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Florian und das Geisterhaus

Florian und das Geisterhaus

Titel: Florian und das Geisterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Trainingslauf besonders gut. Nicht nur weil es ein angenehmes Gefühl ist, in Form zu sein, genügend Kraftreserven zu besitzen, um die Ermüdung über das Ziel hinausschieben zu können, heute kam sozusagen eine zweite Ebene dazu. Florian spürte seinen Körper deutlicher als sonst, die Abläufe der Muskelbewegungen waren ihm bewußter , ja, er konzentrierte sich förmlich in sich hinein, als wolle er sich nach den Ereignissen des gestrigen, späten Abends vergewissern, ob er auch tatsächlich in sich drinstecke. Gleichzeitig hatte er das Bedürfnis, ein großes Durcheinander hinauszubugsieren. Vor allem aber nahm er seine Phantasie an die Leine, die dieses Durcheinander verursacht hatte. Heute ließ er sie nicht durch Raum und Zeit schweifen, sondern hielt sie auf der Strecke, indem er sich vorstellte, er würde an einem bedeutenden Geländelauf teilnehmen und liege zur Zeit an zweiter Stelle. Der erste Läufer war so weit voraus, daß er ihn nicht mehr sehen konnte. Das mußte er ändern. Die Kraft dazu besaß er, das fühlte er deutlich und lief und lief, das schnellste und härteste Rennen seines Lebens.
    Als er von der ersten Runde zurückkam, trat gerade der lange Hagere aus dem Haus. Florian zischte an ihm vorbei, daß er gar nicht dazu kam, etwas Dummes zu sagen. In weitem Bogen lief er um den Parkplatz herum. Hinter dem Haus stand August und hielt Resi, die Haflinger-Stute am Halfter. Mit ausgreifenden Schritten kam Florian von hinten angelaufen. Die Stute stieg, und August zuckte zusammen.
    „Kannst du nicht hupen, wenn du überholst!“ brüllte er hinter Florian her, der gerade mit einem mächtigen Zwischenspurt wieder im Wald verschwand.
    Als die Kräfte nachzulassen drohten, holte seine Phantasie Zuschauer an die Strecke, die ihn aufmunterten, ihm neue Willenskraft gaben, die Krise zu überwinden und das Letzte aus sich herauszuholen. Das gelang ihm um so leichter, als er plötzlich die Schritte der Verfolger hinter sich hörte. Florian lief, was Beine und Lunge hergaben, dennoch kamen sie näher.
    „Tempo! Tempo!“ rief eine Stimme. „Das reinigt!“ Tante Thekla galoppierte neben ihm.
    Antworten konnte Florian nicht. Er gab nur im Ausatmen einen bestätigenden Laut von sich, denn sie traf genau sein Gefühl, wie ihm jetzt, da sie es sagte, klar wurde: Der Lauf war wie eine Dusche von innen.
    Nebeneinander flogen sie dem Waldweiher entgegen, wendeten ohne ein weiteres Wort in einer Schleife zwischen den Bäumen und jagten über den Waldweg zurück.
    „Sehr gut!“ sagte die Tante und saß ab. „Jetzt ist alles draußen. Du bist in Form, Flori ! Ruh dich aus und komm um elf zu mir.“
    August übernahm Resi; durch die hintere Küchentür traten sie ins Haus. Agathe putzte Salat und lächelte ihnen zu; auf dem Tisch stand schon das Frühstück für ihn.
    Diesmal ging er die Treppe langsam an. Tante Theklas Worte hatten ihn nachdenklich gestimmt.
    Ich wollte wieder mal zu viel! Meine Neugier auf die dritte Ebene hat meinen Ehrgeiz gekitzelt, und beide sind im übersinnlichen Bereich fehl am Platz! kombinierte er. Und Ungeduld sowieso. Da läßt sich nichts erzwingen — sagt Tante Thekla immer. Das kommt, oder es kommt nicht. Aber jetzt ist alles draußen! Laufen gegen Ungeduld — muß ich mir merken!
    Florian duschte sich, massierte seine Beinmuskeln, legte sich aufs Bett, bis der Puls dem Sekundenzeiger nicht mehr davonlief, frühstückte bei Agathe in der Küche, ohne sie nach der Kellerklinik zu fragen, besuchte die Pferde im Stall, Resi vor allem, und gab der abreisenden Frau Magerpils auf dem Parkplatz Hilfszeichen.
    Die fährt genauso schlecht rückwärts wie mein Vater! dachte er. Wenn der sich beim Tauchen auch so anstellt? Aber man schwimmt ja nicht rückwärts.
    Ein neuer Kunde stieg mit einem Aktenköfferchen aus seinem Auto. August ging ihm entgegen und begleitete ihn ins Haus.
    Mannometer ! Der hat so viele Fragen, daß er einen Koffer braucht. Hoffentlich bleibt er nicht zu lange. Um elf Uhr komm ich! dachte Florian. Er war völlig entspannt. Wie vor einem Wettkampf.
    So konzentriert möchte ich mal vor einer Mathearbeit sein! dachte er. Lehrer Hempel würde glatt einen Salto schlagen! Er wollte weitergehen, die Beine ausschlenkern, da erschien Agathe am Eingang und winkte ihn her. „Deine Zigarillotante ist am Apparat!“
    „Ausgerechnet!“ Ungehalten über die Störung, wo er sich gerade so schön vorbereitete, ging er in die Küche; in dem Augenblick, da er nach dem Hörer

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