Flirtverdacht Roman
Sache.
Und ebendiese Privatsphäre nehme ich auch für mich selbst in Anspruch. Meine Mitarbeiter kennen nicht einmal meinen richtigen Namen. Und natürlich wissen sie nicht das Geringste über mein Leben außerhalb des Büros. Sie ahnen nichts von Sophies Hochzeit oder den Mühsalen meiner Trauzeugenrolle. Sie ahnen nicht, dass meine Mutter immer noch nicht weiß, wovon ich lebe, und dass sie es vermutlich auch nie erfahren wird. Oder dass ich bis vor einem Jahr keinerlei Kontakt zu meinem Vater hatte.
Und sie ahnen nicht das Geringste von Jamie.
Für mich gibt es einfach keinen Grund, Berufsleben und Privates zu vermischen. Deshalb lasse ich meine Mitarbeiter in Ruhe und mache mir keine Gedanken darüber, was sie außerhalb dieses Büros so treiben. Bevor ich ihnen eine Stelle angeboten habe, musste jeder von ihnen ein gründliches Auswahlverfahren über sich ergehen lassen – Überprüfung der Familienverhältnisse, Drogentests, eine obligatorische zweiwöchige Beschattung durch einen Privatdetektiv. Sie waren vertrauenswürdig. Da war ich mir sicher.
Und ich sah keine Notwendigkeit für weitere Informa tionen.
Ich saß erst wenige Minuten in meinem Büro, als die Gegensprechanlage auf meinem Schreibtisch summte und Hadley meinen nächsten Termin ankündigte.
Nach dem Aussehen zu urteilen war Melissa Stanton Mitte bis Ende dreißig. Ich hätte sie auf siebenunddreißig geschätzt. Aber ganz bestimmt nicht älter als vierzig. Ihr langes, dunkles Haar war zu einem lockeren Pferdeschwanz zusammengefasst und mit einer schwarzen Spange festgesteckt. Sie war mittelgroß, schmal, mit glatter Haut, die noch fast keine Fältchen zeigte.
Ich streckte ihr zur Begrüßung die Hand entgegen. »Hallo, ich bin Ashlyn, Leiterin der Hawthorne Agency. Freut mich, Sie kennenzulernen.«
»Freut mich auch … irgendwie.« Sie lachte verlegen.
»Bitte setzen Sie sich doch.« Ich deutete auf das weiße Chenille-Sofa in der Ecke. Dann nahm ich ihr gegenüber auf einem passenden Sessel Platz und hielt meinen Notizblock auf dem Schoß parat, während sie sich niederließ.
Sie sah sich ein wenig ängstlich um. Ich habe mich bemüht, diesen Raum so einladend wie möglich zu gestalten. Aber ich weiß auch, es lässt sich kaum einrichten, dass sich jemand in einer derartigen Situation richtig wohlfühlt.
Da mein Gegenüber nicht sofort das Wort ergriff, nahm ich mir die Freiheit, das Gespräch zu beginnen. »Erzählen Sie mir doch am besten, wieso Sie hier sind«, schlug ich vor.
Mrs Stanton holte tief Luft und zwang sich zu einem gequälten Lächeln. »Also, eigentlich«, setzte sie an, »bin ich gekommen, weil ich ein Kindermädchen suche.«
Auf der Stelle wich mein Lächeln einem verwirrten Gesichtsausdruck, den ich allerdings zu verbergen versuchte. »Aha«, erwiderte ich vorsichtig.
Immerhin waren wir bei der Stadt Los Angeles als Agentur für »Hauspersonal« gemeldet, als Unternehmen, das Kindermädchen, Haushälterinnen und Privatlehrer an Familien vermittelt, aber das war nur eine Tarnung aus steuerlichen … und aus familiären Gründen. Nämlich wegen meiner Familie. Die Agentur für Hauspersonal war nur eine Fassade, die unsere wahre Tätigkeit verbergen sollte.
Ich beschloss, behutsam vorzugehen. Wenn diese Frau wirklich dachte, sie könnte hier ein Kindermädchen engagieren, dann musste ich sie vorsichtig in eine andere Richtung lenken, ohne zu viel zu verraten. »Und darf ich fragen, wie Sie von uns gehört haben?«
Mrs Stanton rutschte nervös auf ihrem Platz herum. »Eine Freundin hat Sie empfohlen. Ich hatte ihr von …« Sie machte eine verlegene Pause. »Na ja, von meiner aktuellen Situation in Sachen Kindermädchen berichtet, und sie hat mir empfohlen, mich an Sie zu wenden. Sie meinte, Sie könnten mir helfen.«
Ja, diese Frau war hier eindeutig am falschen Ort. Aber welche Freundin hatte mich empfohlen? Wir hatten noch niemals ein Kindermädchen vermittelt … und natürlich auch keine Haushälterin. Wieso hatte man uns empfohlen? Da musste irgendwie eine Verwechslung vorliegen.
»Tja«, sagte ich entschieden und ließ meinen Block auf den niedrigen Tisch zwischen uns fallen, »leider haben wir gerade keine Kindermädchen parat, und es sieht nicht so aus, als würden bald wieder welche reinkommen. Aber ich rufe Sie gerne an, falls sich da etwas ändert. Bis dahin wenden Sie sich am besten an eine andere Agentur, damit Ihre Kinder nicht unnötig warten müssen.«
Sie sah mich an, als hätte ich den
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