Fluch der 100 Pforten
Lauft!«
Henry sprang vom Tisch herab und packte Henrietta am Arm. Henrietta stand fassungslos da.
»Wir müssen sehen, dass wir die anderen überholen«, sagte Henry. »Sonst brauchen wir zu lange.« Er tippte einem kleinen Elfenmädchen auf die Schulter.
»Kannst du uns vorauslaufen? Zu den Schleusenkammern?«, fragte er.
»Ich bin aber ziemlich schnell«, antwortete das Mädchen. Damit drehte sie sich um und schoss durch die Menge davon.
In der Menge herrschte heilloses Durcheinander.
Sie werden schon irgendwie klarkommen , dachte Henry.
Das Mädchen war wirklich sehr schnell. Als sie zur Treppe kamen, die in den Zentralberg hinabführte, waren nur noch wenige Elfen vor ihnen zu sehen.
»Das reicht«, sagte Henry zu dem Mädchen. Die Kleine blieb stehen und sah ihnen noch nach, als Henry seine Cousine an der Hand nahm und mit ihr hinabstieg.
»Wow!«, machte Henrietta, sobald die Dunkelheit sie umgab.
»Stimmt«, meinte Henry. »Aber heb dir deine Fragen für später auf.«
Am Fuß der Treppe tastete Henry nach einer Tür. Er fand eine, öffnete sie und rief nach Frank. Als er keine Antwort erhielt, tastete er nach der nächsten.
»Frank!«, rief er und wollte schon wieder weiter.
Hinter ihnen kam eine Gruppe Elfen die Treppe hinab.
»Hier entlang!«, antwortete Frank und Henry und Henrietta folgten der Stimme durch die Dunkelheit.
»Was ist das für ein Zeug?«, fragte Henrietta, als die Dunkelheit um sie herum zu Boden zu sinken begann.
Henry grinste. »Das ist Licht«, antwortete er.
Zwei Türen standen offen. Zwei Schleusenkammern waren bereitet worden.
Der dicke Frank stand auf dem Flur, um den Verkehr zu regeln.
»Nach Badon Hill bitte hier entlang«, sagte er und zeigte nach rechts. »Und hier entlang nach Hylfing.«
Henry nahm sich noch die Zeit, den ersten Elf zur Hylfing-Schleuse zu schicken. Dann schlüpften sie zu dritt in die andere Schleusenkammer und schlossen die Tür.
Reflexartig hob Henrietta die Hände vor das Gesicht und taumelte rücklings gegen die Wand. Sie kniff die Augen zusammen, als Henry sie den abschüssigen Boden hinunter zur Schleuse führte.
»Könnte sein, dass wir auf der anderen Seite Licht brauchen«, meinte Henry. »Taschenlampen oder so.«
»Taschenlampen«, wiederholte Frank. »Pah!« Er lief an ein Regal und kam mit einem leeren Beutel wieder zurück.
»Auf der anderen Seite wird es keine Elfen mehr geben«, sagte Frank. »Ich werde der einzige noch lebende Vertreter von hier sein.«
Henry stand vor der Schleuse. Er atmete tief ein und trat hindurch. Henrietta hielt er fest an der Hand.
Mit Elfen hatte Darius nicht gerechnet. Die waren ihm in Byzanthamum noch nie begegnet. Die reinsten Plagegeister. Schlecht zu wittern, aber schwach. Sie totzuschlagen war für ihn etwa, wie Fliegen zu klatschen. Noch war es zu früh, allein die Stadt zu betreten. Er freute sich auf diesen Moment. Dafür hatte er sich sogar ein Pferd aufgespart.
Erneut sandte er die Zauberer aus und ließ den Wind in ihrem Rücken stärker wehen, um den Pfeilen die Wucht zu nehmen und um das Feuer auszuweiten. Ein paar Zauberer musste er am Leben erhalten. Zumindest, bis er die Elfen wieder los war.
Henry stand im Dunkeln und roch die Erde um sich herum. Dies hier war Badon Hill. Das unterirdische Badon Hill. Der Geruch seines Fachs, nur ohne den Wind. Er lief zur Öffnung des kleinen Elfen-Korridors und hörte, wie Frank hinter ihm einatmete. Er erinnerte sich an seine Träume, daran, was er auf dem Berggipfel unterhalb der Felsplatte gesehen hatte. Die Ragganten-Gebeine und das in Stein gemeißelte Gesicht
eines Grünen Mannes. Dieser Berg war das Gefängnis seines Vaters gewesen.
Er sah zu den hohen Bäumen hinauf. Der Mond leuchtete. Sie waren weit genug nördlich, um für Darius’ Unwetter unerreichbar zu sein. Der Wind war frisch, aber mild.
Henry wusste nicht, auf welcher Seite der Insel sie sich befanden. Trotzdem wusste er, wo sie hinmussten.
Hinauf. Nach oben.
»Es ist wunderschön hier«, sagte Henrietta.
Henry füllte seine Lunge fast bis zum Platzen und nickte, während er seine Füße in den bemoosten Hang grub. Der Boden war weich und der Tau glänzte silbern im stillen Licht des Mondes. Henry musste sich daran erinnern, dass sie in Eile waren, denn seine Gedanken wanderten zu dem Augenblick zurück, als er die Magie des Badon Hill zum ersten Mal hatte sehen können.
»Gibt es hier keinen Weg oder so?«, wollte Henrietta wissen.
»Doch«, sagte der
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