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Florian der Geisterseher

Florian der Geisterseher

Titel: Florian der Geisterseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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dem sie so ernst schaute, wie bei der Konzentration, hatte er in sein Kreuzritterbuch gelegt. Als Buchzeichen. Pünktlich um neun Uhr am Abend funkte er medial zur Pension Schicksal hinaus...
    Agathe, schreib mir mal! Schreib mir, Agathe!
    Es klappte.
    Trotz der vierzig Kilometer dazwischen. Zwei Tage später gab ihm die Mutter beim Frühstück einen Brief und fragte gleich, von wem er sei. Da wurde Florian so wütend, wie schon lang nicht mehr.
    „Kann ich nicht mal was für mich behalten?“
    Das gestand ihm die Mutter sofort zu, fragte aber trotzdem weiter.
    Bis Florian der richtige Satz einfiel: „Wenn du mich besser verstehen würdest, müßtest du nicht soviel fragen.“
    Von da ab hatte er Ruhe.
    Jeden Abend um neun Uhr liege ich im Bett und konzentriere mich. Eine Viertelstunde lang, schrieb Agathe. Du hast dir gewünscht, daß ich schreibe. Stimmt’s? Was ich mir wünsche, ist noch nicht eingetreten...
    Ich soll sie anrufen! kombinierte Florian. Am besten schon früher. Solang sie noch in der Küche ist!
    Es traf sich gut. Die Eltern waren eingeladen.
    Vierzig Kilometer weiter traf es sich weniger gut. August war am Apparat. „Nein, die Agathe ist ausnahmsweise nicht da, Flori . Sie bringt eine Dame ins Krankenhaus, der Madame ein so schweres Schicksal Voraussagen mußte, daß sie einen Schock bekommen hat.“
    „Klar. Muß sie. Tante beurteilt ja nicht, wenn sie hellsieht.“ Noch während er das sagte, kombinierte Florian: Aha! Ich verteidige sie wieder einmal. Tante hat recht. — Florian ließ Grüße bestellen und legte auf. Um neun Uhr konzentrierte er sich trotzdem und sah Agathe mit Tantes Wagen durch die Nacht fahren und dasselbe tun. Oder stellte er sich das nur vor?
    Mensch, da tappt man rum wie in Watte! dachte er.
    Am nächsten Tag schrieb Florian von sich aus einen Dankesbrief an die Tante. So was hatte er freiwillig noch nie getan.
    Ich trainiere schwer. Sensitiv natürlich! schrieb er. Bestimmt kann man mit seinen Sinnen mehr anfangen, als die meisten Menschen wissen. Es waren Spitzenferientage! Du bist von der ganzen Verwandtschaft die einzige, mit der man wirklich reden kann. Du hörst auch zu. Obwohl du schon alles weißt, wenn du willst...
    Dann kam endlich Jens. „Mensch, bin ich froh, daß ich wieder da bin!“ stöhnte er. „Vier Wochen mit den Alten! Du hast’s gut, daß deine Eltern ein Hobby haben, wo sie dich nicht brauchen können! Meine sind gewandert. Jeden Tag. Wie eine Herde Rindviecher. Und das mit mir! Da sitz ich ja noch lieber in der Schule!“
    Ich kann’s auch kaum erwarten! hätte Florian am liebsten gesagt und ihm gleich die ganze Geschichte erzählt. Aber er wartete, weil er Jens nicht überrumpeln durfte. Wer’s nicht selbst erlebt hat, hält einen sonst für übergeschnappt. Übersinnliche Angelegenheiten kann man einem andern nur tropfenweise beibringen.
    Florian wußte auch schon wie. Er würde Jens mitnehmen, wenn er wieder zu Tante Thekla fuhr. Dort konnte der sich an Ort und Stelle überzeugen. Vielleicht würde Tante sogar für ihn hellsehen.
    Am nächsten Tag begann Florian mit dem ersten Tropfen. Ob er ihn begleiten würde?
    Aber Jens hatte keine Lust. „Achtzig Kilometer mit dem Fahrrad? Das fehlt mir gerade noch. Wenn du ’n Mofa auftreibst, laß ich vielleicht mit mir reden.“
    Das verstand Florian. Ferien bringen Freundschaften leicht ein bißchen durcheinander. Ein Mofa zu finden, dürfte nicht allzu schwierig sein. Karl hatte eins, aber Karl war noch weg; Pitt hatte eins, aber das war kaputt; Jörg hatte das schönste, gelb, mit Gängen, gab es aber nicht her.
    „Dann fährst du eben allein“, meinte Jens. „Du willst ja unbedingt hin. Ich nicht.“
    Das wird also nichts werden. Ich muß es ihm hier beibringen! kombinierte Florian. Er ging systematisch vor. Mit August fing er an, schön tropfenweise.
    Bis Jens eines Nachmittags, bei ihm zu Hause, Feuer fing und fragte: „Und hat sie für dich auch hellgesehen?“
    „Ja. Und für dich mit.“ Jetzt war es soweit. Florian zeigte ihm den Zettel mit der fertigen Aufgabe. „Methode Flori “, erklärte er. „Aber ganz großes Geheimnis!“

    „Das ist sowieso klar“, meinte Jens. „Und du glaubst also, daß das stimmt?“
    Florian nickte. „Aber bitte...Du kannst es gern nachrechnen.“
    „Soweit kommt’s noch!“ Jens mußte lachen. „Da schreib ich lieber ab.“
    Er hatte sich gerade an die Arbeit gemacht, da kam sein älterer Bruder Andreas ins Zimmer und wunderte sich:

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