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Flitterwochen

Flitterwochen

Titel: Flitterwochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hertz
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heilige Scheiße! Wir müssen jetzt schnellstens Gerda finden, dann können wir meiner Familie endlich die Wahrheit sagen – ihr werden sie glauben. Sonst zerren die uns noch vor den Altar!«
    »Ach, Quatsch, das können die doch gar nicht«, versuche ich ihn zu beruhigen, »Außerdem geht das nicht so schnell, auch nicht in Polen!«
    »Hast du eine Ahnung!«, stöhnt er. »Das geht hier ganz schnell, besonders, wenn man einen Priester zum Onkel hat.«
    »Echt? Oh! Na, dann … lass uns jetzt mal schnell weitersuchen!«
    »Und was erzähle ich meiner Familie, wo wir jetzt so dringend hinwollen?«
    »Mann, jetzt sei nicht so ein Weichei! Denk dir irgendwas aus. Von mir aus, dass wir einen Ehekrach haben und allein sein wollen. Das müsste deine Schwester, der alte Drachen, doch verstehen.«
     
    Was auch immer Jan seiner Familie erzählt hat, sie fragen jedenfalls nicht mehr nach, als wir uns auf den Weg machen. Wir rasen also Richtung Altenheime, parken, und ich stolpere Jan hinterher, der rauchend die Promenade entlangjagt. Jetzt hat er’s aber echt eilig. Eine Senioren-Residenz nach der anderen streichen wir von unserer Liste, und ich merke, dass Jan langsam in Panik gerät.
    »Komm, lass uns mal irgendwo einen Kaffee trinken«, sage ich beschwichtigend, »oder einen Kamillentee.« Vielleicht ist Koffein nicht gerade das, was Jan jetzt guttut.
    Wir setzen uns in einer kleinen Seitenstraße in ein Café, direkt ans große Panoramafenster, durch das wir das bunte Treiben draußen beobachten können. Nicht dass Oma Strelow just in diesem Moment hier langspaziert und wir sie verpassen!
    Jan brütet über seiner Tasse, und auch ich schweige einen Moment. Die Stille wird nur vom Ticken einer Uhr unterbrochen, irgendwo in der Ferne hört man Sirenen.
    »Das tut mir echt leid«, wage ich den Versuch eines Gesprächs. »Das mit dem Brautkleid ist blöd gelaufen. Aber mir war so kalt und …«
    »Schon gut, Tine«, seufzt Jan. »Blöd gelaufen trifft es auf den Punkt. Aber du kannst nun wirklich nichts dafür. Schon gar nicht für meine fromme Verwandtschaft.«
    »Du bist mir also nicht böse?«
    »Nee, natürlich nicht! Außerdem kann ich dir gar nicht böse sein. Wenn ich in deine blauen Augen sehe, schmelze ich doch sofort dahin …«
    Aha, Jan kann schon wieder frech grinsen. Flirtet der etwa mit mir?
    Bevor ich verlegen werden kann, schießt ein roter Nissan Micra mit quietschenden Reifen um die Ecke, genau so einer, wie ich ihn fahre. Direkt vor unserem schönen Panoramafenster macht der Wagen eine Vollbremsung, weil sich ihm von vorne zwei Polizeiautos in den Weg stellen. Von hinten kommen jetzt drei weitere Autos angerast und stellen sich auch quer. Jetzt, wo der Micra steht, kann ich sehen, dass er ein deutsches Kennzeichen hat. HH  – TS 709 . Das ist ja fast mein eigenes Autokennzeichen – nur Hamburg statt Lübeck und 709 statt 708 . Im ersten Moment dachte ich wirklich, das sei mein Auto! Ich beobachte, wie etliche schwer bewaffnete Polizeibeamte auf den Wagen zustürmen, die Türen aufreißen, zwei Männer herauszerren und zu Boden werfen. Mein Gott, wie in einem Actionfilm!
    »Duck dich«, zischt Jan, der schon unter dem Tisch kauert. Ich gehe in die Knie und krabble zu ihm. Er hat recht, wahrscheinlich fliegen uns hier gleich die Kugeln um die Ohren!
    »Bestimmt ist der Wagen gestohlen worden, oder was meinst du? Dabei lohnt sich das bei einem Micra doch eigentlich gar nicht«, stoße ich hervor. »Der ist doch gar nicht wertvoll. Aber geklaut ist geklaut. Die polnische Polizei ist ja echt auf Zack – bei Autodieben scheinen die nicht lange zu fackeln.«
    Jan schüttelt den Kopf. »Bei Autodieben würde unsere Polizei nicht so einen Aufstand machen. Mensch, Tine, die suchen uns – beziehungsweise dich und Oma Gerda!«
    »Was? Bist du sicher?« Mir wird irgendwie mulmig.
    »Klar! Das war doch dein Auto, oder?«
    Ich schüttle den Kopf. »Nee, aber fast das gleiche Kennzeichen. Vielleicht haben die Bullen das so schnell nicht registriert. Ich dachte auch erst, das sei mein Wagen.«
    Vorsichtig versuche ich, über die Tischkante zu lugen. Die beiden Kerle aus dem Nissan machen einen total verängstigten und verstörten Eindruck und werden gerade in Handschellen recht unsanft abgeführt. Tja, das hat man davon, wenn man
fast
das Auto einer international gesuchten Verbrecherin fährt! Aber wieso werde ich eigentlich schon international gesucht?
    Zwei Dumme, ein Gedanke: »Warum fahndet die polnische

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