Flitterwochen
wir nun einen so tollen Ort für unsere Hochzeitsfeier haben. Das
Domek Kata
ist wirklich das schönste Restaurant, das Kolberg zu bieten hat.«
Das wiederum glaube ich sofort. Schon von außen sieht das
Domek Kata
sehr hübsch aus: ein weißes Haus mit roten Sprossenfenstern und einem spitzen Giebel. Kaum zu glauben, dass hier einst der Henker von Kolberg seinen Dienstsitz hatte. Im Übrigen liegt es nur einen Steinwurf vom Rathaus entfernt – und damit äußerst günstig für unsere gesamte Hochzeitsgesellschaft, denn auch Tante Małgorzatas Platte liegt fußläufig zum Rathaus. Bei der zu erwartenden Alkohollastigkeit der Veranstaltung ist das ein nicht zu verachtender Standortvorteil. Die Strecke dürfte ich selbst auf allen vieren schaffen. Gut, vielleicht nicht auf allen vieren im Brautkleid, aber ich könnte ja wenigstens dieses eine Mal versuchen, den Wodka heimlich durch Wasser zu ersetzen. Ein guter Vorsatz – ich nehme mir fest vor, ihn umzusetzen.
»Proponuję byśmy tu na dole wznieśli toast i wypili lampkę szampana. Tu mamy też dobre miejsce dla orkiestry i na tańce. U góry zaś będziemy później jeść, tam są też jeszcze dwa piętra.«
Mateusz schaut mich erwartungsvoll an.
»Er meint, er würde den Sektempfang hier unten machen. Hier sei auch ein guter Platz für Band und Tanzfläche. Essen können wir oben, da sind ja noch zwei Stockwerke. Und die sehen auch ganz toll aus – und ein bisschen gruselig: Da hängen die Gemälde der Kolberger Scharfrichter an den Wänden.«
Ich mache große Augen. Tatsächlich ist das Erdgeschoss wunderschön – weiß getäfelt, mit Wandmalereien und barock anmutendem Mobiliar. Aber von welcher Band redet Jan? Und wie viele Gäste erwarten wir eigentlich? Ich dachte, wir reservieren hier einen großen Tisch und gut ist. Okay, vielleicht auch einen
sehr
großen Tisch, wenn ich so an Jans gesammelte Verwandtschaft denke – aber gleich das gesamte Haus?
»Sag mal, Jan – willst du etwa das ganze Haus mieten? Und eine Band auch noch? Das ist doch irre teuer, wer soll das denn bezahlen? Ich habe noch genau sechsunddreißig Euro in meinem Portmonnaie, und wenn ich versuche, hier mit meiner EC -Karte zu bezahlen, stehen garantiert gleich die Bullen auf der Matte und bringen uns ein kleines Hochzeitsständchen.«
Jan schaut mich an, als hätte ich vorgeschlagen, unsere Feier lieber in Erikas Bratwursteck zu verlegen. »Aber es ist doch unsere Hochzeit.«
Ist es denn zu fassen? Ich hoffe, Mateusz spricht wirklich kein Deutsch, denn hier muss ich mal entschieden gegenhalten. »Nein, Jan. Es ist eben nicht unsere Hochzeit. Wir tun lediglich so. In Wirklichkeit ist das hier eine gigantische Verlade, damit du keinen Ärger mit deiner Mutter kriegst.«
Jan rollt mit den Augen. »Wenn du nicht mit Oma eine Bank überfallen hättest, dann müssten wir hier auch keine Show abziehen.«
»Ich habe keine Bank überfallen! Du hättest einfach dabei bleiben sollen, dass wir standesamtlich geheiratet haben und uns das völlig reicht. Aber nein, weil Mami sonst um dein Seelenheil fürchtet, wird es jetzt ganz katholisch.«
»Wie redest du denn über meine Mutter und ihren Glauben? Du hast doch keine Ahnung!« Jan wird laut.
Ich werde lauter. »Das wäre ja schön, wenn ich keine Ahnung hätte – leider musste ich wegen dir gefühlte fünftausend Stunden Brautunterricht bei Onkelchen Bogumił über mich ergehen lassen und bin jetzt so fit in polnischem Katholizismus, dass mich Papst Wojtyła wahrscheinlich sofort zum Priester geweiht hätte.«
»Lass Wojtyła da raus, der kann nichts dafür, und außerdem hieß der als Papst Johannes Paul«, schreit Jan mich an.
Mateusz schaut sehr verwundert von einem zum anderen, murmelt etwas und versucht, sich unauffällig davonzuschleichen. Ich kann es ihm nicht verdenken. Streitende Paare finde ich auch ganz furchtbar, selbst wenn sie wie in unserem Fall in Wirklichkeit gar kein Paar sind.
»Jetzt beruhige dich mal«, lenke ich ein. »Ich wollte dich nicht kränken. Ich wollte lediglich darauf hinweisen, dass die ganze Sause hier etwas den Rahmen sprengen wird und ich für meinen Teil gerade etwas blank bin. Lass uns doch einfach einen großen Tisch reservieren und die Familie nach der Trauung zu einer kleinen, intimen Feier einladen. Dann sind wir katholisch getraut, deine Mutter ist glücklich, und wir können endlich nach Lübeck fahren.«
Jan schüttelt den Kopf. »Nein, das geht nicht. Ich bin der einzige Sohn
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