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Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
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einem Mund, dann fasste sich zumindest Billings wieder, den die bloße Nennung seines Namens in diesem nächtlichen Polizistenalptraum ein wenig beruhigt
hatte, zielte nach rückwärts und fragte: »Wer zum Teufel ist da?!«
    »Ich bin’s, Gowers. John Gowers. Nicht schießen!« Mit erhobenen Händen trat er auf die verwirrten Männer zu.
    »Gowers?«, fragte der Konstabler. »Der Detektiv?«
    »Investigator«, antwortete Gowers. »In Amerika sagen wir: Investigator.«
    »Was tun Sie hier?«, fragte Billings, ehe er mit einem entrüsteten Schnaufen hinzufügte: »Mann! Ich hätte mir fast in die Hose geschissen!«
    »Ich jage dieselben Leute wie Sie«, sagte Gowers. »Ich weiß, wo ihr Nest ist.«

41.
    Der Detektiv hatte es sich zum Prinzip gemacht, sein Herz, seine Empfindungen, seine eigene Meinung aus seinen Ermittlungen herauszuhalten. Sobald er bezahlt wurde, war er ein Werkzeug mit mehr oder minder klar umrissenen Aufgaben. Weil er auf diese Weise persönlich seltsam unbeteiligt an seinen Fällen war, trafen ihn auch Beleidigungen oder Vorhaltungen seiner Klienten selten persönlich. Manchmal, wenn es sich um ausgesprochene Idioten handelte, fiel das allerdings selbst ihm schwer. Im Grunde hielt Gabriel Beale die jungen Gentlemen des Südens, die sich in dem engen Hotelzimmer in St. Louis versammelt hatten und ihre feinen Anzüge durchschwitzten, also für herausgeputzte Affen. Aber solange sie ihn bezahlten, gab es keinen Grund, ihnen das zu sagen.
    Nachdem Lemuel Willard und die alten Herren, Enderby, Hunter und General Willoughby abgereist waren, betrachtete sich Desmond Bonneterre als Anführer und Vertreter ihrer Interessen, auch und gerade weil Michael Willoughby dasselbe von sich dachte. Die jungen Südstaatler hatten in den letzten Tagen aus purer Langeweile die Stadt, vor allem den Hafen und seine Schankbetriebe, nach dem impertinenten
Burschen mit der blauen Brille durchsucht. Es nagte an ihnen, dass Willard und die anderen sie an jenem Abend zurückgepfiffen hatten und ein Kerl, der die Frechheit besessen hatte, gegen ein halbes Dutzend von ihrer Sorte ein Messer zu ziehen, ungestraft davongekommen war.
    Den Fluch der Demokratie nannte Bonneterre den Umstand, dass so etwas überhaupt hatte geschehen können. Wenn im Mittelalter ein Bauer oder ein Schweinehirte die Hand erhoben  – oder eben ein Messer gezogen  – hätte gegen einen Edelmann, habe man den Kerl nach Herrenrecht ohne Prozess an den nächsten Baum gehängt, und niemand hätte danach gefragt. Hatte Cedric der Sachse je mit Wamba und Gurth diskutiert? Hugh de Lacy oder Anne of Geierstein außer Gott irgendjemanden um Rat gefragt? Diese Art Adelsherrschaft sei doch im Grunde eine sehr vernünftige Regierungsform gewesen, man müsse sich ja nur mal die Schlösser im alten Europa ansehen.
    Natürlich war weder Bonneterre noch einer der anderen je im alten Europa gewesen und ihre Vorstellung vom Mittelalter eine vor allem literarisch vermittelte: Sir Walter Scott und seine Epigonen standen in Prachtausgaben in jedem Herrenhaus zwischen Cairo und Baton Rouge, dessen Besitzer auch nur ein wenig auf sich hielt, und selbstverständlich konnten Cheever, Huggins und die beiden Willoughbys jeden der genannten Namen blind einordnen und Bonneterres Gedankengang entsprechend glatt nachvollziehen. Hohe Taten, holde Damen, schäumende Rosse und hier und da ein ungeschlachter Riese  – das war das Mittelalter des amerikanischen Südens.
    Gabriel Beale, in New York geboren und aufgewachsen, hatte nicht zum ersten Mal das Gefühl, vor den bösen Buben einer Sonntagsschule zu stehen, sagte das jedoch nicht und machte nur seinen Bericht an seine Auftraggeber so kurz wie möglich. Es kam ohnehin nur darauf an, dass sie seine Informationen so schnell wie möglich an ihre Väter weitergaben. Leider schien es jedoch im Augenblick so, als würden sie gerade daran am widerwilligsten denken. Wie strahlend würden sie heimkehren, wenn sie diesen vertrackten Fall schnell und ohne Hilfe der Miliz lösen könnten!
    »Also wenn dieser Lafflin hinter dem Ganzen steckt«, fragte Dick Willoughby nach angestrengtem Nachdenken, »warum erledigen wir ihn dann nicht einfach?«
    »Weil wir es nicht wissen, Dick«, beschwichtigte ihn sein Bruder Michael.
    »Wir können es ja darauf ankommen lassen«, beharrte Dick achselzuckend. »Wenn er weg ist, und die Sache hört auf, hatten wir recht. Wenn nicht, kaufen wir ihm einen besonders schönen Kranz Blumen!«
    Cheever und

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