Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)
stellte: »Nicht auch für andere?«
John überlegte. »Das ist verdammt gefährlich und hat nur geringe Aussichten auf Erfolg. Und es wird schwieriger mit jedem, den man auf diesem Weg mitnehmen will.«
Endlich fand Lafflin sein Lächeln wieder. »Nun, Mr. Gowers«,
sagte er, »ich habe nicht behauptet, dass Sie etwas Einfaches für mich tun sollen!«
»Worum geht es, Sir?«, fragte John, der dieses Spielchen allmählich leid war.
»Was wissen Sie über Barataria ?« Lafflin drückte seine Zigarre aus und beugte sich zu dem jungen Mann hinüber.
»Wenig«, antwortete John. »Ein paar alte Cajuns erzählen gelegentlich davon. Vor fünfzig Jahren war es so eine Art Schmugglerkönigreich in den Sümpfen vor New Orleans.«
»Republik«, widersprach der alte Mann, »Schmugglerrepublik, Mr. Gowers. Ansonsten stimmt das so weit. In Barataria sitzen einige Dutzend Leute fest, die ich nach Norden bringen möchte. Das Problem ist, dass sie nicht gesehen werden dürfen.«
»Ich verstehe, Sir«, sagte John. »Auf dem Fluss kann ich das weitgehend garantieren. Nur den Weg nach Barataria kenne ich nicht.«
»Aber ich«, erwiderte John Lafflin.
38.
Nell Fagan sah so schrecklich aus in ihrem Zorn, den blutigen Fetzen Stoff um ihr halbes Gesicht gewunden, die Pistole in der Hand, dass ihren eigenen Leuten grauste.
»Da sind sie!«, rief Cousine Gwynn und hüpfte auf einem Schuttkegel auf und ab. »Hier! Hierher! Da sind sie!« Sie zeigte auf einen rasch voraneilenden Schatten, eine Spur dunkler als die Nacht.
Als die Bande ein Ziel hatte, bewegte sie sich deutlich schneller und koordinierter, aber kaum hatte sie ein Ziel, als Cousin Marcus, schneller auf den Füßen als alle anderen und ihnen mehr als ein Dutzend Meter voraus, auch schon warnte: »Schmiere! Da vorn!«
Der Anblick der Fackeln, noch weit entfernt, aber stetig näher kommend, brachte die Verfolgung der Flüchtigen zum Erliegen.
Nur Nell und ihr Bruder liefen noch ein Stück weiter, und als sie keine dreißig Meter mehr von Gowers und den Kindern entfernt waren, nahm die Anführerin die Waffe in beide Hände, zielte und schoss.
William Blampin hatte auf Geheiß General Harewoods die Polizei alarmiert und auf gut Glück in die Richtung geführt, in die er Nell eines Abends einige Kilometer weit nachgegangen war – bis sie ihn bemerkt und ihm voller Hohn und Verachtung ihren nackten Hintern gezeigt hatte. Langsam und ohne große Hoffnung dirigierte er also die Beamten, die nur höchst widerwillig in das unwegsame Räuberterritorium eindrangen, nach Norden.
Immer wieder musste er auf seine Autorität als leitender Angestellter eines führenden Mitglieds des Stadtparlaments pochen, das lohnen, aber auch strafen könne, und gerade hatte sich dieses Argument endgültig erschöpft, als ein Schuss fiel. Nun waren Schüsse nicht eben etwas, was den Ermittlungseifer der Victorian Police anspornte. Solange man nicht wusste, auf wen oder was geschossen wurde, hüteten sich die Beamten im Allgemeinen sogar, sich in derartige Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit einzumischen.
Ein Schuss konnte hier draußen sonst was bedeuten; aber der Harewood-Mann schien sehr klare Vorstellungen oder Befürchtungen davon zu haben, was da vorging, und rannte jetzt wie ein Wahnsinniger in die Richtung, aus der der Schuss gekommen war. Nicht auszudenken, wenn der Mann in und unter dem Schutz der Polizei zu Tode kam! So liefen die Beamten notgedrungen hinterher, zogen nun ihrerseits die Pistolen und feuerten in die Luft – nicht um irgendetwas zu treffen, sondern im Gegenteil: um alles, was ihnen ausweichen konnte, auch zum Ausweichen zu veranlassen.
Poll Hunley hatte sich in ihre Höhle zurückgezogen und war gerade eingeschlafen, als draußen die Knallerei begann. Das war
ungewöhnlich. In den ehemaligen Goldfeldern arbeiteten selbst Meuchelmörder normalerweise mit Messern oder fantasievolleren Hieb- und Stichwaffen. Sie lauschte entsprechend angespannt, würde aber den Teufel tun und hinausgehen, um nachzuschauen, was los war. Poll machte sich klein in ihrem Drahtkäfig und duckte den Kopf nur noch ein wenig tiefer, als sie leise knirschende Schritte in dem Gemäuer über sich hörte.
»Poll«, ertönte leise eine Stimme. Aber das war ja nicht möglich. Niemand kannte ihre Zuflucht, fand den Eingang in diesen Keller – und selbst als sie schon hörte, wie mit leisem Kratzen und Scharren die Balken über der Treppe bewegt wurden, rührte sie sich
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