Flucht aus der Zukunft
angelangt.
Er stand vor einer blanken Aluminiumscheibe, einem Quadrat von etwa einem halben Meter, in dessen Zentrum sich ein rundes Suchschild befand. Das Schild leuchtete grün auf, und Pomrath legte wie immer die Hand darüber. Es war eine Art Zeremonie geworden.
Es war nicht nötig, mit der Maschine zu sprechen. Sie wußte, weshalb Pomrath gekommen war, wer er war und was ihn erwartete. Dennoch fragte Pomrath mit seiner tiefen, heiseren Stimme: »Wie steht es mit einem kleinen Job für mich?« Er drückte auf den Antwortknopf.
Und er bekam die Antwort schnell.
Etwas in der Wand hinter der blanken Aluminiumscheibe begann zu surren und zu klappern. Vielleicht nur, um uns zu beeindrucken, dachte Pomrath. Um uns Proleten einzureden, daß die Maschine wirklich etwas für uns tut. Ein Schlitz öffnete sich in der Scheibe, und eine Mini-Notiz wurde herausgeschoben. Pomrath riß sie ab und studierte sie ohne großes Interesse.
Sie trug seinen Namen, seine Klasse und das übrige Identifizierungszeug, das ihn auf seiner Reise durch das Leben begleitete. Darunter stand in sauberer Blockschrift die Entscheidung:
BESCHÄFTIGUNGSPROGNOSE IMMER NOCH UNGÜNSTIG. WIR GEBEN IHNEN BESCHEID, WENN SICH MÖGLICHKEITEN FÜR EINE ANSTELLUNG ERGEBEN. WIR BITTEN DRINGEND UM GEDULD UND VERSTÄNDNIS. AUGENBLICKLICHER DRUCK ZWINGT DIE HOHE REGIERUNG, NUR EINEN TEIL DER ZUR VERFÜGUNG STEHENDEN ARBEITSKRÄFTE EINZUSETZEN.
»Schade«, murmelte Pomrath. »Mein herzliches Beileid an die Hohe Regierung.«
Er steckte den Zettel in den Abfallschlitz und wandte sich ab. Er bahnte sich einen Weg durch die reglos wartende Menge, die wie er die schlechten Nachrichten persönlich erfahren wollte. Das war also sein Besuch bei der Job-Maschine gewesen.
»Wie spät ist es?« fragte er.
»Halb fünf«, erwiderte die Uhr.
»Ich denke, ich gehe noch auf einen Sprung in eine nette Traumbar. Keine schlechte Idee, was?«
Die Uhr in seinem Ohr war nicht auf Antworten dieser Art programmiert. Für das doppelte Geld konnte man eine bekommen, die sich wirklich mit einem unterhielt, die über andere Dinge als die Zeit sprach. Pomrath fand, daß er sich so einen Luxus jetzt nicht leisten konnte. Außerdem war er nicht so auf Geselligkeit aus, daß er sich nach einer Unterhaltung sehnte. Aber er wußte, daß es Menschen gab, die darin Trost suchten.
Er trat in das blasse Sonnenlicht des Frühlingsnachmittags hinaus.
Die Traumbar, die er zumeist aufsuchte, befand sich vier Häuserblocks weiter. Es gab eine Menge Traumbars im näheren Umkreis der Job-Maschine, aber Pomrath ging nur in die eine. Weshalb auch nicht? Man bekam in jeder die gleichen Gifte, und so wählte man eben eine, in der man am besten bedient wurde. Selbst ein Arbeitsloser der Klasse Vierzehn schätzt es, wenn man ihn als Kunden betrachtet – wenn auch nur in einer Traumbar.
Pomrath ging schnell. Die Straßen waren überfüllt. In letzter Zeit kam das Fußgängertum wieder in Mode. Der kleine, untersetzte Pomrath hatte wenig Geduld mit Hindernissen, die sich ihm in den Weg stellten. In einer Viertelstunde hatte er die Traumbar erreicht. Sie befand sich im vierzigsten Untergeschoß eines Tankbaubetriebs. Alle Bars, in denen mit Illusionen gehandelt wurde, mußten sich unter der Erde verstecken. Man wollte nicht, daß Kinder, die ja leicht zu beeinflussen sind, frühzeitig auf die schiefe Bahn gerieten. Pomrath betrat das Gebäude und nahm den Expreß nach unten. Es gab hier achtzig Stockwerke, und die untersten standen in Verbindung mit anderen Gebäuden. Aber so tief unten war Pomrath noch nie gewesen. Er überließ die unterirdischen Abenteuer den Mitgliedern der Hohen Regierung.
Vor der Traumbar brannten grelle Argonlampen. Die meisten dieser Etablissements hatten sich auf Automation umgestellt, aber hier wurde man noch persönlich bedient. Und das war es, was Pomrath schätzte. Er konnte hineingehen, und da stand der gute, alte Jerry, der ihn aus blutunterlaufenen Augen ansah. Es waren menschliche Augen.
»Norm. Schön, daß du kommst.«
»Ich weiß nicht. Was macht das Geschäft?«
»Lausig. Willst du eine Maske?«
»Mit Vergnügen«, sagte Pomrath. »Und die Frau? Endlich schwanger?«
Der dicke Mann hinter der Theke grinste. »Ich müßte ja glatt verrückt sein. In Klasse Vierzehn kann man keinen Stall voller Kinder brauchen. Ich habe mich zur Kinderlosigkeit verpflichtet, Norm. Hast du das vergessen?«
»Wahrscheinlich«, meinte Pomrath. »Ist ja auch egal. Manchmal
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