Fluch der Toten: Roman (German Edition)
rollten hin und her, bis Erstere sich schließlich von der anderen löste, die nun keuchte und blutete. Anna runzelte die Stirn. Das verletzte Tier würde in Kürze dem gleichen viralen Fluch zum Opfer fallen.
Wieder und wieder griff die infizierte Ratte ihre Gefährten im Käfig an. Einer nach dem anderen unterlag. Schließlich war nur noch die geimpfte Ratte übrig.
Anna beugte sich auf ihrem Sitz nach vorne. Nun kam der Augenblick der Wahrheit. Natürlich würde die geimpfte Ratte gebissen werden. Aber würde sie sich auch verwandeln? Das war die Frage.
Beide Tiere standen sich in einer Käfigecke gegenüber. Die infizierte Ratte zögerte nicht. Sie griff die geimpfte frontal an. Wieder wogte ein Kampf hin und her und endete fast wie die anderen: Die geimpfte Ratte lag verletzt und nach Luft schnappend da, während die infizierte auf der Suche nach frischer Beute davonwankte.
Anna griff schnell in den Käfig, holte das geimpfte Tier heraus und ließ es in einem anderen Beobachtungskäfig frei. Sie musste noch eine Weile warten, um zu sehen, ob auch dieses Tier die Symptome des Erregers zeigte. Wenn nicht…Tja, nur die Zeit konnte ihr die Antwort geben.
Anna nahm den Käfig mit den infizierten Ratten, ging zu einer Wandklappe mit der Aufschrift MÜLLVERBRENNUNG , warf ihn hinein und ließ die Eisentür hinter ihm zufallen. Dann kehrte sie an ihren Sitzplatz und zu der geimpften Ratte zurück, faltete die Hände im Schoß – sie trug natürlich Handschuhe – und wartete.
***
Hinter dem HQ saßen Mark Stiles und Rebecca Hall sich auf dem grasbewachsenen Hof gegenüber. Rebecca hatte die Arme um die Knie geschlungen und diese wiederum an den Brustkorb gedrückt. Stiles lümmelte sich auf der Seite und zupfte an Grashalmen.
» Okay « , sagte und wählte seine Worte mit Bedacht. » Wie heißt der beste Ort, an dem du je gewesen bist? «
» Der beste Ort? « , wiederholte Rebecca. Ein Hauch von Nachdenklichkeit legte sich über ihre Miene. » Ganz ehrlich? Zuhause. Zuhause gibt es Dinge, die ich erst richtig zu schätzen wusste, nachdem ich fortgegangen war. Die Art, wie es dort riecht. Das Alltägliche. Die klebrige Hintertür. Meine Mutter hatte hinten raus ein Gärtchen. Jedes Jahr hat sie Erdbeermarmelade eingekocht. Ich habe ihr geholfen, sie einzukochen. Wir wohnen so weit vom Rest der Welt entfernt, dass man im Winter, wenn es schneit, vergessen kann, dass man auf der Erde lebt. Alles ist absolut still. Vollkommen still. Yeah. Mein Zuhause ist der beste Ort, an dem ich je gewesen bin. «
Stiles nickte. » Klingt wirklich schön. «
» Inzwischen hat man es vermutlich längst niedergebrannt. « Rebecca schaute zu Boden. » Ich weiß nicht mal, ob meine Mutter noch lebt. «
» He! « , sagte Stiles. » So wird das Spiel nicht gespielt. Hier geht’s nur um glückliche Erinnerungen, klar? «
Rebecca brauchte einen Moment, um zu antworten. » Stimmt. Verzeihung. «
Stiles schaute die junge Frau einen Moment länger an. Da sie nichts mehr sagte, sagte er: » Jetzt bist du mit dem Fragen an der Reihe. «
» Stimmt « , sagte Rebecca. Sie saß eine Weile still da, dann schaute sie auf. » Was war dein schönster Moment? «
» Was meinst du? « , fragte Stiles. » Meinst du in meinem ganzen Leben? «
Becky nickte.
» Das ist leicht. « Stiles grinste. » Als ich in Hyattsburg das Ablenkungsmanöver durchgezogen habe. Ich bin davon ausgegangen, praktisch tot zu sein. Aber was war das für ein Tod? Ich rettete Leben, indem ich mein eigenes Leben opferte…Ich weiß nicht, ob sich mir diese Gelegenheit je wieder bietet. Die meisten von uns kriegen sie nicht einmal. Und die Hälfte der Leute, die sie kriegen, steht rum und lässt sie verstreichen. Es klingt irre, oder? Aber wir sind überall von sinnlosem Tod umgeben. Mein Tod hätte aber eine Bedeutung gehabt. Ja, genau. Das war für mich der beste Moment. «
» Es ist ein guter bester Moment « , sagte Rebecca. Ein Lächeln ließ ihre Mundwinkel zucken. » Sonst hätten wir es wahrscheinlich nicht geschafft. «
» Und ich hätte es ohne dich nicht geschafft « , fügte Stiles hinzu und legte seine Hand auf Rebeccas Arm.
Rebecca wich abrupt zurück, zog die Beine dichter an sich und verengte den Griff um ihre Knie. » Es war nur mein Job. Das hab ich doch schon mal gesagt. Du schuldest mir nichts. «
Bevor Stiles eine Antwort formulieren konnte, war Rebecca schon aufgestanden und klopfte die Sitzfläche ihrer Hose ab.
» Tut mir wirklich leid, aber
Weitere Kostenlose Bücher