Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)
essen!«
Gandalod schwitzte vor Angst, als das Mädchen unschlüssig näher kam.
»Haben wir ein feuchtes Tuch hier?«, fragte Bonneterre. Dann tauchte er sein eigenes Taschentuch in einen Eimer mit Wasser und reichte es Darioleta. »Wisch ihm mal das Gesicht ab. Der arme Kerl schwitzt sich ja zu Tode.«
»Tu es nicht«, sagte Gandalod leise und erkannte seine eigene Stimme nicht mehr. Als sie zögerte, sauste plötzlich Bonneterres Spazierstock durch die Luft und landete pfeifend auf Darioletas Rücken.
»Tu, was ich sage, Mädchen, oder du wirst es bereuen!«
Darioleta, die vor Schmerz und Schreck aufgeschrien hatte, beeilte sich zu gehorchen. Ihre Hände zitterten, und Gandalod begann zur Befriedigung der mitleidlosen Zuschauer zu weinen.
»Jetzt gib ihm zu essen«, sagte Bonneterre noch einmal, und obwohl Gandalod immer wieder den Kopf wegdrehte, schaffte sie es schließlich, ein Stück Brot in seinen Mund zu stecken. Er spuckte es aus, und ein zweiter, womöglich noch härterer Schlag traf Darioletas Rücken. Nun schossen auch ihr die Tränen in die Augen, und Gandalod aß irgendwann, aß und trank aus den Händen des unglücklichen Mädchens, und Bonneterre wusste bereits, dass er gewonnen hatte, noch ehe er ihr die Kleider vom Leib schnitt.
Zwei Stunden später war Desmond Bonneterres Reputation als Niggerbreaker vollständig wiederhergestellt. Sie wussten jetzt, dass Moses eine Frau war, wussten, wie sie ihre Nigger gestohlen und wohin sie sie geführt hatte, wussten auch, dass sie auf ein Schiff warteten. Ein ortskundiger Nigger oder Cajun, der sie nach Barataria führen konnte, würde sich rasch finden lassen. Das einzige Problem waren die Beschwerden der Nachbarn und der übrigen Hotelgäste, die sich durch die entsetzlichen Schreie in ihrer Nachtruhe gestört fühlten.
»Selbstverständlich können Sie mit Ihren Niggern tun, was Sie
wollen, Gentlemen«, sagte der erregte Hauswirt nach einem angewiderten Blick auf das nackte, blutende Mädchen. »Nur nicht um diese Zeit, bitte sehr!«
Aber eine rasch durchgeführte Kollekte, die eine Summe von beinahe vierzig Dollar ergab, brachte auch diesen vehementen Protest zum Verstummen.
85.
Die Überquerung des Waitetuna, eines kleinen, aber reißenden Flusses mit steilen Uferböschungen, war eine erste Herausforderung, doch glich der weitere Aufstieg der Forest Ranger in die westlichen Ausläufer der Hakarimata Range eher einem Sonntagsausflug. Der Pfad führte durch einen lichten Bergwald, die Luft war angenehm warm und erfüllt vom Blütenduft einer Orchideenart, die sich überall an die Bäume klammerte. Schon am Nachmittag hatten sie Te kapa ama hanga, eine große Freifläche auf der Passhöhe, erreicht, und von Tempsky gab mithilfe eines Spiegels dem weit unten in der Whaingaroa-Bucht ankernden Schiff das vereinbarte Signal zur Abfahrt. Es war der 19. März 1868, er war nun auf dem Weg, und McDonnell würde in wenigen Tagen wissen, dass er von jetzt an in drei bis vier Wochen nach Norden, den Wanganui River hinauf, blicken musste, um die Verstärkung seiner Armee heranmarschieren zu sehen.
Ostwärts, die Wasserscheide hinab, war ihr Weg nun einer der besten und gangbarsten Fußpfade Neuseelands, führte Hügelkamm nach Hügelkamm über offenes Farnland. Vor ihnen lag das Tiefland des mittleren Waikato-Beckens, so fruchtbar und grün, dass von Tempsky es nur mit den weiten Ebenen Ungarns vergleichen konnte, die er als Junge gesehen hatte. Sie gingen noch ein, zwei Meilen weiter, und die Männer waren so gut gelaunt, dass sie sangen. Der Weg über Land, auf den ihr Anführer sie so gründlich vorbereitet und vor dem sie sich gegenseitig
ob seiner Wildheit und Gefahren gewarnt hatten, schien ja eher eine Vergnügungsreise zu werden.
Am frühen Abend schlugen sie ein zwangloses Lager auf, das fast einem Picknick glich, denn das Wetter war gut, und von Tempsky verzichtete darauf, die Zelte aufbauen zu lassen. Der überall wachsende Farn bildete, ausgerissen und in einer bestimmten, leicht zu erlernenden Weise zusammengelegt, eine Matratze, die weit angenehmer war als die harten Schiffsplanken und sogar den Vergleich mit europäischen Hotelbetten nicht zu scheuen brauchte. Die Sandfliegen verschwanden mit der hereinbrechenden Dunkelheit spurlos, Moskitos gab es Mitte März überhaupt nicht mehr, in der Asche rasch entzündeter Lagerfeuer garten die »Damper«, flache Weizenkuchen, die man süß oder gesalzen essen konnte – das Leben im Feld war
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