Fluch des Wolfes: Alpha & Omega 3 - Roman (German Edition)
Nebel aus winzig kleinen, fast unsichtbaren Flöhen. Lizzie blinzelte ihn aus drogenbenebelten Augen an, schob sich etwas zurück und keuchte dann, als die Bewegung ihr wehtat.
Sie hatten ihr das Knie gebrochen. Es war nicht vollkommen zerschmettert, wenn er die Verletzung richtig beurteilte – und er hatte Erfahrung. Sie war absichtlich verletzt worden – und er fragte sich, ob sie, die durchtrainierte Athletin, doch etwas zäher gewesen war, als ihre Kidnapper erwartet hatten. Ihre Füße waren zerkratzt und blutig, als hätte sie sich befreit und wäre barfuß über den steinigen Boden gelaufen. Sie hatte keine Chance gehabt, wirklich zu entkommen, außer sie besaß die Gabe, das Meervolk anzurufen – was Charles bezweifelte. Diese Meereswesen traten selbst ihrer eigenen Art gegenüber sehr reserviert oder sogar aggressiv auf.
Lizzie war offensichtlich nicht in der Lage, selbst zu gehen. Jemand musste sie tragen, und in Anbetracht des Zustands der anderen wusste Charles, dass er das sein würde. Ihr Vater würde sie mit dem gebrochenen Handgelenk nicht tragen können, und Anna war als Werwolf noch zu jung, um sich so schnell hin und her zu verwandeln. Isaac war benommen und verwirrt und außerdem auch ziemlich frisch verwandelt. Charles erinnerte sich, dass dieser ungefähr zur selben Zeit verwandelt worden war wie Anna, erst vor ein paar Jahren. Also musste Charles wohl noch eine weitere Rückverwandlung in einen Menschen bewältigen, und zwar jetzt sofort.
Es tat weh. Er hatte vergessen, wie schmerzhaft die Verwandlung war, wenn etwas nicht stimmte. Er war alt, und die Verwandlung würde jede Wunde lindern, die nicht von Silber verursacht worden war– aber die Verwandlung heilte, wie Salzwasser Wunden desinfizierte: begleitet von einer Menge Schmerzen.
Charles schrie nicht auf. Er heulte nicht, um die arme kleine Tänzerin nicht zu verängstigen, die ihre Arme um Anna geschlungen hatte, als wäre der Werwolf ein Stofftier. Schweiß floss über seinen Körper, schon bevor er menschlich genug war, um zu schwitzen. Und dann wurde er wieder zum Menschen. Er kniete auf dem staubigen Zement und trug ein rotes T-Shirt, das bereits schweißdurchtränkt war, und seine Jeans, die– wie er ein wenig amüsiert bemerkte– ganz altmodisch mit Knöpfen geschlossen wurde.
Charles brauchte mehr als einen Versuch, um auf die Beine zu kommen, und selbst dann zitterten seine Hände noch. Aber die Schulter war wohl nur ausgerenkt gewesen, denn die Verwandlung hatte die Verletzung vollkommen geheilt. Es war nur ein leichtes Ziehen zurückgeblieben.
Sobald er und Anna sich wieder in der Wohnung befanden, würde er ins Bett fallen und eine Woche lang schlafen. Er sah sich um und versuchte, die Aufgaben einzuteilen, die erledigt werden mussten, um alle die Treppe nach oben und zum Boot zu bringen, bevor der Gehörnte zurückkam und ihnen den Garaus machte.
Charles überließ Lizzie Beauclaire noch für ein paar Minuten Anna, ging zu Isaac und kniete sich vor ihn.
» Hey!«, sprach er ihn an. » Bist du bei uns?«
Der Wolf hechelte nur, ohne den Blick scharf zu stellen.
» Ich werde dich berühren«, erklärte Charles ihm in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete: der Befehl eines dominanten Wolfes an einen weniger dominanten Wolf. » Um zu sehen, ob du Verletzungen hast, die behandelt werden müssen. Es wird dir nicht gefallen– aber du wirst es zulassen. Du darfst knurren, aber nicht beißen.«
Nach einem kurzen Check, den Isaac fast dauernd mit Knurren begleitete, war Charles sich ziemlich sicher, dass der Bostoner Alpha einen Großteil seiner Verletzungen schon selbst geheilt hatte. Übrig waren nur viele wunde Stellen und eine heftige Gehirnerschütterung, die mit ausreichend Nahrung in ein paar Stunden verschwunden sein würde. Charles hoffte, dass Malcolm in seinen Köderboxen mehr eingelagert hatte als nur Tintenfisch, Fischreste und Würmer– aber Protein war Protein.
Er stand auf und sah sich erneut um.
Beauclaire hatte sich hochgekämpft und war auf unsicheren Beinen zu seiner Tochter gegangen. Er saß ungefähr dreißig Zentimeter vor ihr auf dem Boden und streckte eine Hand aus, um sanft ihre Haare zu berühren. Sie zuckte zusammen. Da begann er, ihr auf Walisisch etwas vorzusingen.
Ar lan y môr mae lilis gwynion
Ar lan y môr mae ’nghariad inne
Er hatte eine gute Stimme. Keine herausragende, wie Charles es bei einem Feenwesen von solchem Rang und dieser Macht erwartet hätte (und der
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