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Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
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Sie’s im Leben nicht mehr vergessen!«  – hörte noch auf der Treppe, wie die Dame des Hauses in ein herzliches Gelächter ausbrach.
    Er würde also einbrechen müssen. Das hatte er schon lange nicht mehr getan und fluchte, als das Licht in Emma Lafflins Schlafzimmer am ersten Abend auch um halb zwei Uhr nachts noch nicht erloschen war. Ihm fehlte die Geduld für so etwas, und er lenkte sich mit der Frage ab, ob das wohl eine Alterserscheinung war, denn früher war er häufiger eingebrochen, und das Warten war ihm leichter gefallen. Nach der ersten so hingebrachten Nacht war er sicher, dass Mrs.
Lafflin bei Licht schlief, und das würde ihm immerhin das Suchen erleichtern.
    Dennoch wartete er in der zweiten Nacht wieder bis drei Uhr, ehe er möglichst geräuschlos einen Fensterladen im Erdgeschoss aushebelte und endlich in die so hart wie heimlich umkämpfte Festung eindringen konnte. Mit der ihm eigenen Systematik verschaffte er sich zunächst einen Überblick über sämtliche Räume, um keine Zeit mit dem Suchen an falscher Stelle zu verlieren. Das Arbeitszimmer im ersten Stock schien ihm zunächst am vielversprechendsten, aber er begann seine Recherche dann doch in der Familienbibel, die auf dem Nachttisch lag und  – wie in jedem ehrbaren amerikanischen Haushalt des 19. Jahrhunderts  – die Abendlektüre der friedlich und geräuschlos schlafenden Hausherrin gebildet hatte.
    Schon auf der ersten der damals üblichen Seiten für die Familieneintragungen am Ende des Alten Testaments wurde er fündig. »Ich weiß jetzt alles über Jeans Vergangenheit«, hatte die damals vierundzwanzigjährige Emma Lafflin im Jahr 1832 in einer klaren, festen Frauenschrift zu Papier gebracht. »Er hat mir sein Leben erzählt, und ich bin jetzt umso mehr entschlossen, seine Frau zu werden.« Das klang vielversprechend, und Gabriel Beale schlich, statt ins Arbeitszimmer und zur Geschäftskorrespondenz des Schießpulverfabrikanten, lieber ins Nähstübchen der wagemutigen Ehefrau, wo er nach kurzem Suchen tatsächlich die Briefe fand, die John Lafflin seiner Frau vor zehn Jahren aus Europa geschrieben hatte.
    Man sah ihnen ihre lange Reise an. Sie waren von belgischen, französischen, britischen und amerikanischen Postbehörden abgestempelt, aber leider auf Französisch geschrieben, das Beale nur unzureichend beherrschte. Lafflins Handschrift war zudem klein und unruhig, schwer zu entziffern; dennoch brauchte der Detektiv nur wenige Minuten, um eine aufschlussreiche Besonderheit und Gemeinsamkeit dieser Schreiben zu entdecken.
    Obwohl an Mrs. Emma Lafflin adressiert und auf der Rückseite mit John Lafflins jeweiliger Hotelanschrift versehen, waren sie doch allesamt mit J’n Laffitte unterzeichnet. J’n war Jean, so viel war
klar. Aber wer oder was war Laffitte? Er wusste, dass er diesen Namen schon irgendwo gehört oder gelesen hatte, aber in welchem Zusammenhang?
    Das charakteristische Geräusch eines Abzugshahns, der gespannt wird, unterbrach seine Überlegungen, und er verfluchte sich dafür, dass er so rücksichtsvoll gewesen war, die Briefe im Licht seiner kleinen Petroleumlampe zu lesen, anstatt sie einfach zu stehlen.
    »Hätten Sie wohl die Freundlichkeit, die Hände hochzunehmen, Mr. Doughty?«, sagte Emma Lafflin, die mit dem Revolver ihres Mannes auf den nächtlichen Eindringling zielte.
    Gehorsam hob Gabriel Beale die Hände, erwiderte dabei aber in seinem ruhigsten und beruhigendsten Tonfall: »Ich glaube nicht, dass Sie schießen werden, Madame!«
    »Dann sind Sie ein gottesfürchtiger Mensch und werden mit Sicherheit in den Himmel kommen«, lautete die beunruhigend ruhige Antwort. Mrs. Lafflin läutete nach ihrem Hausdiener, und schon eine halbe Stunde später befand sich der Detektiv auf dem Weg ins öffentliche Gewahrsam der Gemeinde von St. Louis.
    Dort konnte er sich immerhin zum ersten Mal seit zwei Tagen ordentlich ausschlafen und glaubte schon, nach seinem kläglichen Scheitern als Einbrecher nun sein Talent als Ausbrecher beweisen zu müssen, ehe er nach immerhin achtzehn Stunden gegen eine Kaution von hundert Dollar auf freien Fuß gesetzt wurde. Seine Ermittlungen verliefen nun wieder in den weniger aufregenden, aber zuverlässigeren Bahnen der Zeitungsrecherche und führten ihn noch einmal in die Bibliothek der Literarischen Gesellschaft von St. Louis.
    Nach einem weiteren Tag solider Handwerksarbeit wusste er dann endlich, wer John Lafflin war respektive gewesen war, telegrafierte in den Süden

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