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Fluch der Unsterblichkeit

Fluch der Unsterblichkeit

Titel: Fluch der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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auf Prokrustes’ Befehl hin auf.
    Moreby und Prokrustes gingen voran, und wir wurden durch die Nacht fortgeschleppt.
     
    Während wir über den holperigen Pfad davongetragen wurden, verwandelte sich die Welt um uns. Das ist immer so, wenn man sich einem Heißen Ort nähert. Es ist wie eine Rückwärtswanderung durch geologische Epochen.
    Die Bäume entlang des Pfades veränderten sich mehr und mehr. Schließlich schwankten wir durch ein feuchtes Gewölbe unter dunklen Türmen mit farnähnlichem Blattwerk, und durch die Blätter beobachteten uns Kreaturen mit schmalen gelben Augen. Hoch über uns war die Nacht wie ein Tuch, das zeltartig über die Baumwipfel gespannt und mit undeutlichen Sternmarkierungen bestickt war. Vogelähnliche Rufe drangen aus dem Riesenwald. Weiter vorn überquerte eine dunkle Gestalt den Pfad.
    Während man uns weitertrug, wurden die Bäume, die den Pfad einsäumten, allmählich immer kleiner und die Abstände zwischen ihnen wurden weiter. Aber es waren keine Bäume, wie die hinten im Dorf. Es waren verdrehte, sich windende Formen, mit Algenwirbeln als Äste, mit knorrigen Stämmen, bloßliegenden Wurzeln, die langsam über den Boden krochen. Winzige Wesen machten raschelnde Geräusche, wenn sie vor dem Licht von Morebys Taschenlampe davonhuschten.
    Wenn ich den Kopf drehte, konnte ich ein schwaches pulsierendes Glimmen dicht an der Grenze des sichtbaren Spektrums erkennen. Es kam von weiter vorn.
    Unter uns tauchten üppige dunkle Lianen auf. Sie wanden sich, wenn einer unserer Träger auf sie trat.
    Dann wurden die Bäume zu einfachen Farnen. Und dann verschwanden auch diese. Große Flächen blutroter Flechten traten an ihre Stelle. Sie wuchsen überall auf den Felsen und leuchteten schwach.
    Es gab keine Tierlaute mehr. Es gab überhaupt keine Geräusche mehr, nur das Keuchen unserer vier Träger, die Schritte und das gelegentliche gedämpfte Klicken, wenn Prokrustes’ Automatik an einen bewachsenen Felsblock stieß.
    Unsere Träger hatten Messer im Gürtel. Moreby trug mehrere Klingen und eine kleine Pistole bei sich.
    Der Pfad stieg jetzt steil an. Einer der Träger fluchte. Das Zelt der Nacht wurde an den Ecken heruntergezogen: Es stieß auf den Horizont und war von einem sehr schwachen bläulichen Dunst erfüllt, dünner als der ausgestoßene Rauch einer Zigarette. Langsam, wie ein Teufelsfisch, der sich aufs Wasser niederläßt, zog hoch über uns die dunkle Silhouette einer Spinnenfledermaus vor dem Antlitz des Mondes vorbei.
    Prokrustes stürzte zu Boden.
    Moreby half ihm auf, doch Prokrustes schwankte und mußte sich auf ihn stützen.
    »Was fehlt Euch, Herr?«
    »Ein plötzlicher Schwindel und Stumpfheit in den Gliedern … Nehmt mein Gewehr. Es wird mir zu schwer.«
    Hasan kicherte in sich hinein.
    Prokrustes wendete sich zu Hasan. Sein Marionettenkinn fiel nach unten.
    Dann sackte auch er zusammen.
    Moreby hatte gerade das Gewehr übernommen, er hatte die Hände voll. Die Wachen setzten uns ziemlich hastig ab und eilten zu Prokrustes.
    »Habt ihr Wasser?« fragte er und schloß die Augen.
    Er öffnete sie nicht wieder.
    Moreby horchte ihm die Brust ab.
    »Er ist tot«, verkündete er schließlich.
    »Tot?«
    Der Träger, der ganz voller Narben war, begann zu weinen.
    »Er war guuut«, schluchzte er. »Er war ein grooooßer Kriegshäuptling. Was sollen wir jetzt tun?«
    »Er ist tot«, wiederholte Moreby, »und ich bin euer Anführer, bis ein neuer Kriegshäuptling gewählt ist. Wickelt ihn in eure Mäntel. Legt ihn auf den flachen Felsen dort vorn. Hierher kommen keine Tiere, so wird ihm nichts geschehen. Wir werden ihn auf dem Rückweg mitnehmen. Jetzt aber müssen wir erst Rache an diesen beiden hier nehmen.« Er machte eine Bewegung mit seinem Stab. »Das Tal des Schlafs liegt nahe vor uns. Ihr habt die Pillen eingenommen, die ich euch gegeben habe?«
    »Ja.«
    »Sehr gut. Nehmt jetzt eure Mäntel und wickelt ihn hinein.«
    Sie taten es, und kurz darauf wurden wir wieder aufgehoben und zum Kamm eines Hügels hinaufgetragen, von dem aus ein Pfad in eine fluoreszierende blatternarbige Grube hinabführte. Die großen Felsblöcke ringsum wirkten beinahe, als brennten sie.
    »Dies hier«, sagte ich zu Hasan, »hat mir mein Sohn als einen Ort beschrieben, an dem mein Lebensfaden über einen brennenden Felsen läuft. Er sah mich von dem Toten Mann bedroht, aber die Parzen haben es sich anders überlegt und die Bedrohung an dich weitergegeben. Früher, als ich nicht mehr als ein

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