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Florian der Geisterseher

Florian der Geisterseher

Titel: Florian der Geisterseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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drängte Florian. „Agathe hat’s in der Küche. Du mußt es nur bezahlen, bei ihr.“
    „Soso“, wiederholte der Vater. „Dann tu ich das mal. Also, Thekla, leb wohl und vielen Dank für alles!“ Er gab ihr die Hand und verließ das Zimmer.
    Tante Thekla hielt Florian fest. „Ich hab ihn zahlen lassen!“ flüsterte sie. „ Mißtrauische Menschen müssen bei mir immer blechen. Hier! Nimm es dir. Als Taschengeld.“ Mit einer Handbewegung öffnete sie die Kassette und reichte ihm unter Musikbegleitung einige Scheine.
    „Mensch, Tante!“ Florian gab ihr einen Kuß. „Sag mir zum Abschied noch, ob du irgendwas siehst!“
    „Viel.“ Sie lächelte. „Aber das verrate ich dir nicht. Sonst langweilst du dich womöglich. Geh jetzt. Deinem Vater ist es nicht ganz geheuer bei mir. Er möchte so schnell wie möglich wieder weg.“
    „Und ich wieder her. Auf bald!“ rief Florian.
    Der Vater stand schon in der Diele bei Koffer und Rucksack.
    August kam gerade vom Wandschränkchen und meinte: „Das wär aber nicht nötig gewesen.“
    „Komm jetzt!“ drängte der Vater.
    „Moment noch.“ Florian ging in die Küche. Agathe sah ihm entgegen. Sie legten einander die Hände auf die Schultern, und lehnten Stirn gegen Stirn.
    „Schreib mir mal“, sagte sie.
    „Klar. Wir müssen uns doch verständigen, wie die Konzentration funkt, auf so große Entfernung. Jeden Abend um neun peile ich dich an!“
    Agathe nickte. „Jeden Abend um neun.“
    „Und deine Fotos... Die bring ich mit. Ich komm ja bald wieder!“ Er rannte weg.
    In der Diele war niemand mehr. Auch Koffer und Rucksack fehlten.
    „Auf Wiedersehn! Auf Wiedersehn!“ Florian rannte an den Gästen vorbei zum Parkplatz, wo August gerade sein Gepäck verstaute.
    „Na endlich!“ sagte der Vater.
    Noch ein „Vielen Dank für alles und bis bald!“ an Augusts Adresse, ein Händedruck. Dann saß Florian im Wagen, und die Fahrweise seines Vaters regte ihn überhaupt nicht auf.
    „Wie war’s denn?“ begann der Vater nach drei Kilometern. „Du erzählst gar nichts.“
    „Schön. Nur zu kurz“, kam die Antwort.
    „Mit Tante Thekla scheinst du ja gut ausgekommen zu sein. Vielleicht ist sie gar nicht so schlimm, wie alle sagen.“
    „Die spinnen alle!“ Florian war wütend. „Es gab nie ein böses Wort. Im Gegensatz zu euch. Ihr habt hinter der Grenze ja ganz schön gestritten und überhaupt Pech gehabt, mit dem Auto, mit dem Hotel, mit dem Tauchgerät...“
    Der Vater war so sprachlos, daß Florian ihm ins Lenkrad greifen mußte, um einen Radfahrer zu schützen.
    „Hat... hat das Thekla...?“ stammelte er.
    „Frag nicht, Papa“, sagte Florian ruhig. „Du glaubst ja doch nicht dran.“
    „Wer behauptet denn so was?“ begehrte der Vater auf.
    Florian wurde noch ruhiger. „Wir Sensitiven spüren das sofort.“

Die undichte Stelle

    Noch nie hatte sich Florian den Tag der großen Mathematik-Klassenarbeit herbeigewünscht. Jetzt sehnte er sich förmlich danach.
    Ich komme mir vor wie ein Kartenspieler, der nur Asse in der Hand hat und warten muß, bis er sie endlich ausspielen kann! dachte er, wenn er allein war.
    Alleinsein hatte sich überhaupt zu seiner Lieblingsbeschäftigung entwickelt. Jens, sein bester Freund, befand sich noch immer in Skandinavien, und wenn die Eltern den Rest von Vaters Urlaub mit Unternehmungen anreicherten, sorgte er dafür, nicht dabeisein zu müssen. Konditionssteigerung, Mathematiknacharbeiten und Zahnarzt gaben brauchbare Gründe ab. Waren die Eltern weg, nahm er seine Trompete, radelte aus der Stadt und übte irgendwo. Oder er trainierte. Als Läufer oder als Sensitiver. Konzentrationsübungen machte er nicht nur abends um neun Uhr, wie mit Agathe verabredet, sondern auch tagsüber. Besonders mit seiner Mutter.
    Sie soll mich nicht soviel fragen! Ich will nicht, daß sie mich andauernd was fragt! sagte er tonlos vor sich hin. Dabei wurde vor allem seine Ausdauer gestärkt. Mutter war medial überhaupt nicht begabt. Und Onkel Bruno noch weniger. Er kam eigens, um Florian Fragen zu stellen, wie er behauptete. Er fragte dann aber gar nicht, sondern äußerte Vermutungen und erwartete, Florian möge sein Vorurteil bestätigen: Tante Thekla sei eine Scharlatanin.
    „Ich muß noch einmal hinfahren, bis ich mir über alles klar bin“, wich Florian aus, um das Geld nicht zurückgeben zu müssen. Außerdem stimmte das. Hinfahren wollte er so schnell wie möglich wieder! Agathes Bilder waren gelungen. Alle zwölf. Eines, auf

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