Flitterwochen zu dritt
Ihr Baby sehen könnte, dann gehe ich wieder.”
“Michael schläft, aber er müsste bald aufwachen. Das gibt mir ein wenig Zeit, Ihnen etwas zu trinken zu machen. Sie sehen so aus, als könnten Sie eine kleine Stärkung gebrauchen.”
In Wirklichkeit brauchte sie, Julia, eher selbst etwas! Sie fühlte sich elend. Und wenn sie ganz ehrlich war, dann hatte sie auch ein wenig Angst. Dass die Frau verwirrt war, war offensichtlich, aber das erklärte nicht, warum sie Michael unbedingt sehen wollte. Wollte sie sich in letzter Minute anders entscheiden und ihn nicht mehr abgeben?
“Sie wissen sicher, dass am Montag die Anhörung wegen des Sorgerechts stattfindet?” fragte Julia und gab Eiswürfel in ein sauberes Tuch.
“Ja.” Unsicher stand Marian mitten in der Küche. “Deswegen bin ich hier. Ich wollte das Baby ein letztes Mal sehen, und ich war mir nicht sicher, ob Sie ihn mit zum Gericht bringen würden.”
Etwas beruhigt, sagte Julia: “Setzen Sie sich, Marian, und halten Sie dies an Ihre Wange. Ich mache Ihnen eine Tasse Tee.”
“Ich möchte Ihnen wirklich keine Umstände machen, Mrs.
Carreras.”
“Sie machen mir keine Umstände. Und bitte, Marian, sagen Sie doch Julia zu mir.”
“Ich habe kein Recht dazu.” Die großen blauen Augen füllten sich mit Tränen. “Ich habe Ihnen den Hochzeitstag vermasselt.
Aber ich wusste nicht, was ich sonst hätte tun sollen. Ben …”
Marian machte eine hilflose Geste. “Es war zwischen uns schon seit Monaten aus, aber er ist der einzige Mensch, an den ich mich wenden konnte.”
Julia empfand Mitleid für sie. “Wie nehmen Sie Ihren Tee, Marian? Ich trinke ihn mit Zitrone.”
“Ich auch.” Marian sah die feine Teetasse, die Julia ihr gab, fast ehrfürchtig an. “Was für ein schönes Porzellan. Ich kann so etwas nie kaufen, es geht immer kaputt.”
Julia wurde wieder wütend. “Hat Wayne Ihnen das angetan?”
fragte sie und zeigte auf den Bluterguss.
Marian ließ vor Schreck beinah die Teetasse fallen. “Warum denken Sie das? Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich in meine Autotür gelaufen bin.”
“Eine Frau, die versehentlich in ihre Autotür läuft, zuckt nicht bei jedem kleinen Geräusch verängstigt zusammen.” Julia wartete darauf, dass Marian es erneut bestritt. Als nichts kam, sagte sie sanft: “Schlägt er Sie oft, Marian?”
“Nein, nicht oft.” Marian begann zu weinen. “Und wenn er es tut, ist es meist meine Schuld, ich provoziere ihn.”
“Und hat Michael ihn auch provoziert? Hatte er daher den Bluterguss am Arm, als Sie ihn uns brachten?”
“Wayne hat das Baby nie geschlagen!” beteuerte Marian.
“Junior hat allerdings viel geweint. Es ist Wayne auf die Nerven gegangen, und manchmal ist Wayne ein wenig grob geworden, wenn er versucht hat, ihn zur Ruhe zu bringen.”
Julia presste eine Hand vor den Mund und stand auf. “Ich glaube, ich höre das Baby. Nehmen Sie sich ruhig noch Tee, wenn Sie mögen, ich gehe Michael holen.”
Marian saß an der Gartentür und streichelte Clifford, aber als sie Julia mit Michael in die Küche zurückkommen hörte, sprang sie auf.
“Hier ist er”, sagte Julia. Sie versuchte verzweifelt, nicht zu zeigen, wie sehr Marians gieriger Blick sie ängstigte.
“O Mrs. Carreras, er ist so schön!”
“Danke schön. Das finden wir auch.”
“Er hat die blauen Augen seines Vaters und dunkle Haare, wie Siebeide.”
“Ja.”
Ein merkwürdiges Gespräch. Sie benahmen sich beide, als wäre sie, Julia, und nicht Marian die wirkliche Mutter.
“Darf ich … Würden Sie erlauben, dass ich ihn halte? Nur eine Minute? Bitte.” Marian streckte bittend die Arme aus. “Ich lasse ihn nicht fallen, und ich tue ihm auch nichts.”
Was hätte Ben getan, wenn er da gewesen wäre? Marian ist im Grunde genommen anständig… Sie versucht, ihre Fehler wieder gutzumachen, hatte er einmal gesagt. Sie ist nicht verdorben … Sie wird immer Michaels Mutter bleiben, aber sie hat ihn uns gegeben, weil sie das Beste für ihn wollte.
Die Antwort war klar. Wenn Marian so selbstlos sein konnte, dann konnte sie, Julia, ihr auch entgegenkommen. “Hier”, sagte sie und legte ihr das Baby in den Arm. “Warum setzen Sie sich nicht nach draußen und geben ihm die Flasche?”
“Würden Sie mich das wirklich tun lassen?” Ihre Stimme war leise, Marian sah sie ehrfürchtig an, als wäre Freundlichkeit wirklich das Letzte, was sie erwartet hatte.
Sollte sie es zulassen? War sie einfach nur großzügig, oder
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