Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)
von ihnen abhängigen
Schwerindustrie fielen mit dem Transportaufkommen. Dadurch hatten die Banken des industrialisierten Nordens immer weniger Geld zur Verfügung und konnten nur hoffen, dass der Weizenexport nach Europa stabil blieb; eine Hoffnung, die sich zerschlug, als 1856 der Krimkrieg endete und die billigen Erträge der endlosen Weizenfelder Russlands den amerikanischen Weizen vom Markt drängten, als hätte es ihn nie gegeben.
Gleichzeitig verdoppelte sich im prosperierenden Süden die Baumwollproduktion auf mehr als zwei Milliarden Pound, die Sklaven haltenden Baumwollpflanzer benötigten immer dringender billige Arbeitskräfte und dachten ernsthaft darüber nach, den vor einem halben Jahrhundert geächteten transatlantischen Sklavenhandel wieder einzuführen. Die erfolgreichen Jahrzehnte des Abolitionismus 5 schienen vorbei und die Idee von einer allgemeinen Sklavenbefreiung ein politisches Auslaufmodell zu sein.
Wie immer in solchen Situationen appellierte die politisch und wirtschaftlich unterlegene Partei oder Bewegung an ihre eigene moralische Stärke, und bis weit ins freie Illinois hinein ergingen die flammenden Aufrufe der Abolitionisten, sich massenhaft in St. Louis einzufinden, um auf der Versammlung der Literarischen Gesellschaft Zeugnis abzulegen für die Freiheit des Menschen unter Gott.
Aber just an diesem 24. August 1857, als Mrs. Sheperd in Vertretung des erkrankten Professors Hartford, der so etwas geahnt haben mochte, die Glocke erhob und um Ruhe bat, hatte Charles Stetson, Präsident der Ohio Life Insurance Company , die Zahlungsunfähigkeit seiner Gesellschaft erklären müssen. Die Kreditgeber dieses Unternehmens, einige New Yorker Großbanken, hatten daraufhin ihre Darlehen von den nächstkleineren Banken zurückgerufen, und diese waren in kürzester Zeit ebenfalls bankrott, da die besorgten Kunden massenhaft ihre Einlagen abhoben. So wurde eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt, der bis zum Ende des Jahres nicht weniger als fünftausend Industrieunternehmen zum Opfer fielen und die als die erste große Wirtschaftskrise des Industriezeitalters bekannt werden sollte. Keine gute Zeit für die Freiheit des Menschen.
26.
Obwohl man auf den Ansturm nicht vorbereitet war, wurde man seiner doch überraschend leicht Herr, was vor allem daran lag, dass die angereisten Sklavereigegner, Abolitionisten, Quäker und Puritaner sehr disziplinierte Fanatiker waren. Anstandslos ließen sie sich von Miss Pringle Plätze anweisen, rückten zusammen und rückten noch weiter zusammen, als die Zuhörer immer zahlreicher wurden, bis sie einander, allerdings streng nach Geschlecht getrennt, praktisch auf dem Schoß saßen.
Der Vorstand der Literarischen Gesellschaft, der erhöht auf einem kleinen Podium vor dem einzigen Tisch des Saals den ihm gebührenden Platz eingenommen hatte, entdeckte auch unter den übrigen Anwesenden nur wenige bekannte Gesichter. Das Ehepaar Prendergast, das seit Jahren keine Möglichkeit zu gemeinsamer literarischer Erbauung ausließ, mehrere ehemalige Zöglinge des Pringle’schen Instituts, die aus ihrer anhänglichen und hartnäckigen Verehrung für ihre Lehrerin keinen Hehl machten und zum Teil bereits mit ihren deutlich distanzierteren Ehegatten erschienen waren. Der Anwalt Clay Simpson mit Ehefrau und den drei nun schon etwas zu lange unverheirateten Töchtern. Mrs. Dorfman natürlich, die wie immer ihr Strickzeug mitgebracht hatte, oder jener merkwürdige junge Mann mit der blauen Brille, von dem es hieß, er sei ein Mississippilotse und habe auf jeder seiner Fahrten einige Bücher der Literarischen Gesellschaft dabei. Mrs. Sheperd nickte insbesondere dem Schießpulverfabrikanten John Lafflin zu, der paradoxerweise ein enger Freund des vor drei Jahren verstorbenen Friedensrichters gewesen war, sich aber für ihren Geschmack viel zu selten in den Versammlungen sehen ließ und trotz seiner fünfundsiebzig Jahre auch jetzt nur in der Tür stand.
Mittendrin aber, und gewissermaßen das Gros der nichtabolitionistischen Zuhörer bildend, saß eine große Gruppe unbekannter Männer, deren Äußeres, die eleganten Anzüge, die geschnitzten Spazierstöcke, deren lange Haare und mit großer Sorgfalt getrimmte Schnurrbärte sie als klassische Gentlemen des Südens auswiesen. Tatsächlich hatten sich vor allem die Jüngeren unter ihnen, Bonneterre, Cheever, Huggins und die beiden Willoughbys, mächtig in Wichs und Schale geworfen und fühlten sich nun wie Gralsritter in einer
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