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Flöte und Schwert

Flöte und Schwert

Titel: Flöte und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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Verlangen nach Schlaf für ein oder zwei Stunden und zwang sich, seine Möglichkeiten durchzudenken.
    Schließlich hatte er eine Idee.
    Er ließ sich von Amre aus den Werkstätten ein Bambusstück besorgen und schnitzte daraus eine Flöte. Nach Stunden mühevoller Arbeit – die Küchenmesser eigneten sich nicht zum Schnitzen, und der Bambus war trocken und hart – hatte er ein brauchbares Instrument geschaffen. Kein Meisterstück wie jenes, das er in Al Tufails Gemach bekommen hatte, doch Omar hatte seine Zuhörer schon mit schlechteren Flöten verzaubert. Am Abend des nächsten Tages suchte er sich einen Platz auf der anderen Seite des Hofes, in der Nähe der Soldatenunterkünfte, und begann zu spielen. Es dauerte keine zehn Takte, bis Bahir auf die Musik aufmerksam wurde. Wie von unsichtbaren Kräften gelenkt, schlurfte der Krieger über den Hof und ließ sich vor Omar nieder. Omar legte all sein Können in sein Spiel, beschwor Nächte voller Liebe und Schmerz herauf, ließ die Flöte von Heldentaten, gebrochenen Schwüren und wehmütigen Abschieden singen. Bahir wiegte sich mit geschlossenen Augen zum Rhythmus der Musik. Als Omar nach drei Liedern aufhörte, bildeten sich Furchen auf der Stirn des Hünen, und seine Pranke schloss sich um Omars Arm. „Weiterrr", knurrte er.
    „Ich kann nicht“, sagte Omar, „ich muss zurück zur Küche. Dein Bruder wird wütend, wenn ich so lange fort bleibe.“ Trotz des Schmerzes, den der Griff ihm bereitete, sprach er ruhig und wählte seine Worte mit Bedacht. Er wusste, wenn er Bahirs Zorn auf sich zog, konnte es leicht geschehen, dass er mit gebrochenem Schädel endete.
    Bahirs Gesicht verfinsterte sich weiter. „Rrragheb Schwein.“
    Omar setzte eine betrübte Miene auf. „Leider muss ich ihm gehorchen.“ Dann lächelte er unvermittelt, als sei ihm ein Einfall gekommen. „Aber ich weiß, was wir tun werden! Morgen Abend spiele ich wieder für dich.“
    Der Krieger starrte Omar an, während er über den Vorschlag nachdachte. Schließlich brummte er: „Morrrgen.“
    Tags darauf wurde Omar schon von Bahir erwartet. Kaum hatte er die ersten Töne angestimmt, war der Krieger schon in der Musik versunken. Omar spielte zwei Stunden, und wie am Abend zuvor durfte er erst gehen, nachdem er versprochen hatte, am nächsten Tag wieder zu spielen. Zwei Wochen lang wiederholten sich diese Zusammenkünfte. Omar spielte jedes Lied, das er jemals gelernt hatte: Volksweisen, Beduinenlieder, Hymnen, sogar Kinderlieder. Eines Abends blies er eine einfache Melodie, die ihm während der Küchenarbeit eingefallen war. „Dieses Lied habe ich für dich geschrieben“, sagte er später zu Bahir. „Es handelt von einem tapferen und gerechten Mann, der Jahr für Jahr von seinem grausamen Bruder gequält wird. Es kommt zum Kampf der beiden Brüder, und der Gerechte erschlägt den Grausamen.“ Bahir schwieg lange. Seine Kiefer mahlten. Schließlich verzog sich sein vernarbtes Gesicht zu einem Grinsen. „Lied gutt!“, sagte er und schlug Omar so fest auf die Schulter, dass dieser vor Schmerz keuchte. „Lied gutt!“
    Kurz darauf war Omar wieder in der Schlafzelle. Auf der Pritsche lag Amre und kaute auf einem Kanten Brot herum. Zwischen zwei Bissen fragte der Ägypter: „Warum spielst du für diesen Ochsen? Was erhoffst du dir davon?“
    „Gedulde dich“, antwortete Omar. Er holte die Flöte hervor und betrachtete sie gedankenverloren. Dann zerbrach er sie.
    Am nächsten Abend ging er nicht zur Soldatenunterkunft. Bei Einbruch der Dunkelheit kam Bahir zum Küchengebäude. Sein Gesicht war gerötet, auf seiner Stirn glitzerte der Schweiß. „Warten viel“, knurrte er. „Du spielen. Jetzt!“
    Omar senkte den Blick und tat, als kehre er die Treppe. „Ich darf nicht“, murmelte er. „Dein Bruder hat es verboten.“
    Bahir packte ihn an den Schultern, und Omar ließ den Besen fallen. Das Gesicht des Kriegers war weniger als eine Handbreit von seinem entfernt. Eine sichelförmige Narbe auf der breiten Stirn leuchtete rot. „Spielen jetzt!“
    Omar spürte die Speicheltröpfchen auf seinen Wangen. Die Furcht ließ seinen Mund trocken werden. „Es geht nicht. Sieh her, was dein Bruder getan hat.“ Wie Schraubzwingen drückten die Pranken seine Schultern zusammen. Mühsam gelang es ihm, die Überreste der Flöte aus seiner Hosentasche zu holen. Bahir starrte auf die Bambusstücke in Omars Hand. Ein Speichelfaden hing aus seinem Mund.
    „Dein Bruder hat sie zerbrochen“, sagte

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