Flirtverdacht Roman
Innenfach meiner Handtasche, in das ich ihn heute Morgen vor dem Büro gesteckt hatte. Ich hatte vor, auf Jamie zu warten, damit wir die Nachricht gemeinsam verkünden konnten, dann wollte ich den Ring anstecken, damit Simone ihn eine ganze Stunde lang bewundern konnte.
»Dein Dad hat mir erzählt, dass du eine Agentur leitest, die Kindermädchen vermittelt?«, fragte Simone, stützte den Ellenbogen auf den Tisch und das Kinn in die Handfläche.
Ich nickte und sah an ihr vorbei zur Eingangstür. »Ja. Das stimmt. Auch Haushälterinnen und Privatlehrer.«
»Das klingt ja faszinierend«, erwiderte sie mit weit aufgerissenen Augen. Für einen kurzen Moment rechnete ich damit, sie würden gleich aus den Höhlen quellen, daher wandte ich den Blick nicht ab. Das wollte ich mir nämlich nicht entgehen lassen.
»Erzähl doch etwas mehr davon.«
Ich riss ein Stück Brot aus dem Korb ab und bestrich es mit Butter. Katie fiel mir ein, die im Haus der Stantons bei den unausstehlichen Zwillingen darauf wartete, dass Mr Stanton einen unmissverständlichen Annäherungsversuch machte.
»Da gibt es eigentlich nicht viel zu erzählen«, sagte ich mit bescheidenem Schulterzucken. »Ich führe ein Gespräch mit der jeweiligen Familie und versuche dann, das passende Kindermädchen für sie zu finden.« Und damit die ganze Geschichte noch glaubwürdiger klang, fügte ich hinzu: »Gerade eben habe ich eins meiner Mädchen bei einer sehr netten Familie in Beverly Hills untergebracht, die neunjährige Zwillinge hat. Das ist ein tolles Alter.«
»Ich hatte auch mal ein Kindermädchen«, erwiderte Simone und sah verträumt zu Seite. »Die war sehr nett. Ich glaube, sie kam aus Schweden. Vielleicht auch aus Norwegen. Eins dieser Länder eben. Sie hatte immer ungefähr sieben Freunde gleichzeitig. Sie war dieser ganz spezielle Typ, weißt du?«
»M-hm«, erwiderte ich und biss ein übergroßes Stück Brot ab.
Eindeutig keinen Tag älter als zweiunddreißig.
»Und wie bist du vom Investment-Banking zur Kindermädchenvermittlung gekommen? Das ist doch eine ziemliche Umstellung.«
Sofort ließ ich die Erklärung vom Stapel, die ich mir nach der Gründung der Hawthorne Agency extra für meine Eltern zurechtgelegt hatte. Investment-Banking war mir zu stressig geworden, bei diesem Job habe ich geregeltere Arbeitszeiten, ich habe das Gefühl, anderen Menschen zu helfen, bla, bla, bla.
Simone nickte verständnisvoll. »Klar. Gute Haushaltshilfen braucht schließlich jeder, nicht wahr?«
Mein Dad lächelte sie liebevoll an und beugte sich zur Seite, um ihr die nackte Schulter zu küssen. »Da hast du Recht, Baby.«
Fast hätte sich mir der Magen umgedreht, und ich unterdrückte das Gefühl rasch mit einem weiteren Bissen Brot, obwohl ich das erste Stück noch gar nicht richtig gekaut und heruntergeschluckt hatte.
Wer war diese Frau? Wo um alles in der Welt hatte mein Dad sie aufgegabelt? Er war neunundfünfzig. Und sie knapp dreißig. Störte es ihn denn gar nicht, dass sie sozusagen in meinem Alter war? Und störte es sie nicht, dass er bereits von der Rente leben würde, wenn sie fünfundvierzig war?
Die einzige logische Erklärung war Geld. Und das hatte mein Vater reichlich. Er war zwar nicht gerade Donald Trump, aber er konnte es sich ohne weiteres leisten, Simone reichlich Botox zu spendieren. Aber ich konnte einfach nicht begreifen, wieso mein Dad ein solches Abziehbild geheiratet hatte. Eine blonde Simone in den Dreißigern mit einer Stimme wie eine 0190-Nummer? War ihm denn nicht klar, wie lächerlich er wirkte, wenn er mit ihr durch die Stadt stolzierte?
Obwohl ich eines zugeben musste: Auf andere Männer jenseits der fünfzig wirkte er wahrscheinlich wie James Bond.
»Wie geht’s dir denn so?«, fragte mein Dad und klopfte leise auf den Tisch vor mir. Offenbar hatte er gemerkt, dass ich mit den Gedanken ganz woanders war.
»Oh«, sagte ich und versuchte mich zu konzentrieren. »Prima. Einfach prima. Eigentlich alles beim Alten.« Ich dachte an den Ring, der in meiner Handtasche wartete. Je schneller ich es hinter mich brachte, ihn an den Finger steckte und ihn von allen begaffen ließ, desto schneller würde ich hier rauskommen. Aber mir war klar, dass ich es ihnen nicht sagen konnte, bevor Jamie hier war.
»Bei der Arbeit alles in Ordnung?«, fragte er.
Ich lächelte liebenswürdig. »Oh, alles bestens. Läuft besser denn je.« Ich nahm einen großen Schluck Wein. »Und wie sieht es bei euch aus … bei euch beiden ?
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