Fluch der Engel: Roman (German Edition)
reichen würden, damit sich Pauls Schwert nicht in Luft auflöste, wenn ich es ihm aus der Hand riss. Versuchen musste ich es dennoch.
Die weiß schimmernde Waffe verdunkelte sich, als meine Finger ihr Heft umschlossen, zerfiel allerdings nicht in ihre Bestandteile. Paul versuchte noch, mich aufzuhalten. Aber mit seinem verletzten Flügel schaffte er es nicht mal bis zum ersten Siegel – worüber ich unendlich dankbar war. Ich wollte sie für mich allein haben. Engel gegen Dämon. Wobei ich mir längst nicht mehr sicher war, ob meine Engelseele oder mein dämonisches Erbe mich antrieb.
Gabriellas seelenlose Kälte umgab mich. Gnadenlosigkeit hüllte mich ein, die ich nicht vertreiben konnte. – Oder wollte? Schneller, als ich Pauls Schwert erheben konnte, zielte sie mit ihrer Waffe auf mich. Trotz des Gewichts meiner Flügel gelang es mir, ihren Schlägen auszuweichen. Vielleicht schaffte ich es bis zur Treppe unter dem Altarraum, um Hilfe zu holen.
Gabriella forcierte ihren Angriff – visierte mein Herz. Doch ichwar schnell genug, um ihr ein weiteres Mal zu entkommen, und wich zurück. Eine harte Wand verbaute meinen Fluchtweg.
Ich stand kurz davor, meine Schwingen einzuziehen, damit Gabriella sie mir nicht nehmen konnte. Doch dann hätte sich auch Pauls Schwert in seine Einzelteile zerlegt. Und sie nur mit Klauen abzuwehren, schied aus. Gabriella hätte mich zerstückelt, bevor ich auch nur einen Kratzer bei ihr hätte landen können. Außerdem, wenn sie mit ihren gigantischen Schwingen kämpfen konnte, schaffte ich das mit meinen Engelsflügeln auch.
Meine Zuversicht geriet ins Wanken, als Lucias schlaffer Körper in meinem Blickfeld auftauchte – Gabriella hatte mich zurück ans andere Ende des Raums getrieben. Sie wankte ein zweites Mal, als das Schwert des Schattens eine schmerzhafte Spur auf meinem Schlüsselbein hinterließ. Der beißende Gestank meines verdampfenden Bluts trieb mir Tränen in die Augen – ganz abgesehen davon, dass auch der Schnitt höllisch weh tat. Ich biss die Zähne zusammen und blinzelte die Tränen weg. Rumheulen konnte ich später – falls es ein Später geben würde.
Als Gabriellas gierige Monsteraugen mich siegesgewiss anvisierten, verstärkte ich meinen Griff um Pauls Waffe und tauchte ab. Erneut verfehlte das matt schimmernde Schwert sein Ziel. Ekins Verteidigungstraining machte sich bezahlt. Im Ausweichen von Schwerthieben war ich super. Selbst ein paar von Gabriellas Schlägen konnte ich mit meiner geliehenen Waffe abwehren – auch wenn sich mein Körper danach so anfühlte, als hätte ich eine Starkstromleitung geküsst. Doch je länger der Kampf dauerte, umso deutlicher wurde mir klar, dass Gabriella mich nicht töten wollte – Sanctifer wollte mich lebendig.
Trotz der unbändigen Wut, die sich in den rot funkelnden Augen des Schattenengels widerspiegelte, agierte sie viel zu beherrscht. Ihre Angriffe zielten weder auf meine Flügel noch auf mein Herz. Den Treffer an meinem Schlüsselbein hatte sie nicht mit Absicht gesetzt. Ich hatte mein Schwert schneller aus ihrer Reichweite gebracht als meinen Körper. Gabriellas Aufgabe war nicht, mich zutöten, sondern meine dämonische Seite zu entfachen – um mich zu einem gefühllosen Monster zu machen, wie sie eines war. Viel zu deutlich spürte ich, wie ihre unerbittliche Kälte auf meine Engelseele zielte. Weder Gabriella noch Sanctifer wusste, dass ich gelernt hatte, sie zu schützen. Blöd, dass mir das vermutlich nicht mehr allzu lange helfen würde. Gegen Gabriellas Schwert und ihre Kälte zu kämpfen, war kräfteraubend. Besonders, wenn man noch einen Körper mit menschlichen Schwächen besaß. Mit Wegducken würde ich sie niemals besiegen – ich musste angreifen!
Meine unerwartete Attacke ließ Sanctifers Schatten zurückweichen. Mein nächster Hieb auf einen der monströsen Flügel ging trotzdem daneben. Ich buchte ihn dennoch als Erfolg. Gabriellas Schwingen verblassten von glänzendem Schwarz zu mattem Grau, als ihre gigantischen Flügel beim Ausweichen an einer der rauen Steinwände entlangstreiften.
Um meinen Vorteil zu nutzen, setzte ich nach. Doch Gabriella war schnell, erfahren und mir weit überlegen. Ein Fetzen meines T-Shirts segelte zu Boden. Wie war ich bloß auf die Idee gekommen, ich hätte auch nur den Hauch einer Chance gegen sie?
In dem kurzen Moment, in dem mein Verstand und nicht mein Instinkt mich leitete, ließ ich mich Richtung Zellentrakt zurückfallen. In den dämonengesicherten
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