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Flucht aus der Zukunft

Flucht aus der Zukunft

Titel: Flucht aus der Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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paßte gar nicht zu Quellen. Der Mann war gründlich, systematisch und einigermaßen geschickt, aber das war doch noch lange kein Grund, seinem Vorgesetzten mit einer derartig zweischneidigen Sache zu kommen.
    »Mal sehen, ob ich Sie recht verstehe«, sagte Koll, der nur allzu gut verstand. »Ihre Nachforschungen in der Zeitreise-Affäre haben ergeben, daß sich unter den Aufgezeichneten ein Mann namens Mortensen befindet, der nächsten Monat die Reise machen soll. Diesen Mann gibt es tatsächlich. Und Sie schlagen nun vor, ihn zu beschatten und zu seinem Kontaktmann zu verfolgen. Man soll ihn von der Reise in die Vergangenheit abhalten, indem man zuvor diejenigen verhaftet, die das Reisegeschäft betreiben.«
    Quellen nickte. »Jawohl.«
    »Sie sind sich doch im klaren darüber, daß das ein direktes Eingreifen in die Vergangenheit ist, etwas, das man bisher noch nie gewagt hat?«
    »Ich weiß«, sagte Quellen. »Deshalb kam ich auch her, um mir Ihre Erlaubnis zu holen. Ich stehe zwischen zwei Befehlen: den Mann zu fangen, der die Zeitreisen organisiert, und den Geschichtsablauf nicht zu verändern. Offensichtlich steht Mortensen mit dem Verbrecher in Kontakt, wenn der vierte Mai das tatsächliche Abreisedatum ist. Wenn wir also jemanden auf ihn ansetzen ...«
    »Ja«, sagte Koll trocken, »das sagten Sie bereits. Ich kann mir Ihre Schwierigkeiten vorstellen.«
    »Haben Sie irgendwelche Instruktionen für mich?«
    Koll blätterte wieder nervös in seinen Papieren. Er hatte den Verdacht, daß Quellen das absichtlich tat, daß er sich freute, ihn festnageln zu können. Koll erkannte sehr wohl die Einmaligkeit der Situation. Seit zehn Jahren ließ er nun Quellen nach seiner Pfeife tanzen. Er gab ihm eine heiße Sache nach der anderen und sah mit Vergnügen zu, wie Quellen seine begrenzten Fähigkeiten zur Lösung der Probleme einsetzte. Koll mußte zugeben, daß er Quellen sogar mit etwas Sadismus behandelte. Es war nicht unfair. Koll durfte seine persönlichen Fehler wie jeder andere haben, und es erschien ihm durchaus in Ordnung, daß er seine Aggressionsgefühle an dem ruhigen Quellen ausließ. Dennoch, es war unangenehm, daß Quellen sich jetzt auf diese Weise rächte.
    Nach einem Augenblick peinlichen Schweigens erklärte Koll: »Ich kann Ihnen noch keine Instruktionen geben. Ich muß die Sache mit Spanner besprechen. Und höchstwahrscheinlich müssen wir uns noch von anderer Stelle beraten lassen.«
    Damit meinte er die Hohe Regierung. Koll entging das kleine Lächeln nicht, das einen Augenblick über Quellens Züge huschte. Kein Zweifel, Quellen machte der Auftritt Spaß.
    »Ich werde nichts weiter unternehmen, bis ich Ihre Zustimmung habe, Sir«, sagte der Kriminalsekretär.
    »Das wäre anzuraten«, erwiderte Koll.
    Quellen ging. Koll grub die Fingernägel in die Handflächen, bis seine Hände schmerzten. Dann drückte er mit schnellen Bewegungen auf die Knöpfe, die die Spule aus dem Tonband lösten. Spanner sollte sich seine Unterhaltung mit Quellen anhören. Und danach ...
    Spanner war im Augenblick nicht da. Er ging irgendeiner Beschwerde einer anderen Abteilung nach. Koll schwitzte. Er wollte, Quellen hätte sich für diesen Mortensen-Unsinn eine Zeit ausgewählt, in der Spanner zugegen war. Aber zweifellos gehörte auch das zu Quellens teuflischem Plan. Koll war wütend, daß ihn dieser kleine Sekretär so verfolgte. Er schloß die Augen und sah Quellens Bild vor sich: lange gerade Nase, blaßblaue Augen, fließendes Kinn. Ein gewöhnliches Gesicht, das man leicht vergaß. Manche mochten es sogar ein hübsches Gesicht nennen. Martin Koll hatte noch niemand hübsch genannt. Andererseits war er klüger. Weit klüger als dieser armselige Quellen. Wenigstens hatte das Koll bis zum heutigen Nachmittag geglaubt.
    Eine Stunde später kam Spanner zurück. Als er sich hinter seinem Schreibtisch niederließ, glich er einem Raubtier, das eine reichhaltige Mahlzeit hinter sich hat. Koll gab ihm die Spule.
    »Spielen Sie das ab. Und dann sagen Sie mir, was Sie davon halten.«
    »Können Sie mir keine Zusammenfassung geben?«
    »Spielen Sie es lieber ab. Es ist einfacher«, meinte Koll.
    Spanner tat ihm den Gefallen und benutzte den Kopfhörer. Koll war erleichtert, daß er nicht alles noch einmal anhören mußte. Als die Spule abgelaufen war, sah Spanner auf. Er zupfte sich am Kinn und meinte: »Eine gute Möglichkeit, die Leute zu erwischen, nicht wahr?«
    Koll schloß die Augen. »Überlegen Sie einmal wie ich: Wir

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