Florian auf Geisterreise
Absicht Schwingungen aus? Hellseher sind bei geheimen Vorhaben eine unberechenbare Größe. Selbst wenn sie sagt, sie sehe nur, was man sie fragt!
In der Küche ließ Fridolin es sich noch immer schmecken. Kein Wunder bei seiner Länge.
Agathe schien Florian anzusehen, daß er ein Problem hatte. „Du suchst etwas Bestimmtes!“ sagte sie.
Er nickte. „Gibt es ein Telefon für die Steckdose im Speisesaal?“
„Du entdeckst aber auch alles!“ Aus einem Küchenkasten holte sie den Apparat heraus. Prüfend sah sie ihn an und fügte noch hinzu: „Mach keinen zu großen Unfug!“
Florian schüttelte den Kopf. „Ich erklär’s dir heute abend .“ Mit dem Apparat unterm Arm schaute er vorsichtig in die Diele. Von draußen kam August herein. Doch er ging nur zum Wandschränkchen, gönnte sich einen Schluck und verschwand wieder. Florian schlich in den Speisesaal. Er schloß die Glastür, den Apparat stellte er auf den Serviertisch, um versteckt die Diele beobachten zu können. Diesmal hatte er die Nummer im Kopf. Während es am anderen Ende läutete, räusperte er sich, denn jetzt mußte er besonders tief sprechen.
„Frisiersalon Annegret, guten Tag!“ meldete sich eine weibliche Stimme.
„Guten Tag. Ich möchte gern die Chefin sprechen!“ brummte er in den Hörer.
„Bedaure, Frau Treitschke- Zwiebenich ist heute nachmittag nicht im Salon. Wer spricht denn bitte?“
„Hier ist... die...“ Florian hustete, um Zeit zu gewinnen, weil er noch überlegte. „Hier ist die Mars-Film.“ In der Eile war ihm seine Fahrradmarke eingefallen. „Wir brauchen Ihre Hilfe! Unsere Starfriseuse ist krank geworden, und wir haben morgen wichtige Außenaufnahmen am Waldweiher im Grenzwald „Da müssen Sie mit der Chefin selbst sprechen“, unterbrach die Stimme. „Könnten Sie heute abend noch einmal anrufen? Ich gebe Ihnen die Privatnummer!“
Florian, jetzt muß dir etwas einfallen! sagte er zu sich selbst und hustete wieder. „Das wird nicht gehen. Da sind wir unterwegs. Wir fahren heute noch zum Waldsee. Wir haben Wohnwagen dabei; morgen geht es schon sehr früh los.“
Hätte Florian nicht im Fernsehen den Film über das Entstehen eines Films gesehen, er wäre hoffnungslos geschwommen. Doch offensichtlich wirkte er sehr glaubhaft, denn die Stimme sagte: „Hm. Das ist dumm. Was machen wir denn da?“
„Können Sie ihr nicht Bescheid sagen?“ fragte er.
„Kann ich. Die Filmarbeit wird sie sich bestimmt nicht entgehen lassen wollen.“
„Es ist eine sehr wichtige Arbeit!“ betonte Florian. „Sie muß zwei neue Frisuren entwerfen — der Regisseur ist da noch nicht zufrieden — und zwanzig Perücken mitbringen.“
„Die hätten wir!“ kam die Antwort. „Wann spielt der Film denn, in welcher Zeit?“
„In... um die Jahrhundertwende.“ Florian kam ganz schön ins Schwitzen. Glücklicherweise mußte er sich nicht genauer ausdrücken, sie fragte weiter.
„Und wann müßte die Chefin da sein? Soll noch jemand mitkommen?“
„Moment!“ Das war gut. Das klang, als müsse er auf einer Liste nachsehen. An der Kante der Glastür vorbei erspähte er die parfümierte Ziege, die gerade aus dem Zimmer von Tante Thekla kam. Wenn die wüßte!
„Wir brauchen nur die Chefin!“ antwortete er. „Sie muß allerdings schon um sieben Uhr da sein.“
„Um sieben?“ wiederholte die Stimme.
„Um sieben!“ wiederholte Florian mit Genuß. „Wir haben drei Stars, und um neun ist Drehbeginn.“
„Gut. Ich werd’s bestellen“, sagte sie.
„Kann ich mich darauf verlassen?“ fragte er.
„Ich denke schon. Unsere Chefin ist künstlerisch sehr interessiert.“
„Abgemacht. Das Honorar geht selbstverständlich in Ordnung!“ schwafelte er und beschrieb noch den Weg.
Dann war er völlig geschafft.
Mit baumelnden Beinen auf dem Serviertisch sitzend, starrte er vor sich hin. Dabei kam ihm schon wieder eine Idee. Nicht wie der Blitz diesmal, eher mit Schwachstrom: Jetzt ist die Gelegenheit rauszukriegen, ob Tante auch sieht, was man vorhat, oder erst, wenn’s passiert ist!
Wann Madame Zeit für ihren Neffen hatte, entschied sich immer kurzfristig. Meist zum Mittag- oder Abendessen. Sicher war das aber nie. Hellsehen strengt sehr an. Oft aß sie überhaupt nicht und legte sich schlafen. Oder sie wollte sich ablenken. Dann konnte Florian ihr die albernsten Geschichten erzählen. Nur über Parapsychologie durfte er nicht reden, und gerade da hätte er Fragen noch und noch gehabt. Aber er hielt sich zurück,
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