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Fluch der Engel: Roman (German Edition)

Fluch der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Fluch der Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Itterheim , Jessica Itterheim
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Rosarote Plüschflügel entdeckte ich auf die Schnelle keine.
    »Gibt es einen Grund, Engel nach ihrer Flügelfarbe einzuteilen?«, wollte ich wissen.
    »Ja, den gibt es. Die mit den weißen Flügeln sind geborene Engel, die anderen Schutz- oder Wächterengel. Wobei auch sie meist helle Flügel besitzen. Die Vielzahl der Farben täuscht. Sie soll nur die verschiedenen Möglichkeiten darstellen.«
    Raffael bat mich, ihm ans andere Ende der Freske zu folgen. Ich blieb stehen. Hatte er die Schwarzgeflügelten absichtlich ausgespart? Weil Sanctifer einer von ihnen war? Aber dann müsste auch Ekin, mein Kampftrainer, einer der Bösen sein.
    »Was bedeutet es, wenn ein Engel dunkle Flügel hat?«
    »Das kommt darauf an«, wich Raffael aus.
    »Worauf?«
    »Ob er zu denen in der Mitte oder zu denen ganz unten gehört«, antwortete er.
    Raffael drückte mir eine Kerze in die Hand, damit ich die Engel am unteren Rand besser betrachten konnte. »Fällt dir etwas an ihren Augen auf?«
    »Ja. Sie sind alle dunkel – wie meine, wenn ich wütend werde.«
    »Das stimmt«, antwortete Raffael mit einem Lächeln. »Aber das ist nicht das Entscheidende. Sieh sie dir genauer an.«
    Ich ging näher zu der Freske und verglich die Augen der Schwarzgeflügelten mit denen der Buntflügler. Auch unter ihnen entdeckte ich welche mit dunklen Augen.
    Doch dann fand ich den atemberaubenden Unterschied. Mehr spürbar als sichtbar hatte der begnadete Künstler allen Engeln einen Lebensfunken eingehaucht, nur den Engeln unten links nicht.
    War es möglich, einem Engel die Seele zu rauben, ohne ihn zu töten? Ich schob den Gedanken weit von mir. Vermutlich waren sie seelenlos geboren, sonst hätten sie wohl kaum einen eigenen Platz auf dem Stammbaum belegt.
    Ich sparte die Mitte mit den eindeutig menschlichen Wesen und den darunter abgebildeten Racheengeln aus. Die mit Blitzen durchwirkten Flügel erinnerten mich viel zu sehr an Christopher.
    »Rechts findest du die Erblinie der Dämonen«, fuhr Raffael fort. »Ganz oben die Dämonen in ihrer ursprünglichsten Form. Sie wurden von ihresgleichen ausgerottet. Am Rand sind ihre Nachkommen abgebildet. Die Engel waren so gnädig, den unfruchtbaren Satanen und Geistern den Feuertod zu ersparen.«
    Die Dämonen und die weißgesichtigen Geister, auf die Raffael deutete, waren mir fremd. Sie wirkten harmlos, beinahe menschlich, verglichen mit den Darstellungen der Satane. Sie ähnelten den Wesen, denen ich bei der Totenwächterin begegnet war.
    »Was unterscheidet eigentlich ein Irrlicht von einem Satanen?«
    »Abgesehen davon, dass Irrlichter ihre Form und Farbe variieren und sich fortpflanzen können, gibt es kaum Unterschiede – ausgenommen vielleicht ihre Gefährlichkeit«, schränkte Raffael ein. »Satane gelten als äußerst unberechenbar. Da sie aber ins Reich der Totenwächter gehören, stört uns das wenig.«
    Ich zuckte zusammen. Uns? Zählte Raffael sich schon zu den Engeln? Er bemerkte meine Verwirrung, weshalb ich ihm schnell die nächste Frage stellte.
    »Und was sind das für Geschöpfe?« Wahllos deutete ich auf eine der Gestalten unter den schönen, mit einer Spur von Asymmetrie gezeichneten Gesichtern der Totenwächter. Besser, ich hätte mir die Wesen davor genauer angesehen – um sie auszusparen.
    »Das sind Geistdämonen. Wie Schutzengel werden sie wiedergeboren. Allerdings überwiegt bei ihnen der dämonische Teil ihres Erbes.«
    Ich schwieg. Ich kannte die Geschichte. Sie hatten ihre Eltern, die Dämonen, getötet und damit ihr Recht auf ein Leben in der Welt ihrer Vorfahren verwirkt. Ihr Aussehen war mir bis dahin unbekannt – die Geschöpfe allerdings nicht.
    Viel zu vertraute, von roten Linien verschleierte Augen zogen mich zu dem Monster. Christopher in seiner dunklen Schattengestalt stand vor mir. Ich streckte meine Hand nach ihm aus. Ein Frösteln jagte über meine Haut. Die Wand war eisig. Doch es war nicht die Berührung mit dem kalten Stein, die mich erschütterte, sondern die Erinnerung. Ich wollte Christopher von seinem Schatten befreien – und hatte jämmerlich versagt.
    Plötzlich brannten Tränen in meinen Augen. Ich kämpfte sie zurück – Raffael beobachtete mich –, doch es gelang mir nicht. Eine entkam meiner Kontrolle. Und noch bevor ich mich abwendenkonnte, fing Raffael sie auf. Vorsichtig streiften seine Finger über mein Gesicht.
    »So wirst du niemals sein«, tröstete er mich mit einem Blick, der mich mehr verwirrte als seine Berührung. »Du bist der

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