Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)
herrlich!
Getrübt wurden Freude und Nachtruhe lediglich durch die Ratten, die – ein Mysterium dieses Landes – nachts einfach überall waren: in den dichtesten Wäldern ebenso wie im offenen Hügelland, in den Dörfern wie an den einsamsten Stränden. Der Proviant war geschützt, da man ihn vorsorglich an Stangen aufgehängt hatte, aber selbst die Männer, die daran gewöhnt waren, dass die vorwitzigen Nager auf ihren Körpern herumspazierten, während sie schliefen, wurden durch die Flüche und Geräusche wach gehalten, die diejenigen von sich gaben, die das Gewimmel einfach nicht ertragen konnten. Einzelne wurden sogar gebissen.
Entsprechend ernüchtert und übernächtigt gingen sie am nächsten Morgen weiter und erreichten den Waipa River und Whatawhata, die erste Maorisiedlung auf ihrem Weg, erst am Nachmittag. Das natürliche Misstrauen der Maori gegen zweihundert bewaffnete Pakeha, die in ihr ureigenstes Gebiet eindrangen, suchte von Tempsky durch Freundschaftsbezeigungen und sehr gute Preise für die Tauschwaren zu beschwichtigen; ließ aber nicht unerwähnt, dass sein Name Manu-Rau sei, unterwegs, um einige aufsässige Rebellen im Süden zu bekriegen.
Er ließ dem großen König Tawhiao, der zehn Meilen flussabwärts in Ngaruawaiha residierte, seine freundlichsten Grüße übermitteln, dann aber das Lager flussaufwärts aufschlagen, was ein zumindest psychologischer Affront war, da es bedeutete, dass die Maori am nächsten Morgen das von den Fäkalien der Weißen verunreinigte Wasser trinken würden. Das Ganze war genau die höfliche Mischung aus Diplomatie und Provokation, Freundlichkeit und Frechheit, die er auf seinem gesamten Weg beibehalten wollte.
Die meisten der jungen Australier, und unter ihnen auch Gowers, sahen in Whatawhata zum ersten Mal die echte Wahine oder Maorifrau, denn die Damen, die ihnen ihre Schlafsäcke genäht hatten, waren christianisiert und europäisch bekleidet gewesen. Am seltsamsten an den üppigen dunklen Schönheiten, die ihnen jetzt begegneten, waren die rosigen kleinen Schweinchen, die von manchen der Frauen wie Schoßhündchen gehalten und gehätschelt wurden, die sie streichelten und bisweilen sogar an ihren zu ebendiesem Zweck entblößten Brüsten lecken ließen. Um zu verhindern, dass seine sexuell ausgehungerten Männer sich an die Stelle der Schweinchen setzten, ließ von Tempsky an diesem Abend eine doppelte Reihe von Wachtposten aufstellen – eine äußere, die das Lager gegen die Maori, und eine innere, die die Maori und insbesondere ihre Frauen vor den aufgereizten jungen Pakeha schützen sollte.
Am nächsten Morgen zogen sie zeitig weiter, den Waipa hinauf, einen trägen, braunen Fluss von Torfwasser, der trotz oder wegen seiner geringen Strömungsgeschwindigkeit eine Tiefe von acht bis zwölf Fuß aufwies und sehr fischreich war. Der Proviantsorgen damit fürs Erste enthoben, folgten sie seinem Lauf zwei Tage lang flussaufwärts, wobei sie meist auf der westlichen der beiden breiten Terrassen marschierten, die das Wasser in die umliegende Hügellandschaft gewaschen hatte. Sie bemerkten jetzt auch, dass sie rund um die Uhr beobachtet wurden, und als er sicher war, dass König Tawhiao durch seine Läuferketten pausenlos
über ihr Tun und Lassen unterrichtet wurde, stellte von Tempsky zwischen Puke Houa und dem Einlass des Mangahoe zum ersten Mal seine Staffelei auf.
Der Pirongia bot von hier aus einen wahrhaft grandiosen Anblick, und man wurde in der Tat nicht müde, ihn zu betrachten, da seine vielen Gipfel von jedem Standpunkt aus neue Formen anzunehmen schienen. Von Tempsky war allerdings kein reiner Landschaftsmaler, und deshalb ließ er seine Männer durch den Vordergrund marschieren, was dazu führte, dass sie ihn in einem weiten, ununterbrochenen Zug umkreisten. Bei einigen inzwischen recht fußmüden Soldaten führte das zwar zu Unmut und einigen bissigen Bemerkungen, aber die Verwirrung, die die Meldung »Manu-Rau malt die Berge, und seine Männer marschieren um ihn herum« bei den Maori auslösen würde, war etwas Unmut und ein paar Witze wert.
Nach einer ruhigen Nacht, in der allerdings erstmals ein wenig Regen fiel, sodass sie die Kautschukdecken, die von Tempsky hatte ausgeben lassen, schätzen lernten, wandten sie sich geradewegs nach Osten und erreichten am Abend des folgenden Tages Rangiawhia. Diese vermutlich größte Maoriansiedlung inmitten des Waikato-Beckens war beinahe schon eine Stadt und entsprechend zivilisiert. Sie
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