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Fluch der Unsterblichkeit

Fluch der Unsterblichkeit

Titel: Fluch der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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gemacht.
    »Vor kurzer Zeit träumte ich, ich stand in der Mitte eines schwarzen Tempels«, begann er zu erzählen, »und Hades, der Herr, kam und trat neben mich, er nahm mein Handgelenk und befahl mir, mit ihm zu kommen. Aber ich sagte ›Nein‹ und wachte auf. Das hat mich beunruhigt.«
    »Was hattest du am Abend zuvor gegessen? Beeren vom Heißen Ort?«
    »Lach nicht, bitte. – Dann, in einer späteren Nacht, träumte ich, ich stand in einer Gegend voll Sand und Finsternis. Die Stärke der alten Helden lag über mir, und ich kämpfte einen Kampf mit Antaios, dem Sohn der Erde, und vernichtete ihn. Dann kam Hades, der Herr, wieder zu mir, nahm mich am Arm und sagte ›Komm nun mit mir‹. Aber wieder lehnte ich ab und wachte auf. Die Erde bebte.«
    »Und das ist alles?«
    »Nein. Dann, vor noch kürzerer Zeit, träumte ich im Wachen einen Traum. Wie Phoebos rang ich mit dem Ungeheuer Python und wurde von ihm beinahe getötet. Diesmal kam Hades, der Herr, nicht, aber als ich mich umwendete, stand Hermes da, sein Bote, und richtete seinen Hügelstab wie ein Gewehr auf mich. Ich schüttelte den Kopf, er senkte den Stab. Dann hob er ihn erneut und deutete in die Ferne, und ich blickte dahin, wohin er gedeutet hatte.
    Und vor mir lag Athen – diese Stelle hier, dieses Theater und du – und alte Weiber hockten da. Die eine, die den Lebensfaden abmißt, zog ein beleidigtes Gesicht, denn sie hatte deinen Faden um den Horizont gewickelt, und fand die Enden nicht. Aber die andere, die Weberin, hatte deinen Faden in zwei sehr dünne Stränge geteilt. Einer lief rückwärts über die See und verlor sich in der Ferne. Der andere führte hinauf in die Berge. Auf dem ersten Hügel stand der Tote Mann und hielt deinen Faden in seiner weißen Hand. Hinter ihm, auf dem nächsten Hügel, lief der Faden über einen brennenden Felsen. Auf dem Hügel hinter dem brennenden Felsen stand das Schwarze Tier und biß in deinen Faden und schüttelte ihn hin und her.
    Und die ganze Länge des Fadens entlang stolzierte ein fremder Krieger, gelb seine Augen und nackt die Klinge in seiner Hand, und er hob sie drohend.
    Also bin ich nach Athen hinabgestiegen, um dir zu sagen, du mußt umkehren, zurück über die Meere – um dich zu warnen, so daß du nicht in die Hügel hinaufsteigst, wo der Tod auf dich wartet. Denn ich wußte, als Hermes den Stab hob, daß die Träume nicht für mich bestimmt waren, sondern für dich, o mein Vater, und daß ich dich hier finden und dich warnen mußte. Geh jetzt fort, solange du es noch kannst. Geh zurück. Bitte.«
    Ich legte ihm die Hand auf die Schulter.
    »Jason, mein Sohn, ich kehre nicht um. Ich übernehme die volle Verantwortung für meine Handlungen, ob richtig, ob falsch – einschließlich meines eigenen Todes, wenn es sein muß. – Ich muß diesmal in die Hügel hinaufsteigen, dazu noch ganz in die Nähe des Heißen Ortes. Dank für deine Warnung. Es tut mir leid, daß ich ihr nicht folgen darf.«
    »Dann werde ich zu meiner Herde zurückkehren.«
    »Komm mit mir ins Gasthaus. Wir nehmen dich morgen im Gleiter bis Lamia mit.«
    »Nein. Ich schlafe nicht in großen Häusern, und ich fliege nicht.«
    »Nun, dann ist es wohl an der Zeit, daß du damit anfängst. Aber ich werde mich dir anpassen. Wir können heute nacht hier kampieren. Ich bin der Bevollmächtigte dieses Monuments.«
    »Ich habe gehört, daß du wieder ein bedeutender Mann in der Großen Regierung bist. Wird es noch mehr Morde geben?«
    »Ich hoffe nicht.«
    Wir fanden eine flache Stelle und legten uns auf seinen Mantel.
    »Wie deutest du die Träume?« fragte ich.
    »Deine Geschenke erreichen uns in jedem Frühling, aber wann bist du selbst zum letzten Mal zu Besuch gekommen?«
    »Es war etwa vor neunzehn Jahren«, sagte ich.
    »Dann weißt du nichts über den Toten Mann?«
    »Nein.«
    »Er ist größer als die meisten Männer, länger, dicker, sein Fleisch hat die Farbe eines Fischbauchs, die Zähne sind die Zähne von Tieren. Man begann vor etwa fünfzehn Jahren von ihm zu reden. Er kommt nur nachts hervor. Er trinkt Blut. Er zündet Kirchen an. Er läßt die Milch stocken. Er ist schuld an Fehlgeburten, weil die Weiber sich fürchten. Am Tage, sagt man, schläft er in einem Sarg, den die Leute vom Stamm der Koureten bewachen.«
    »Das klingt ja fast so schlimm, als wäre es ein Kallikanzaros.«
    »Es gibt diesen Mann wirklich, Vater. Vor einiger Zeit sind ständig Schafe von mir getötet worden. Wer oder was immer der Täter war,

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