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Flitterwochen

Flitterwochen

Titel: Flitterwochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hertz
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Polizei nach deinem Wagen?«, wundert sich Jan und zieht sich noch ein bisschen weiter unter den Tisch zurück.
    Siedend heiß durchfährt es mich. Alexander! Das Schwein! Den habe ich doch von dem Café am Dom aus angerufen. Offenbar hatte er nichts Besseres zu tun, als die Telefonnummer gleich an die Polizei weiterzugeben. Ich fass es nicht! Verräter! Kaltherziger Vollidiot! Obrigkeitshöriges Arschloch!
    Zerknirscht kläre ich Jan auf. Der schüttelt den Kopf. »Mensch, das war echt unvorsichtig von dir.« Als er sieht, dass ich mal wieder kurz vorm Heulen bin, nimmt er meine Hand. »Schon gut, ich kann dich ja verstehen. An deiner Stelle hätte ich ihn wahrscheinlich auch angerufen. Aber, wenn ich das mal so sagen darf, dein Alexander ist irgendwie ein komischer Vogel …«
    »Ja …« Komischer Vogel ist echt noch geschönt. »Da hat uns der komische Vogel wohl verpfiffen«, flüstere ich.
    »Das kann man nicht genau wissen«, flüstert Jan zurück. »Vielleicht wird einfach nur sein Telefon abgehört. Halte ich sogar für wahrscheinlicher, dass die Bullen so auf die Telefonnummer aus Polen gekommen sind.« Er drückt noch einmal meine Hand. »Ich würde ihn jetzt nicht automatisch verdächtigen. Es hilft nichts: Wenn wir zurück sind, musst du in Ruhe mit ihm reden. Das seid ihr beiden euch schuldig. Schließlich seid ihr verlobt und wollt den Rest eures Lebens miteinander verbringen.«
    Ich nicke und stoße mir dabei den Kopf an der Tischplatte. Aua! Ziemlich unbequem hier unten. Das scheint sich auch der Kellner zu denken, der in diesem Moment vorsichtig auf die Platte klopft und sich höflich und in gebrochenem Deutsch erkundigt, ob alles zu unserer Zufriedenheit sei. Wir bedanken uns artig, gucken, ob die Luft wieder rein ist, und zahlen.
    Es wird allerhöchste Zeit, dass wir Gerda aufspüren! Schließlich sind wir jetzt auch in Kolberg nicht mehr sicher. Drei Adressen haben wir noch auf unserer Liste. Und ich mag gar nicht daran denken, was wir tun sollen, wenn Oma Strelow auch dort nicht zu finden ist …
     
    Sollte ich einmal alt (wahrscheinlich) und reich (nicht ganz so wahrscheinlich) werden, dann könnte ich mir ein Domizil wie dieses als Ruhesitz durchaus vorstellen: eine vornehme, schneeweiße Patriziervilla mit Giebeln und Türmchen, eigentlich fast schon ein Schloss. Wir öffnen das schmiedeeiserne Tor und gehen durch einen sehr gepflegten Garten, der eher ein Park ist – mit einem Rasen, der durchaus die Bezeichnung englisch verdient.
    Und mitten auf diesem Rasen sitzt in einem bequemen Liegestuhl, kuschelig in eine flauschige Decke gemummelt, Oma Strelow und döst in der Nachmittagssonne.
    »Gerda!«, quietscht Jan und sprintet über das Grün. Gerda schreckt aus ihrem Nickerchen hoch und schaut sich verdattert um. Dann erkennt sie uns – und freut sich.
    »Ach, wie nett! Schön, dass ihr mich mal besuchen kommt.«
    Besuchen? Die hat sie echt nicht mehr alle. Aber das wissen wir ja nun langsam.
    Schnurstracks marschiere ich auf sie zu und will sie gerade sehr resolut aus ihrem Stuhl hieven, da ertönt hinter uns ein unglaubliches Gekeife. Wir fahren herum und sehen eine sehr strenge Dame mittleren Alters in einem sehr strengen schwarzen Kostüm auf uns zulaufen. Sie baut sich entrüstet vor uns auf und stellt uns auf Polnisch zur Rede. Jan versucht sie zu beschwichtigen, was ihm allerdings nicht gelingt: Die Dame wird immer lauter.
    »Lassen Sie nur, Fräulein Agnieszka«, mischt sich jetzt Oma ein. »Ich kenne die beiden. Das sind Verwandte von mir. Die wollen mich nur besuchen.«
    »Hmm.« Das Fräulein Agnieszka scheint nicht überzeugt.
    »Wirklich!«, bekräftigt Oma und wendet sich an uns. »Kommt, ich zeig euch mal mein Zimmer. Ich habe es so schön getroffen. Das ist das Paradies auf Erden hier!«
    Sie führt uns ins Haus, das auch innen einen gediegenen Charme versprüht. Ein älterer Herr mit einem Rollator kommt uns entgegengeschoben. Als er Oma sieht, macht er einen tiefen Diener und kräht: »Verehrteste!«
    Oma kichert und flüstert uns zu: »Das ist Hubert aus München. Ein richtiger Charmeur!« Dann öffnet sie eine Tür und strahlt. »Mein eigenes Reich!«
    Das Zimmer ist wirklich groß, der Boden ist mit Parkett in Fischgrätmuster ausgelegt, die Wände sind in einem warmen Gelb gestrichen, und vor den riesigen Fenstern bauschen sich zarte, helle Vorhänge. Antike, auf Hochglanz polierte Möbel runden den luxuriösen Eindruck ab.
    »Nehmt doch Platz!« Oma Gerda deutet

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