Flitterwochen
Moment ihren dunklen Kopf mit einem Aschenbecher verwechselt hatte: »Oh, entschuldigen Sie sich nicht. Es ist ja nur Asche. Kann man nichts machen.«
Sie schüttelte die Asche von ihrem Haar, und einen Augenblick lang sah Andrew verärgert aus. Dann lachte er: »Asche in Ihrem Haar. Ein Fuß gequetscht. Stundenlanges Stehen. Einer schubst den anderen herum. Man schreit Leuten, die man noch nie zuvor gesehen hat und nie wieder zu sehen hofft, verrückte Bemerkungen zu. Und dabei gibt es die ganze Zeit Pferde und Hügel und...«
Er wurde von einer sehr dünnen schwarzäugigen Frau unterbrochen, die ihr hageres Gesicht dem seinen entgegenstreckte und unglaublicherweise fragte: »Wann haben Sie Geburtstag?«
Andrew sah überrascht aus, aber er antwortete nachsichtig: »Am 31. Juli. Warum?«
Sie verzog triumphierend das Gesicht. »Leo. Ich wußte es. Ich fühlte, daß Sie ein Leo sind. Großartig. Die Welt steht Ihnen offen.«
Er sah etwas verstört aus und stammelte: »Wie bitte?«, aber sie war verschwunden, und Lee lachte laut auf. »Sie ist nicht verrückt. Sie ist von den Sternen besessen. Das ist alles. Wissen Sie — sie liest Ihr Schicksal in den Sternen, je nach dem Planeten, unter dem Sie geboren wurden. Leo ist ein ungeheures Kompliment.«
»Wirklich? Sie hat mich erschreckt. Diese großen Augen nur ungefähr drei Zentimeter von meiner Nase entfernt. Kommen Sie, wir stellen uns in diese Ecke. Da ist etwas weniger los. Mein Gott — « denn in diesem Augenblick kam ein melancholischer junger Mann auf sie zu und sagte feierlich und sehr traurig: »Eigenartig. Irgend etwas ist mit mir los. Immer wenn ich auf eine Party gehe, läuft alles schief. Peng. Einfach so. Irgendwas stimmt nicht mit mir. So etwas wie ein Fluch.«
Der Ausdruck seiner Augen war tragisch, und er sah aus, als wollte er im nächsten Augenblick in Tränen ausbrechen. Er blickte Lee sehnsüchtig ins Gesicht, fand es jedoch offensichtlich enttäuschend, denn er schüttelte verzweifelt den Kopf und ließ sich weitertreiben.
Lees und Andrews Blicke trafen sich, und beide lachten. »Kennen Sie ihn?« fragte Andrew.
»Natürlich nicht. Habe keine Ahnung.«
»Armer Kerl. Morgen früh wird er noch trauriger sein. Aber sehen Sie, was ich meine. Mit niemandem kann man hier vernünftig reden und . . .«
»Danke. Nett gesagt.« Ihre Augen blitzten herausfordernd.
»Wenn Sie mich meinen Satz vielleicht beenden ließen«, fuhr er fort und versperrte gleichzeitig einem rundgesichtigen Jungen, der einen unsteten Kurs auf Lee steuerte, den Weg. »Verflucht. Er hat seine Zigarette in mein Glas fallen lassen. Gut, daß diese Vase hier steht.«
Er schüttete sein Getränk schnell hinein und fuhr fort: »Ich wollte nur sagen, wenn Sie jemanden treffen, mit dem Sie reden möchten, ist es das einzig Wahre...«
Lee mußte sich weiter fragen, was das einzig Wahre sein mochte, denn in diesem Augenblick kämpfte sich Sally erneut zu ihnen durch und stürzte sich auf ihren Vetter.
»Warum versteckst du dich in dieser Ecke? Wir sind auf einer Party. Du kannst Dich nicht einfach zurückziehen. Du mußt dich unter die anderen mischen, dich nicht nur mit Lee verschwören. Kommt mal beide mit. Lee, sieh dir mal den großen Mann mit der Hornbrille an. Ich bin sicher, daß er dir gefallen wird...«
Drei Tage später sah sie Andrew wieder. Und zwar bei einer ganz unerwarteten Gelegenheit, bei einer Lesung von Warten auf Godot. Er saß neben Sally, die alles, was mit Schauspiel zu tun hatte, einfach anbetete, und sein Gesichtsausdruck war leicht verwirrt und sehr geduldig. Seine Miene leuchtete auf, als er sie erblickte, und später gelang es ihnen, mit einem kleinen diskreten Trick beiderseits, zusammenzufinden. Als dann die Zuhörer aus der Halle strömten, brachte er es geschickt fertig, sie von der übrigen Gesellschaft zu lösen.
»Puh! Das war genug Bildung für einen Abend. Sally ist versessen auf Theaterstücke.«
»Sie ist eine erstklassige Schauspielerin.«
»Mag sein, aber sagen Sie mir doch, warum hält man Ausspucken für intellektuell?«
Sie lachte und sagte: »Vielleicht erzählen Sie mir lieber, welchen großen Gedanken Sie mir neulich abends darlegen wollten, als Sally dazwischenplatzte.«
»Einen sehr guten — nämlich, daß wir diese verflixte Party hätten verlassen sollen, um uns woanders vernünftig zu unterhalten. Sally hat alles verdorben, weil sie mich dieser dummen Frau vorstellte, die in die Sterne vernarrt ist. Sie erzählte den
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