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Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
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gleich, seinen Auftraggeber wieder nach Hause zu schicken, aber der ließ sich natürlich nicht abweisen, als Gowers seine entscheidende Frage: »Wissen Sie, wo die Kinder sind?«, mit einem zögernden Kopfnicken bejaht hatte.
    Wieder eine Droschke, wieder ein exorbitantes Trinkgeld, aber in die Wildnis, in die sie nun mussten, konnten Wagen aller Art nur sehr begrenzt eindringen. Die letzten Kilometer gingen sie deshalb zu Fuß, obwohl Gowers den Reeder noch einmal inständig bat, bei der Droschke zu warten. Aber Robert Maguire war nicht der Mann, der sich von der riesigen, jetzt in trügerischem Sonnenschein liegenden Trümmerlandschaft abschrecken ließ. Er wunderte sich nur, dass der Detektiv, der in der vergangenen Nacht einiges abbekommen haben musste, dennoch so schnell auf den Beinen war und ein erstaunliches Tempo vorlegte. Nur sagen, wohin sie eigentlich unterwegs waren, wollte er bis zuletzt nicht.
    Vor der großen, rauchgeschwärzten Ruine des Speichers angekommen, bestand Gowers kategorisch darauf, allein weiterzugehen, und verpflichtete sich lediglich, dem Reeder in weniger als fünf Minuten Bescheid zu geben. Im Innern des Gemäuers
schien zunächst alles unverändert, und er glaubte schon, dass seine Befürchtungen ihn getrogen hatten und alles gut gehen würde. Dann sah er jedoch, dass die Balken vor dem Eingang zu Polls Keller beiseitegestoßen worden waren, und dann  – Poll selbst, die zusammengesunken an der Wand lehnte.
    »Poll«, rief er leise. Keine Antwort. Er legte ihr leicht die Hand auf den Rücken und fühlte an der Restwärme ihres Körpers, dass sie sehr langsam gestorben sein musste und noch nicht lange tot war. Er ging um die Mauer herum, und dort, zwischen Schutt und der Asche eines riesigen alten Lagerfeuers, fand er die weiß geblutete Leiche des kleinen Jonathan.
    Gowers zitterte, als er sich auf den Weg in den Keller machte. Fast um sich zu beruhigen, untersuchte er vorher noch einmal Polls Leiche und sah, dass das Messer, das sie getötet hatte, noch in ihrer Leber steckte. Die Art, in der ihre verkrampften Finger die Klinge umklammerten, sagte ihm, dass sie es nicht hatte herausziehen, sondern im Gegenteil hatte festhalten wollen; und das war Poll Hunleys letzte Botschaft an ihn, den Yankee. Wahrscheinlich hatte sie etwas gehört, nachdem der Junge aus dem Keller gekrochen war, war ihm gefolgt und ihrem Mörder direkt in die Arme gelaufen.
    Was war mit dem Mädchen? Gowers ballte die Hände zu Fäusten, als er sich jetzt die enge Treppe hinunterzwang, und schauderte, als ein wildes Pfeifen und das Trippeln vieler kleiner Füße ihm verrieten, dass er ein Festmahl störte. Mairie Maguire lag auf dem Bauch, den schmutzigen Rock hochgeschlagen, und das Blut zwischen ihren Beinen deutete darauf hin, dass man sie erst vergewaltigt und dann getötet hatte. Die Ratten waren danach gekommen. Unter ihren Fingernägeln fand er Blut und Fetzen von Haut, die nicht ihre war; sie musste sich bis zuletzt gewehrt haben.
    Er schlug eben ihren Rock zurück und sah an den tiefen schwarzen Würgemalen an ihrem Hals, dass sie erdrosselt worden war, als draußen ein entsetzlicher, jämmerlicher Schrei erklang: »Jonathan! O mein Gott! Mein Gott!«
    Gowers zerrte hastig den völlig intakten Drahtkäfig über die Leiche des Mädchens und stürzte nach oben. Maguire hielt seinen toten Jungen in den Armen, als er den Detektiv scheinbar aus einem Loch im Boden heraufsteigen sah. Sofort rannte er auf die Öffnung zu.
    »Mairie?«, rief er, als er von Gowers’ Gesicht das Ergebnis seiner Ermittlungen ablas. »Mairie!« Immer lauter. »Mairie!« Bis er nicht mehr Herr seiner Stimme war.
    »Nicht, Sir!«, sagte Gowers und versuchte, den schweren, kräftigen Mann aufzuhalten. »Nicht, bitte!«
    Der Reeder stieß ihn beiseite und raste, in einem fort schreiend, die Treppe hinab.
    Gowers konnte ihn zwar einholen, musste aber drei Mal zuschlagen, ehe Maguire das Bewusstsein verlor.

48.
    Noch in der gleichen Nacht machte sich der alte Mann an den Rückweg und zwang sich dazu, nicht zu laufen, denn er wusste, dass er beobachtet wurde. Er ging, ohne anzuhalten, den ganzen Tag und die folgende Nacht hindurch. Obwohl er todmüde war, fürchtete er, dass die Späher des Propheten ihm die Kehle durchschneiden würden, sobald er sich schlafen legte. So erreichte er Owenga schon am frühen Morgen des nächsten Tages bei Sonnenaufgang. Und die Sonne bestätigte seine schlimmsten Befürchtungen, färbte die See vom

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