten, zuckten, während ich heftig schluckte. »Was war denn heute Morgen?« Ich wusste natürlich ganz genau, was er meinte, aber das würde ich nicht zugeben. Diese Genugtuung gönnte ich ihm nicht. Wenn er diesen Weg wirklich gehen wollte, musste er den ersten Schritt tun.
»Sechs Niederlagen im Gericht in Folge«, erklärte er, als wäre es das Ergebnis eines Eishockeyspiels, das ihm nichts weiter bedeutete.
»Und?«
» Und« , wiederholte er, »da dachte ich, du fühlst dich vielleicht ein bisschen … ich weiß auch nicht, hilflos vielleicht. Frustriert. Leer.«
»Leer«, wiederholte ich, als hörte ich das Wort zum ersten Mal, während ich überlegte, was Jamie damit sagen wollte.
»Ja«, beharrte er. »Schließlich hast du zwei Jahre mit deiner verrückten Mission zugebracht. Du weißt schon, Fremdgeher entlarven, die Wahrheit herausfinden, andere Leute aufklären. Und dann musstest du plötzlich einen Gang zurückschalten und zusehen, wie andere das übernahmen. Klar, anfangs war das kein Problem. Du hattest das Gefühl, trotzdem noch selbst dabei mitzumachen. Nach einem Jahr schließlich hast du dir eine andere Möglichkeit gesucht, um dich einzubringen, und das läuft irgendwie nicht so richtig. Wie fühlst du dich dabei? Und wie willst du das ändern?«
Ich war sprachlos. Seine Worte brachten mich ziemlich aus der Fassung. Nicht unbedingt, weil sie direkt ins Schwarze trafen, sondern weil sie nicht völlig danebenlagen. Trotzdem hatte ich nicht vor, in das Haus einer fremden Frau einzuziehen und deren Kinder zu hüten, während ich darauf wartete, dass ihr Mann versuchte, mich zu verführen. Und Jamie musste das verstehen. Und wenn er das nicht tat, musste ich es ihm klarmachen.
Ich holte tief Luft und ergriff seine Hand. »Jamie«, beteuerte ich, »diese Episode meines Lebens ist vorbei . Ja, ich war wirklich ein wenig enttäuscht wegen dieser Zeugengeschichte.
Weitere Kostenlose Bücher