Fluch des Magiers
elende Katzenfrau den Fluss hochfuhr, war wie vom Erdboden – oder in diesem Fall wie von der Wasseroberfläche – verschwunden. Dabei hatte er nach dem Misslingen des Anschlags auf die Fährstation alles für einen harten, entscheidenden Schlag vorbereitet. Der aber musste nun unterbleiben.
Mit einer wuterfüllten Geste wandte er sich dem Mann zu, der in ehrfürchtiger Haltung vor ihm kniete. »Wie konnte die Katze entkommen?«
»Ich weiß es nicht, mein Ahne. Die Falle war gut vorbereitet, doch die blaue Dämonin Ilyna muss dieses Wesen davor gewarnt haben«, antwortete der Mann verzweifelt.
»Solche Ammenmärchen kannst du kleinen Kindern erzählen, Enkel, aber nicht mir. Deine Männer haben versagt. Anders ist es nicht zu erklären.«
Tenealras, Priesterkönig von Tenelian, wand sich unter diesen harten Worten wie ein Wurm. »Ich habe meine besten Männer geschickt, Gewaltiger, und sie den fähigsten Erwählten unterstellt. Es hätte nichts schiefgehen dürfen.«
Erulim blickte auf den Mann herab, der wie einige andere von einer seiner Töchter innerhalb eines sorgfältigen Zuchtprogramms geboren worden war, und begriff, dass Tenealras alles getan hatte, was in seiner Macht stand, um die Katzenfrau und ihr Gefolge zu fangen. Und dennoch war es misslungen! Sein Zorn forderte ein Opfer, doch er wusste genau, dass er ihn nicht an Tenealras auslassen durfte. Tenelian war seine mächtigste Bastion auf dieser Seite des Großen Stromes und musste es bleiben. Seine Gedanken wanderten zu der Katzenfrau, die seine Aktionen schon mehrfach gestört hatte, und sein Optimismus schwand.
Er hatte T’wool destabilisieren und dem schwarzen Evari Tharon damit seines stärksten Rückhalts berauben wollen. Doch mittlerweile herrschte Arendhar IV. unangefochtener als je zuvor und hatte seinen Einfluss bis ans Ostufer des Toisserech ausgedehnt. Auch Thilion war ihm durch Laisas Schuld entglitten.
»Laisa!« Erulims Stimme bebte vor Hass.
Besser als mit diesem Namen hätten seine Feinde ihm nicht unter die Nase reiben können, dass ihre neue Verbündete eine Tochter Nelaisans war, der einstigen Eirun-Königin von Erandhon. Bereits das machte sie zu einer Gegnerin, die er nicht unterschätzen durfte. Dazu kam noch das Erbe ihres Vaters, eines exzellenten Gestaltwandlermagiers aus einer der berühmtesten Sippen des Blauen Landes. Laisa hätte sein persönliches Werkzeug werden sollen, doch es war einem seiner Feinde gelungen, den in Katzengestalt versteinerten Säugling zu rauben.
»Soll ich den Bärenfluss sperren lassen, mein Ahne?«, fragte Tenealras, um sich wieder in Erinnerung zu bringen.
Erulim winkte ab. »Nein, du würdest damit unsere Nachbarn noch mehr gegen dich aufbringen. Fangen können wir die Katze auf diese Weise nicht. Schicke Boten an alle unsere Verbündeten. Wenn sie dieses Biest sehen, sollen sie versuchen, es gefangen zu nehmen und sicher zu verwahren. Gelingt dies nicht, muss Laisa getötet werden! Sonst wird sie zu einer zu großen Gefahr für meine Pläne.«
Der letzte Satz tat Erulim bereits leid, kaum dass er ihn ausgesprochen hatte. Für Tenealras und all seine Nachkommen musste er als unbesiegbar, ja, als allmächtig gelten. Keiner durfte je erfahren, dass er Angst vor Laisa hatte.
Diese Frau hatte nicht nur Wassarghan, seinen Mentor im Schwarzen Land, lächerlich gemacht und des größten Teiles seines Einflusses beraubt, sondern auch seinen Enkel Neldion von Tharalin getötet. Dieser war der Anführer seiner Erwählten gewesen und hätte der nächste König von Thilion werden sollen. Auch von seinen magisch ausgebildeten Kriegern waren schon zu viele Laisa zum Opfer gefallen. Menschen, die das notwendige Talent besaßen, waren dünn gesät, und es dauerte in der Regel Jahrzehnte, bis seine Magierkrieger so gut ausgebildet waren, dass sie eingesetzt werden konnten.
Diese Überlegung brachte ihn auf ein anderes Thema. »Da wir das Fürstentum Tharalin verloren haben, werden wir das Hauptquartier der Erwählten hier in Tenelian aufschlagen. Sorge dafür, dass alles in die Wege geleitet wird, Enkel, und enttäusche mich nicht noch einmal!«
Der Warnung fehlte der Nachdruck, weil Erulim nicht auf Tenealras verzichten konnte. Den Erbregeln der Reiche im Süden zufolge galt König Reodhil von Thilion als der nächste Erbe dieses Landes – und der hielt zum Feind.
Viertes Kapitel
Der Fluch von Rhyallun
T haron hatte es eilig, nach Süden zu kommen, und setzte daher mehrfach
Weitere Kostenlose Bücher