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Fluch des Wolfes: Alpha & Omega 3 - Roman (German Edition)

Fluch des Wolfes: Alpha & Omega 3 - Roman (German Edition)

Titel: Fluch des Wolfes: Alpha & Omega 3 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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rollte ihn aus. Während sie ihn an der Reling befestigte, bemerkte Charles kurz verschiedene Kreise und Symbole und verstand, dass sie die Schutzzeichen, die sonst mit Kreide gezogen wurden, in den Teppich eingewoben hatte. Das war clever, denn es sparte ihr Zeit und Mühe– und funktionierte zusätzlich auch auf einem Boot oder im Regen.
    Die Hexe kniete sich auf den Teppich und zog vier oder fünf kleine Tontöpfe aus dem Rucksack, die sie aufstellte, als sei ihre Position wichtig. Dasselbe machte sie mit acht silbernen Kerzenhaltern, in denen dunkle Kerzen steckten– wahrscheinlich schwarz, auch wenn einige Hexen mit dunkelroten Kerzen arbeiteten. Für eine Weile richtete sie die Dinge einfach nur aus, doch schließlich platzierte sie eine große Kerze in der Mitte des Arrangements.
    » Licht!«, sagte Hally mit normaler Stimme. Einen halben Herzschlag später entzündeten sich die Kerzen trotz der salzigen Meeresbrise von selbst. Die Flammen an den Dochten brannten aufrecht und flackerten nicht, obwohl der Wind mit den Haarsträhnen spielte, die aus ihrem Zopf entkommen waren. Magie. Ihre Stimme war nicht der Auslöser gewesen, nur Ablenkung oder schmückendes Beiwerk. Der Rauch, der Charles in die Nase stieg, verriet ihm, was er bereits vermutet hatte: In die Kerzen, die Hally verbrannte, war menschliches Blut eingearbeitet worden.
    Jede Hexe wirkte ihre Zauber anders, und das Vorgehen war von verschiedensten Faktoren abhängig: von ihrem Familienhintergrund, ihren Lehrern– und auch ein wenig von der Persönlichkeit der jeweiligen Hexe. Diese hier bewegte sich, seufzte und stöhnte, aber sie vollführte ihre Übungen mit der Eleganz einer erfahrenen Bauchtänzerin, und die Geräusche, die sie von sich gab, waren gleichzeitig melodisch und faszinierend. Charles fühlte, wie ihre Magie sich über das kleine Boot ergoss, und stellte fest, dass er Isaacs Einschätzung zustimmen musste: Hally war mächtig.
    Das brachte ihn dazu, sich zu wünschen, sie hätten doch die weiße Hexe Moira gerufen. Hally machte ihm keine Angst, aber seiner Paranoia gefiel es nicht, mit seiner Gefährtin auf einem Boot mitten im Ozean zu sitzen, zusammen mit einer Weltklasse-Hexe die– wie Anna so hilfreich ausgeführt hatte– sie jederzeit leichtfertig töten konnte. Es passte ihm gar nicht, jemand anderem ausgeliefert zu sein.
    Wenn wir da hochspringen würden, würde sie schreien und ins Wasser fallen, versicherte ihm Bruder Wolf, weil es auch ihm nicht behagte, von Hallys gutem Willen abhängig zu sein. Oder wir könnten sie einfach umbringen und ihr die Mühe ersparen, ertrinken zu müssen.
    Hally legte den Inhalt der Beweismitteltüte in eine kleine elfenbeinfarbene Schale in Form einer Kröte. Die Plastik hatte große, fast comicähnliche schwarze Augen, und der Rücken war geöffnet, als sollte darin eine Kerze oder eine kleine Pflanze Platz finden. Die ganze Figur passte in die Handfläche der Hexe, die eine Phiole aus ihrer Tasche zog, mit ihren Zähnen den Korken löste und die Flüssigkeit darin in die Schale goss. Am Geruch erkannte Charles, dass es sich um Brandy handelte, und zwar um einen schlechten. Rum, irgendein anderer Fusel oder Reinigungsalkohol hätten wahrscheinlich genauso funktioniert.
    Sie packte die leere Phiole in ihren Rucksack zurück und hielt die Schale unter fortgesetztem Gesang mit beiden Händen über die Flamme der mittleren Kerze. Nach ein paar Sekunden zog sie ihre Hände zurück. Die Schale blieb bewegungslos über der Kerze in der Luft hängen. Die Hexe setzte sich auf ihre Fersen zurück, hob das Gesicht, sodass das Mondlicht ihre fahle Haut liebkosen konnte, und senkte ihre Hände, die– nur zehn Zentimeter von der Schale entfernt – zitterten wie im Fieber. Theatralik, die darauf ausgerichtet war, die wichtigen Aspekte des Zaubers zu verbergen, für den Fall, dass eine andere Hexe zusehen sollte.
    Charles wollte sich gerade von der Show abwenden, doch dann entdeckte er aus dem Augenwinkel etwas und erstarrte. Ein Schatten, dichter als Dampf, strömte aus dem Maul der Kröte. Er sank auf den Teppich hinab, wurde dichter und dunkler und füllte den Raum zwischen der Hexe und den Kerzen. Charles sah zu den anderen, aber keiner von ihnen wirkte besorgt oder aufgeregt, also ging er davon aus, dass er– und Beauclaire, der langsam aufstand– die Einzigen waren, die den Schatten sehen konnten.
    Mitten in ihrem Gesang, auf dem Höhepunkt ihres Tanzes, hielt die Hexe inne und befahl: »

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