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Florentinerpakt

Florentinerpakt

Titel: Florentinerpakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner Verlag
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ungewöhnlich, aber vernünftig war, und ergab sich seinem Schicksal. Irgendwie
wirkte er plötzlich entspannt, ja, er lachte sogar. »Sagen Sie bloß, dass Sie
als Mary Poppins unterwegs waren?«
    »Falls nicht, ist die Geschichte gut erfunden«, antwortete
Palinski und musste ebenfalls lachen.

     
    *

     
    Hans Garber ging es inzwischen schrecklich. Die
eigenartig euphorische Stimmung, die ihn unmittelbar nach der Mitteilung von
Doris’ Tod wie in Watte gepackt und gegen Schmerz unempfindlich gemacht hatte,
war verflogen. Stattdessen fühlte er im Kopf eine komplette Leere, im Körper
wie auch in seiner Seele konkurrierten dagegen die offen liegenden Nervenenden
darin, ihm unentwegt Qualen zu bereiten. Zusammengerollt wie ein Fötus, lag er
im Bett und wimmerte unentwegt vor sich hin. Er sah Doris vor sich, jung, schön
und liebevoll. Das war die Frau, die er vor 21 Jahren kennen- und lieben
gelernt und ein Jahr später geheiratet hatte. Und nicht die schrecklich
herrsch- und rachsüchtige Person, die es ihm nie hatte verzeihen können, dass
sie ihr gemeinsames Kind verloren hatte, während er mit Kunden einen Abschluss
begossen hatte. Da hatte es ihm überhaupt nichts genützt, dass er in Wien und
Doris zur selben Zeit gut 1.000 Kilometer entfernt in Bremen gewesen war. Er
hätte spüren müssen, dass sie ihn brauchte, hatte ihr gebetsmühlenartig immer
wieder vorgebrachter Vorwurf gelautet. Aber er wäre eben ein hoffnungsloser
Fall, rettungslos unsensibel.
    Wahrscheinlich hatte sie es ihm auch als Schwäche
angerechnet, dass er auf Drängen ihres Vaters quasi seine Identität aufgegeben und
sich von ihrer Familie hatte aufsaugen lassen.
    Er versuchte sich vorzustellen, wie es hätte sein können,
wenn und falls alles anders gelaufen wäre. Und die dabei vor seinen geistigen
Augen ablaufenden Bilder brachten ihn zum Weinen.
    Eine Schwester war an sein Bett getreten und fuhr ihm
beruhigend über die Stirne. »Das ist der Schock«, versuchte sie ihm zu
erklären, »Sie sollten versuchen zu schlafen. Ich werde Ihnen etwas geben, das
Ihnen beim Einschlafen helfen wird.«
    »Danke, Schwester, das ist lieb«, Garber blickte auf und dem
pflegenden Engel ins Gesicht. »Sie waren aber heute noch nicht bei mir, so ein
hübsches Gesicht hätte ich mir gemerkt«, schäkerte er zu seinem größten
Erstaunen los.
    »Ach, Sie Charmeur«, meinte die Schwester routiniert. »Sie
haben mich noch nicht sehen können, denn ich habe eben erst meinen Dienst
angetreten. So«, sie holte ein kleines Flascherl aus der Tasche ihres
Arbeitsmantels, schraubte den Verschluss ab und zählte 15 Tropfen in das Glas
Wasser, das auf dem Nachttisch neben Garbers Bett stand. Dann schüttelte sie
das Glas ein wenig und hielt es dem Patienten hin. »So, seien Sie ein braver
Bub und trinken das aus. Dann wird es Ihnen rasch wieder besser gehen.«
    Trotz ihrer schönen Augen irritierte Garber etwas an dem
dienstbaren Geist. Waren es die Winterstiefel, die sie trug, statt wie ihre
Kolleginnen mit Gesundheitsschlapfen durch die Gegend zu schlurfen? Oder ihr
Schmuck, eine recht teuer aussehende Halskette und zwei etwas protzig wirkende
Ringe. Wie auch, er zögerte, den für ihn bestimmten Becher zu leeren.
    »Was ist los?«, wollte der Engel in Weiß ungeduldig wissen.
»Sie müssen das jetzt endlich trinken, damit es Ihnen besser geht.« Sie
versuchte, ihm das Glas an die Lippen zu führen, aber Garber drehte sein
Gesicht zur Seite.
    »Ich weiß nicht, Schwester« meinte er, »ich fühle mich schon
wieder besser. Ich bin froh, dass ich endlich wieder einigermaßen klar bin.«
    Jetzt wurde die Frau langsam sauer. Mit der linken Hand
krallte sie sich in seinen Haaren fest und zwang ihn, sie anzusehen. Die andere
Hand führte das Glas an seine inzwischen fest zusammengepressten Lippen.
    »Da, trinken Sie das«, forderte sie ihn jetzt energisch auf
und erzeugte Druck auf seine Lippen. »Los«, schrie sie, »schluck das jetzt
endlich, du Arschloch!«
    Garber brachte das einmalige, fast unmöglich anmutende
Kunststück zustande, trotz fest verschlossener Lippen ein Geräusch zu
produzieren, das irgendwie nach ›Hilfe, Hilfe‹ klang. Plötzlich öffnete sich
auch die Türe und der davor Wache schiebende Polizist wollte wissen, was denn
da los wäre.
    »Kein Grund zur Aufregung«, schrie die ›Schwester‹, wollte
sich noch rasch das auf dem Nachttisch abgestellte Medikamentenfläschchen
schnappen und dann

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