Flirtverdacht Roman
drückte. »Ich überlasse dir die Ehre, Jen.«
Ich spürte die Worte in meinem Mund, aber brachte sie einfach nicht über die Lippen. Und wenn Jamie wirklich wie mein Vater war? Wenn ich nur das jüngere, neuere, heißere Modell als Ersatz für seine Exfrau war? Genau wie Simone das neue Modell meiner Mutter gewesen war. Und wenn das der Fall war, wie lange durfte ich dann in der Garage stehen, bevor auch ich ausgetauscht wurde?
Jamie lachte über mein Schweigen und tätschelte mir die Hand. »Jen ist noch immer ziemlich überwältigt von allem.«
Ich sah in das gespannte Gesicht meines Vaters und seiner dritten Frau, sammelte mich und fand schließlich die Kraft zu sagen: »Wir haben uns verlobt.«
In meinem Kopf hatte der Satz mit einem Ausrufungszeichen geendet. Doch als ich ihn laut hörte, schien am Ende nur noch ein schlichter Punkt zu stehen. Ein Ausrufungszeichen wäre mir jetzt lieber gewesen. Jemand, der damit fast jeden Satz schmückt, weil alles in seinem Leben einfach so unglaublich aufregend ist. »Hier ist die Akte, die Sie haben wollten!«, oder »Vielleicht können wir zusammen fahren!«, und natürlich »Wir haben uns verlobt!!!!«
Doch nun fiel es mir schon schwer genug, einfach nur die Worte über die Lippen zu bringen. Ausrufungszeichen herbeizuzaubern war da ein Ding der Unmöglichkeit.
Dann folgten die Schreie. Eigentlich war es nur einer. Und er kam von Simone.
Mein Vater reagierte etwas gesetzter. Und dennoch hatte ich ihn noch nie so glücklich gesehen. Er stand auf, kam um den Tisch herum auf mich zu und küsste mich auf den Scheitel. »Oh, Jenny. Ich freue mich so für dich.«
»Wo ist der Ring? Wo ist der Ring?«, fiel Simone ein.
»Oh, klar«, sagte ich noch immer etwas benommen, griff in meine Tasche und zog den Diamanten hervor.
Simone runzelte die Stirn. »Wieso war er denn in deiner Handtasche?«
Und ein vorsichtiger Blick Richtung Jamie zeigte mir, dass auch er unzufrieden aussah. Ich wollte gerade etwas zu meiner Verteidigung vorbringen, doch mein Dad kam mir zuvor. »Weil sie uns überraschen wollte«, erklärte er.
»Genau«, bestätigte ich und warf noch einen Blick hinüber zu Jamie, um festzustellen, ob der vorwurfsvolle Blick verschwunden war. Doch soweit ich sehen konnte, war er noch da. Vielleicht lag es auch an mir. Ich hatte in letzter Zeit ständig das Gefühl, dass mich jeder vorwurfsvoll ansah.
»Wenn ich ihn von Anfang an getragen hätte, hättet ihr ihn doch sofort entdeckt.« Bei diesen Worten sah ich zwar Simone an, doch sie waren direkt an Jamie gerichtet.
Ich steckte mir den Ring an den Finger und streckte die Hand aus, damit mein Dad und Simone ihn bewundern konnten. Sie ergriff meine Hand und zog mich fast über den Tisch, um ihn genauer betrachten zu können.
Mein Dad ging dann zu Jamie und breitete die Arme aus. »Herzlich willkommen in unserer Familie«, sagte er mit tiefer Mafia-Stimme.
Jamie lachte und erhob sich, um ihn zu umarmen. »Vielen Dank, Jack.«
Mein Dad klopfte ihm auf typische Männerart fest auf den Rücken. »Jetzt bist du wohl einer von uns.«
Ich stimmte höflich in das allgemeine Gelächter ein und nahm dann einen großen Schluck Wein in der Hoffnung, dass mein Dad auf keinen Fall Recht haben würde.
Nach dem Essen fuhr ich wie benebelt nach Hause.
War ich nun paranoid oder unglaublich feinfühlig? Mein Dad war ganz offensichtlich in einem bestimmten Verhaltensmuster gefangen. Seine erste Frau hatte er geheiratet, als er erst zwanzig war, und sie dann mit dreißig Jahren verlassen, um meine Mutter zu heiraten, die damals erst einundzwanzig gewesen war. Und sobald der Reiz des Neuen verflogen war, hatte er angefangen, sie mit meinem zwanzigjährigen Kindermädchen zu betrügen. Und jetzt, mit neunundfünfzig, dreieinhalb Jahre nach der endgültigen Scheidung von meiner Mom, war er mit einer Frau verheiratet, die eine Klassenkameradin von mir hätte sein können.
Es war, als litte mein Dad an einer Art Beziehungs-ADS. Es wollte ihm nicht gelingen, länger als ein paar Jahre mit derselben Frau zufrieden zu sein.
Ich dachte zurück an Bilder von meiner Mutter von damals, als sie meinen Vater geheiratet hatte. Sie war strahlend schön gewesen, und so … jung. Auch wenn meine Mutter jetzt vielleicht wie ein gebrauchter 1978er Toyota Corolla wirkte – damals war sie ein funkelnagelneues Modell gewesen.
Sie war das Abziehbild.
Und was war ich dann?
Ich drehte meine Meditations-CD lauter und versuchte, mich von den
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