Flirtverdacht Roman
vielleicht wollte ich sie einfach nicht beantworten. Das Leben war deutlich einfacher, wenn man Fragen dieser Art nicht beantwortete. Wenn man sie einfach ignorierte und so tat, als würde es sie gar nicht geben – Phantomworte, die einem im Kopf herumwirbeln und sich nur ganz zufällig zu einem kompletten Satz zusammenfügen.
Ich nahm einen Schluck Tee, schloss die Augen und versuchte, tief ein- und auszuatmen.
Schließlich schaltete ich den Fernseher ein. Ein mir unbekannter Fernsehfilm lief, und ich stellte den Ton ab.
Während ich auf die stummen Bilder starrte, die vor mir über dem Bildschirm flimmerten, wurde mein Atem allmählich ruhiger. Ich stellte die Tasse auf den Wohnzimmertisch und schloss die Augen. Meine rhythmischen Atemzüge ließen mich allmählich eindösen.
Das Nächste, was ich merkte, war, wie Jamie mich wach rüttelte.
Ich schlug die Augen auf und sah das helle, sonnendurchflutete Wohnzimmer vor mir. »Wie spät ist es?«, blinzelte ich, weil mir das Licht in die Augen schien.
»Viertel nach acht.«
Ich stemmte mich hoch und hörte, wie mein Nacken knackte. »Oh.«
Jamie musterte den Abdruck meines Körpers auf der Couch. »Was war denn los?«
Ich gähnte und streckte mich. »Ich konnte nicht schlafen, da hab ich mir einen Tee gemacht und wollte etwas fernsehen. Offenbar bin ich dann doch eingeschlafen.«
Er nickte und schien mir die ganze Geschichte abzunehmen. Ich sah wirklich keinen Sinn darin, ihm von dem Gefühl der explodierenden Brust zu erzählen. Ich war einfach nur froh, dass meine Lunge sich zumindest jetzt damit zufriedengab, einfach in meinem Brustkorb zu bleiben.
»Alles in Ordnung?«, fragte Jamie.
Ich erhob mich von der Couch und ging den Flur hinunter ins Schlafzimmer. »Ja, klar«, sagte ich in der Hoffnung, dass es überzeugend klang. »Aber ich könnte jetzt eine ausgiebige, heiße Dusche vertragen.«
»Dann verabschiede ich mich besser sofort. Wahrscheinlich bin ich schon weg, wenn du fertig bist. Ich habe gleich einen Termin mit einem Auftraggeber.«
Ich drehte mich auf den Fußballen um und kehrte ins Wohnzimmer zurück. »Okay«, sagte ich und küsste Jamie auf den Mund. »Tschüss.«
In den nächsten paar Tagen sahen wir einander nicht sehr häufig. Da ich als Trauzeugin für Sophie ständig auf Abruf bereitstehen musste, war ich fast die ganze Woche unterwegs. Und ich hätte nie gedacht, dass ich mal so froh darüber sein würde, dass sie mich so auf Trab hielt. Denn ehrlich gesagt brauchte ich etwas Abstand von Jamie und dem ganzen Chaos, das ich mir eingebrockt hatte. Nur so konnte ich den Kopf frei bekommen und wieder klare Gedanken fassen. In letzter Zeit war unser Verhältnis gelinde gesagt etwas angespannt, und in meinem Kopf wirbelten die Sichtweisen herum wie in einem Kaleidoskop, so dass ich gar nicht wusste, worauf ich mich konzentrieren sollte.
Doch Sophies letzte Anweisungen kurz vor der Hochzeit lenkten mich gehörig ab.
Zum Glück war die Schwester des Bräutigams zur Besinnung gekommen und hatte sich das Haar wieder so unauffällig braun gefärbt wie zuvor (beziehungsweise in einen Farbton, den Sophie für »ausreichend ähnlich« befand), und der Caterer war trotz aller gegenteiligen Drohungen noch immer nicht gefeuert, doch Sophie waren schon diverse andere höchst dramatische Probleme eingefallen, um die wir uns in den letzten Tagen bis Samstag kümmern mussten.
Doch am Freitagabend, als die Hochzeitsprobe vorüber war, hatte sich die Lage entspannt, und zum ersten Mal im Leben sah ich Sophie relaxen. Zoë, John und ich hatten uns in ihrer Brautsuite zu einer kleinen Pyjamaparty versammelt, mit der wir ihre letzte Nacht als Single feiern wollten.
»Sie wirkt ruhig«, so mein Urteil über meine Freundin, als säße sie nicht rechts neben mir auf dem Kingsize-Bett. Sie hatte sich mit dem Rücken an das Kopfteil gelehnt und den Kopf auf die Knie gelegt. »Zu ruhig.«
John im Sessel neben uns nickte. »Stimmt. Was hast du ihr untergejubelt? Valium? Zoloft? Und hast du noch was übrig?«
Sophie verdrehte die Augen und lachte uns aus. »Niemand hat mir irgendwas untergejubelt. Ich bin einfach entspannt.« Sie zuckte die Schultern und zog die Knie fester an die Brust. »Ich kann nämlich auch locker sein, wusstet ihr das etwa nicht?«
»Seit wann denn das?«, spottete John.
Sophie packte eins der Extrakissen auf dem Bett und warf damit nach ihm.
In diesem Augenblick stieß Zoë ein seltsames Gurgeln aus, und als ich mich zu der
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