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Florian auf Geisterreise

Florian auf Geisterreise

Titel: Florian auf Geisterreise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: oliver Hassencamp
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Oskar auf deine Schultern umgreifen, bis du mit den Oberarmen durch bist. Wir brauchen ihn als Halteklammer — das erleichtert die Angleichung. Es tut dann nicht so weh.
    Kann ich sonst noch was tun? sendet Florian.
    Bleib ruhig. Ganz ruhig! funkt sie zurück.
    Roboterhaft nimmt der Kommissar die Hände von seinen Oberarmen und hält ihn an den Schultern fest. Florian bildet die Stellen nach, er modelliert sich gewissermaßen selbst. Abermals greifen die Roboterhände um. Bis hinauf zum letzten Haar vollendet Florians Bewußtsein das unsichtbare Ebenbild.
    Sehr gut! lobt die Hellseherin. Jetzt tut es weh und dauert scheinbar eine Ewigkeit. Heize die Stellen auf, wo dein Astralkörper deinen physischen Körper berührt. Rücken, Arme, Schenkel. Wenn sie glühen — das mußt du aushalten — , tauche in dich zurück, laß dich einfach fallen. Mach’s gut! Bis gleich.
    Florian konzentriert sich. Ein Glück, daß er das Herz nicht dabei hat. Es würde angesichts des Bevorstehenden wie wild schlagen. Wärme erfüllt ihn — astral oder physisch — das kann er nicht unterscheiden. Heiß wird er, glüht, brennt unter Druck, als fließe Lava über ihn hinweg. Es ist ein Wahnsinnsschmerz, der ihn bewußtlos machen müßte, den er aber erlebt — oder er stirbt, eine Ewigkeit lang. Als lodernde Fackel fällt er in unendliche Tiefen. Es wird schwarz; kein Laut, kein Licht, kein Geruch sind mehr wahrnehmbar, nur noch Taumel, rasender Fall, bis er aufschlägt und zerbirst.
    Der Schmerz hat aufgehört. Das ist das Ende. Nichts mehr. Nur noch nichts.
    Das war das Ende! kombiniert ein träges Bewußtsein nach langem, tiefem, ein wenig stechendem Atemzug. Ein voller Bauch wird spürbar, steif fühlen sich die Glieder an, die Finger wollen den Kommandos aus dem Hirn zuerst nicht gehorchen, Kopf und Schultern bewegen sich krachend, wie ungewölbte Zahnräder. Ein Bewußtsein der Schwere, Trägheit und Gefangenschaft macht sich breit, neu, dabei gleichzeitig vertraut. Ist so Körpergefühl?

    Florian faßte mit einer Hand nach der anderen. Zuerst fühlte sie sich pelzig an, wurde aber rasch nervig. Mit dem Fühlen kehrte das Hören zurück, der Gleichgewichtssinn, die Muskelkraft, das Riechen, Schmecken und Sehen. Schwere, Trägheit und die gerade noch beklemmende Vorstellung, gefangen zu sein, hatten sich in Nichts aufgelöst. Behaglich lehnte sich der wiedervereinigte Florian zurück und schaute in die grünen Augen.
    „Jetzt ist er wieder da!“ sagte Madame Thekla. „Willkommen, Flori !“
    Tolpatschig und fassungslos staunend kam Kommissar Oskar um den Stuhl herum. Florian war für ihn ein Weltwunder. Florian für Florian übrigens auch.
    „Bist... bist du in Ordnung?“ Der Kriminaler faßte nach seinem Handgelenk. Da fiel Florian etwas ein, das keinen Aufschub duldete. Er riß sich los, sprang auf, machte in rascher Folge dreißig Kniebeugen und sank atemlos, doch mit einem Lächeln wieder auf den Stuhl: die Kondition war während der Astralreise nicht verpufft.
    „So, so!“ Fleischkloß Oskar hatte die Fäuste in jene Stellen gestemmt, die bei schlankeren Erscheinungen als Gürtelhöhe oder Taille bezeichnet werden. „Du wolltest mich wohl zum Narren halten, wie?“ fauchte er. „Hier Leiche spielen! Darüber sprechen wir uns noch!“
    „Darüber sprechen wir mit Ihnen nicht!“ antwortete die Hellseherin schnippisch. „Bestenfalls ein Mediziner. Sie können gleich selber fragen, wie ein Heilschlaf abläuft. Sie brauchen sich nur zur Waldlichtung zu begeben. Dort ist gerade der Notarzt mit dem Rettungshubschrauber gelandet. Sie sollten sich beeilen, damit Sie die Täter wenigstens gesehen haben, bevor sie abtransportiert werden. Sonst sehe ich Ihre Beförderung...“
    Weiter brauchte Madame nicht zu sprechen. Der Kommissar hatte das Zimmer verlassen.
    „Tante Thekla!“
    Florian sprang auf und umarmte sie. Einander wieder anfassen zu können, tat beiden gut. Es hatte doch etwas sehr Beruhigendes, in seinem Körper zu stecken und auf dem Boden zu stehen nach der Schweberei .
    „Mach bitte die Tür mit der Hand zu!“ bat Tante. „Ich habe telekinetischen Muskelkater wie noch nie!“
    Florian ging zur Tür, faßte zuerst mit der Hand ins Leere und schlug sich dann den Kopf an der Kante an.
    „Entschuldige!“ rief die Tante. „Ich hätt’s dir vorher sagen müssen! Das ist so nach längeren Astralausflügen. Die Umstellung auf den Körper bringt gewisse Ungeschicklichkeiten mit sich, die aber wieder

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