Fluch des Wolfes: Alpha & Omega 3 - Roman (German Edition)
erwischte, weil er noch von seinem Aufprall verwirrt war– er, oder vielmehr Bruder Wolf, wusste nur, dass sie ihre Gefährtin beschützen mussten. Aber das Glück war ihm hold. Er bekam eine gute Stelle zu fassen. Er versenkte Klauen und Zähne tief in Fleisch und Knochen.
Charles hatte keine Ahnung, wann Beauclaire sich dem Kampf angeschlossen hatte. Plötzlich war er da. Sein Gesicht wirkte eisiger, schöner und unmenschlicher als in Charles’ Erinnerung. Er war schnell und zäh. Obwohl er blind kämpfte, traf er wieder und wieder mit seinem Messer– und mit seiner Magie. Charles konnte nicht sagen, was Beauclaire tat, aber der Gehörnte spürte es, denn er zitterte unter Charles’ Reißzähnen.
Charles war sich ziemlich sicher, dass es die Magie war, die das Blatt wendete. Sobald Beauclaire seinen magischen Angriff startete, hörte der Gehörnte auf, für den Sieg zu kämpfen, und kämpfte nur noch um eine Fluchtmöglichkeit.
Das Feenmonster, in das Charles sich verbissen hatte, schrie wieder. Diesmal war es ein rohes, unendlich tiefes Geräusch, das ihm in den Ohren wehtat. Das Wesen warf sich zu Boden und rollte sich herum, als stünde es in Flammen, erst in eine Richtung, dann in die andere. Charles klammerte sich kurz fest, doch als die Kreatur sich zum dritten Mal herumwälzte, wurde er losgerissen. Beauclaire, der weder Reißzähne noch Klauen besaß, lag schon nach dem ersten Mal bewegungslos auf dem Boden.
Von ihren Angreifern befreit rannte die Kreatur auf die Treppe zu– und Charles erhaschte einen Blick auf das, was sie bekämpft hatten. Denn was auch immer die Unsichtbarkeit bedingt hatte, es war verschwunden. Das Geweih schien riesig. Zuerst dachte er, es wäre geformt wie das eines Karibus, aber das musste eine Täuschung gewesen sein, denn es fing an… in eisigem Licht zu glühen, und er erkannte das Geweih eines Hirsches– eines riesigen alten Hirsches.
Er hatte ein silbriges Fell, das immer heller wurde, als er sich die Treppe hinaufkämpfte– und Charles verstand, dass er sich geirrt hatte: Der Gehörnte hatte vier lange, zerbrechlich wirkende Beine. Schwarzes Blut verschwand, noch während er das Wesen beobachtete, aufgesaugt vom silbrigen Pelz eines riesigen weißen Hirschbocks, der größer war als der größte Elch, den er je gesehen hatte.
Bruder Wolf wollte ihn jagen und umbringen, weil sie sich nicht in Sicherheit befanden, bevor er nicht tot war. Charles stimmte zu, doch da er das Gefühl hatte, sich die Schulter ausgerenkt oder gebrochen zu haben, beschloss er, dass es dumm wäre, eine Kreatur zu verfolgen, die selbst fliehend noch schneller heilte als ein Werwolf. Vor allem wenn sie beinahe drei Werwölfe und einen zähen Feenlord besiegt hätte. Er fragte sich, ob der Gehörnte, der doch ein Halbblut war, wirklich so zäh war oder ob seine Stärke der gestohlenen Magie entsprang. Doch egal, wie die Antwort lautete, Charles würde ihn nicht verfolgen, trotz Bruder Wolfs Drängen.
Er würde seine Anna nicht schutzlos zurücklassen.
Bruder Wolf brüllte frustriert auf und zog ein wenig Befriedigung daraus, dass der Hirsch beim Sprung über die letzten Stufen leicht stolperte und hinten links einknickte, weil das verletzte Bein offensichtlich sein volles Gewicht noch nicht tragen konnte.
Sobald der Hirsch außer Sicht war, wandte Charles sich um, um die Verletzten zu begutachten. Isaac lag immer noch auf dem Boden, aber er hatte sich in eine sphinxartige Pose gerollt und blinzelte Charles ein wenig verwirrt an. Wenn er nicht tot war, würde er bald heilen. Beauclaire lag auf Händen und Knien und bemühte sich wenig erfolgreich, auf die Beine zu kommen– aber bis auf ein offensichtlich gebrochenes Handgelenk schienen alle seine Körperteile zu funktionieren. Anna… Anna kauerte neben Lizzie Beauclaire und gab beruhigende Geräusche von sich, soweit ein Wolf das eben konnte.
Das Mädchen… Charles hatte an den Wänden der Wohnung Bilder von ihm gesehen, und es war wunderschön gewesen. Jetzt prangten auf Lizzies Stirn und ihren Wangen, eigentlich auf allen Hautstellen, die er sehen konnte, hässliche verkrustete Wunden. Sie trug das Hemd ihres Vaters, aber darunter war sie offensichtlich nackt. Ihre früher so makellose Haut war mit Symbolen und Wunden übersät– genau wie bei Jacobs Leiche. Auf einer lebenden, atmenden Person wirkten die gespenstischen Zeichen noch grauenhafter, denn Charles konnte auch den Gifthauch der schwarzen Magie auf ihr erkennen– wie einen
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