Florentinerpakt
nutzen, aber so, wie
sie es wollte, und nicht mit diesem Bastard.
Wild entschlossen, Tatsachen zu schaffen, holte sie ein Blatt
Papier heraus und schrieb sich ihren Frust vom Leib. Nachdem sie den Brief
durchgelesen hatte, zerknüllte sie das Blatt aber wieder. Für ihren Geschmack
kam ihr Schmerz über das heute Geschehene in diesen Zeilen zu sehr durch.
Diesen Triumph wollte sie Mario nicht gönnen. Also nahm sie ein weiteres Blatt
und teilte ihm darauf kurz und bündig mit, was er sie in Zukunft konnte. Nur
das und nichts anderes mehr.
Dann packte sie einige Sachen in eine Reisetasche und verließ
kurz nach 20 Uhr die Wohnung.
*
›Fink‹ Brandtner hatte die Nachricht von Garber
erst am späteren Nachmittag erhalten und es nicht geschafft, früher als
18.40 Uhr ins Spital zu kommen. Nachdem er über die Vorkommnisse mit der
falschen Krankenschwester informiert worden war und das Fläschchen an sich
genommen hatte, machte er Garber ein sowohl für einen Polizisten als auch für
einen Verdächtigen eher ungewöhnliches Angebot.
»Ich persönlich glaube nicht, dass Sie mit der Explosion
etwas zu tun haben«, räumte er ein. »Aber das müssen wir noch genau
untersuchen. Ich fürchte nur, hier sind Sie nicht sicher und«, er senkte die
Stimme etwas, »mein Wiener Kollege ist auch eher eine Gefahr für Sie und die
Wahrheitsfindung als das Gegenteil. Dem geht es bloß darum, Ihnen so rasch wie
möglich die Vergewaltigung anzuhängen.« Er blickte Garber ernst an. »Nicht,
dass Sie glauben, ich hätte Sympathien für Vergewaltiger, ganz und gar nicht.
Aber aus meiner Sicht spricht erheblich mehr für Ihre Unschuld als für Ihre
Schuld.«
»Danke«, meinte Garber ganz ruhig. »Es tut gut, wenn jemand
an einen glaubt.«
»Nun übertreiben Sie’s nicht«, Brandtner schmunzelte. »Noch
stehen Sie unter Verdacht. Aber ich will den Dingen auf den Grund gehen. Und
das wird schwierig, sobald Musch Sie offiziell verhaftet haben wird. Ich möchte
Ihnen daher einen Vorschlag machen.«
Und er erklärte dem erstaunten Banker, wie er sich die
nächsten Tage für Garber vorstellte. Vorausgesetzt, der versicherte ihm
ehrenwörtlich, mit ihm ohne Vorbehalte zu kooperieren und sich nicht
abzusetzen. Klar, dass sich Garber gerne und ohne lange nachzudenken auf diese
Option einließ. Die Alternative dazu war ja wirklich nicht erfreulich. Und vor
allem, er vertraute diesem Major aus Niederösterreich eigenartigerweise.
Gleich darauf nahm Brandtner den Bankdirektor in Schutzhaft
und brachte ihn als unverzichtbaren, akut gefährdeten Zeugen eines
Kapitalverbrechens an einen sicheren Ort.
Nachdem er einen wütenden Inspektor Musch von der
Sicherheitsverwahrung des Zeugen Garber informiert und sich standhaft geweigert
hatte, den Aufenthaltsort zu nennen, fuhr der Major zum Sonnbergplatz, um sich
einen Weihnachtspunsch zu genehmigen. Und zwar an derselben Hütte, an der Hans
Garbers Odyssee ihren Ausgang genommen hatte.
Mann, war der Giftzwerg von der Hohen Warte sauer gewesen,
hatte ihm sogar eine saftige Dienstbeschwerde versprochen, dachte er, während
er das heiße, würzig duftende Gebräu genoss. Dabei war dem Major natürlich
klar, dass er Garber sofort nach Vorliegen eines Haftbefehls würde übergeben
müssen. Erfahrungsgemäß würde das bei der derzeitigen Beweislage aber noch
einige Zeit dauern.
Nachdem er sich einen zweiten Punsch bestellt hatte, ließ er
sich von den Damen Kiesler und Gutruhn sowie von der etwas später erschienenen
Frau Bachler berichten, wie denn das mit Herrn Garber und Frau Mattig gestern
eigentlich begonnen hatte.
Als er nach einem zweiten Punsch und knapp eine Stunde später
gehen wollte, schnappte er zufällig den Namen Palinski auf, der in dem vor
allem von Frau Bachler recht emotional geführten Gespräch einige Male gefallen
war.
»Entschuldigen Sie, ich habe Ihr Gespräch nicht belauscht«,
baute er vor. »Aber der Name Palinski ist zweimal so laut gefallen, dass ich
ihn beim besten Willen nicht überhören konnte. Handelt es sich dabei um d e n Mario Palinski, der das bekannte ›Institut
für Krimiliteranalogie‹ leitet? Ich habe im Jänner einen Vortrag von ihm
gehört. Bei einem Kongress im Austria Center * .
Hochinteressant.«
So sauer Wilma auch auf Mario war, sie konnte nicht ganz
verhindern, dass sie die Aussage des Kriminalkommissars mit einem gewissen
Stolz erfüllte.
»Ja, das ist …, war
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