Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fluch der Engel: Roman (German Edition)

Fluch der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Fluch der Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Itterheim , Jessica Itterheim
Vom Netzwerk:
dem Sturz war meine Maske heruntergerutscht – und offensichtlich stand mir meine Abneigung gegen Sanctifer ins Gesicht geschrieben. Mit versteinerter Miene öffnete Raffael die Tür zu der kleinen, mit Silber ausgeschlagenen Kabine und bat mich, einzutreten.
    Ich folgte ihm und ignorierte das Gefühl, Raffael verletzt zu haben. Das Ausmaß seiner Abhängigkeit von seinem Ziehvater kannteich – schließlich wusste ich, wie abstoßend er mit seinen Verbrennungen ohne Sanctifers Zauber aussah. Allerdings wurde mir erst jetzt so richtig klar, dass seine Gefühle für Sanctifer weit über Dankbarkeit hinausgingen: Raffael liebte ihn wie ein Sohn seinen Vater. Dennoch durfte er ruhig wissen, was ich von seinem Ziehvater hielt. Vielleicht würde auch ihm irgendwann klarwerden, wie sehr Sanctifer sich seine Anhänglichkeit zunutze machte. Obwohl er das, nachdem Sanctifer ihn als Lockvogel tödlichem Dämonenstaub ausgesetzt hatte, eigentlich schon bemerkt haben müsste.
    Mit erzwungener Gelassenheit setzte ich mich am anderen Ende der Kajüte auf die Bank und beobachtete, wie die schmucken Häuserzeilen an uns vorbeizogen. Mein angeödeter Blick verbarg hoffentlich, dass ich von Minute zu Minute nervöser wurde.
    Wir verließen die Lagunenstadt und steuerten auf eine der vorgelagerten Inseln zu. Je näher die Gondel dem Eiland kam, umso sonderbarer erschien mir der Treffpunkt. Ich hatte etwas Pompöses erwartet und nicht ein verwildertes Stück Land mit den Resten einer verfallenen Ruine. Dass die Gondel dann nur durch einen ungepflegten Kanal mit einem efeubewachsenen Torbogen fuhr und danach wieder Richtung Venedig steuerte, half nicht gerade, mein inzwischen mühsam aufrechterhaltenes Selbstbewusstsein zu stärken.
    Raffael ließ mich nicht aus den Augen, als er meine Unsicherheit bemerkte – was ich natürlich nicht so stehenlassen konnte.
    »Hat sich der Gondoliere verfahren? Oder versuchst du nur ein wenig länger meine Gegenwart zu genießen und hast ihn deshalb gebeten, eine Extrarunde zu drehen?«
    »Weder das eine noch das andere«, antwortete Raffael, während er mich ein wenig zu intensiv musterte.
    Schließlich schien ihm wieder einzufallen, warum er neben mir durch die Lagune schipperte – seine Miene wurde ernst. »Sanctifer hat mir genaue Anweisungen gegeben. Wenn du wissen willst, warum er den Umweg über die Insel gewählt hat, frag ihn – oder komm selbst dahinter.« Da war er wieder, der zwischen Ergebenheitund Unzufriedenheit schwankende Tonfall, der sich bei Raffael einschlich, sobald er versuchte, das Verhalten seines Ziehvaters zu erklären.
    Ich schwieg. Irgendwie tat er mir leid. Aber vermutlich war nicht nur Sanctifer in der Lage, Raffael zu helfen, damit er nicht als Frankenstein junior durch die Gegend laufen musste. Vielleicht konnte ich Christopher bitten, sich um Raffaels Brandnarben zu kümmern – oder lieber Aron, der hatte mit Sanctifers Objekten sicher weniger Probleme.
    Als wir Venedig erreichten, wurde mir schnell klar, warum Sanctifer den Umweg gewählt hatte und weshalb die Kabine von Silber durchzogene Wände besaß. Irgendwann mussten wir ein Engelsportal passiert haben, das uns in die Menschenwelt gebracht hatte – vermutlich der Torbogen. Blöd, dass ich Weltenportale nicht spüren konnte – bei mit Engelsmagie errichteten Durchgängen, die dämonische Wesen abwehrten, gelang mir das leider viel zu gut.
    Anders als im Venedig der Engel wimmelte es hier auf den Kanälen vor Betriebsamkeit. Linienboote, Wassertaxis und die typischen schwarzen Gondeln beförderten Massen von Passagieren. Die Stimmung war ausgelassen, nicht nur in den Booten. Überall feierten maskierte, in farbenfrohe Gewänder gehüllte Touristen den letzten Tag des Karnevals. Manche Gassen waren so überfüllt, dass Raffael sich geradezu durchkämpfen musste. Dank seiner stattlichen Größe gelang ihm das mühelos. Schließlich zog er mich zu einem prachtvollen Palazzo. Nach einem kurzen Blick über die Schulter öffnete er die Tür und ließ mich mit einem formvollendeten »Nach dir« vorangehen. Er bat mich, Hut und Maske abzulegen, und befestigte ein silbernes Wächterband an meinem Arm, das mich zurück in die Engelswelt bringen würde.
    Ich zwang mich zu einem Lächeln, um ihm zu beweisen, wie wenig ich mich vor der Begegnung mit Sanctifer fürchtete – gut, dass Raffael nicht hören konnte, wie aufgeregt mein Herz schon jetzt flatterte. Sanctifers verwirrendes Weltenwechselspiel beunruhigte mich. Er

Weitere Kostenlose Bücher