Florian auf Geisterreise
Stuhl da hinten?“
Er deutete auf den zugedeckten Körper Florians.
„Das geht Sie gar nichts an!“ erwidert die Tante heiter. „Ich kann in meinen vier Wänden herumstehen und — liegen haben, was ich will!“
„So, so!“ Oskar Kollo ist nicht mehr zu halten. Um den Sessel der Hellseherin herum strebt er der Ecke zu. Blitzschnell nimmt sie die Hände an die Schläfen, und schon fällt der schwere Mann über seine eigenen Füße. Sie hat ihm telekinetisch ein Bein gestellt. Der Fleischkloß scheint sich weh getan zu haben. Er bleibt auf dem Boden sitzen.
„Das ist der Fluch der bösen Tat!“ belehrt ihn Madame Thekla scheinheilig.
Prima! sendet Florian seinen Dank. Doch er empfängt keine Antwort.
Entschuldige, daß ich so spät komme! funkt er noch einmal. Hilfst du mir hinein?
Wieder kommt keine Antwort.
Klar! kombiniert er. Sie hat nicht auf astral geschaltet! Sie paßt auf den Fleischberg auf. Aber ich muß in mich rein! Also noch mal. Mit äußerster Gedankengeschwindigkeit.
Wille, Tempo und letzte Spurenelemente telekinetischer Energie wirken wie eine Druckwelle. Der Körper-Florian vibriert, der Oberkörper rutscht zur Seite, rutscht an der Wand entlang, hinter der Decke vor, über die Grenze zum Übergewicht hinaus und plumpst neben dem Stuhl auf den Boden.
So ein Mist! schimpft das Bewußtsein. Es ist nicht hineingekommen, hat nur alles verschlimmert.
Bis Madame Thekla die Fingerspitzen an die Schläfen gelegt hat, ist der Kommissar in der Ecke. „So, so! Hat mich mein kriminalistischer Scharfsinn doch nicht getäuscht!“ triumphiert er, die Hand an Florians Puls.
Tatenlos muß der astrale Florian von der Zimmerdecke aus Zusehen, wie der Fleischkloß seinen Körper aufhebt und ihn — waagrecht auf den Unterarmen, wie einen großen Fisch – der Tante zeigt. „Sie haben hier einen Toten versteckt. Sie sind verhaftet!“
Die Hellseherin lacht ihm ins Gesicht. „Reden Sie nicht über Dinge, die Sie nicht verstehen! Mein Neffe hatte eine fiebrige Entzündung, da habe ich ihn in einen Heilschlaf versetzt.“
„Dann wecken Sie ihn sofort!“ schnaubt der Kommissar. „Ich muß das überprüfen. Das ist ein dienstlicher Befehl!“
Ohne darauf einzugehen, deutet Tante zum Besucherstuhl. „Setzen Sie ihn da hin! Vorsichtig! Dann stellen Sie sich hinter ihn und halten ihn an den Oberarmen fest, bis er zu sich kommt!“
Noch schaut Florian belustigt von der Zimmerdecke aus zu, wie der dicke Mann sich mit ihm plagt. Die Szene erinnert ihn an den Zirkus, wo der Clown versucht, einen Schlangenmenschen in eine Kiste zu packen. Immer wieder rutscht ihm ein Arm weg, ein Bein, oder der Rumpf klappt zusammen.
„Bei Ihrem Beruf hätte ich Ihnen mehr Geschicklichkeit im Umgang mit leblosen Körpern zugetraut!“ macht sich die Tante lustig. „Wenn Sie soweit sind, verhalten Sie sich bitte still. Ich muß mich konzentrieren.“
Sie legt die Fingerspitzen an die Schläfen und schließt die Augen.
Jetzt wird es ernst.
Florian schwebt über seinem Scheitel, wo Kommissar Oskar schnauft, aber wenigstens nicht nach Schnaps riecht wie sein Freund August. Bei einem so einmaligen, zutiefst persönlichen Geschehen mag man keine abstoßenden Gerüche.
Flori ! Flooriii ! empfängt er Tantes Frequenz.
Ein seltsam beglückendes Gefühl, endlich wieder direkt angesprochen zu werden.
Tante Thekla. Entschuldige! Sendet er.
Streck dich! sendet sie. Bilde deinen Körper astral nach. Von unten bis oben. Am besten, du setzt dich dir auf den Schoß. Aber sei sehr genau. Du mußt deinem Körper gleichen wie ein Stapelstuhl dem anderen. Du sinkst ja in deine Form zurück, und die muß stimmen! Jede Abweichung tut nur unnötig weh!
„Was ist jetzt? Sie Scharlatanin!“ poltert Oskar Kollo dazwischen.
Die Stimme reißt ab, er erstarrt zur Kriminalsäule, einer Schaufensterpuppe nicht unähnlich.
„So! Dem hab ich kataleptische Starre verpaßt! sendet die Hellseherin. Der stört uns jetzt nicht mehr! Dummheit ist nur auf Erden erlaubt. Wenn’s in den Astralbereich geht, muß man sie vorher abschalten.
Florian paßt sich seinem Körper an. Mit psychischem Echolot — das gibt es, merkt er — peilt er jede Stelle seines Körpers an und gestaltet auf Grund der eingehenden Ergebnisse seinen Astralkörper an diesem Punkt dicker oder dünner, länger oder kürzer. Da es sich um Schwingungen handelt, stört die Kleidung nicht.
Sehr gut! Sehr gewissenhaft! lobt Tante. Wenn du die Ellbogen fertig hast, laß ich
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