Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flucht aus der Zukunft

Flucht aus der Zukunft

Titel: Flucht aus der Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
konnte. Giacomin war ein Mann um die Fünfzig mit kurzgeschorenem, eisgrauen Haar, einem schiefen Mund und einer zerfurchten Stirn. Sein linkes Auge mußte irgendwann in der Vergangenheit zerstört worden sein. Statt dessen trug er einen Empfänger aus Kunststoff, dessen Zuleitungen direkt zum Hirn führten.
    »Was gibt es, Koll?« fragte er liebenswürdig.
    »Sir, einer meiner Untergebenen hat eine sehr ungewöhnliche Methode vorgeschlagen, mit deren Hilfe man Auskunft über die Zeitreise-Affäre bekommen könnte. Es sind nun einige Zweifel darüber entstanden, ob wir diesen Weg einschlagen sollen oder nicht.«
    »Warum erzählen Sie mir nicht die ganze Geschichte?« fragte Giacomin. Seine Stimme war so sanft und tröstend, als wolle er einem Patienten das Geheimnis seiner Neurose entlocken.
     
    *
     
    Eine Stunde später, gegen Ende des Arbeitstages, erfuhr Quellen von Koll, daß man hinsichtlich Mortensen noch nichts erreicht hatte. Koll hatte mit Spanner und dann mit Giacomin gesprochen, und nun wollte Giacomin mit Kloofman sprechen. In ein paar Tagen würde einer der Oberen das letzte Wort in der Mortensen-Angelegenheit sprechen. Quellen sollte inzwischen nichts unternehmen. Schließlich war bis zum vierten Mai noch eine Menge Zeit.
    Quellen freute sich keineswegs über den Wirbel, den er verursachte. Es war ein kluger Gedanke, sich auf Mortensens Spur zu setzen. Aber manchmal war zu viel Klugheit gefährlich. Quellen wußte, daß er Koll eingeheizt hatte. Das machte sich nie bezahlt. Und er konnte sich vorstellen, daß auch Koll Giacomin lästig gefallen war und daß nun Giacomin Kloofman verärgerte. Das bedeutete, daß Quellens kluger Vorschlag auf dem Weg durch die Instanzen überall Ärger aufwirbelte. Als Quellen jünger war und danach strebte, an die Spitze von Klasse Sieben zu gelangen, hätte er sich nichts so sehr gewünscht wie diese Beachtung. Jetzt war er Klasse Sieben, er hatte das kleine Privatapartment, das ihm alles bedeutete, und eine weitere Beförderung konnte ihm wenig einbringen. Außerdem belastete sein illegales Heim in Afrika sein Gewissen. Er wollte auf keinen Fall, daß ein Mitglied der Hohen Regierung sagte: »Dieser Quellen ist ein schlauer Bursche – finden Sie alles über ihn heraus, was Sie können.« Quellen hatte nur den Wunsch, unbeachtet zu bleiben.
    Dennoch hatte er die Idee mit Mortensen nicht unterdrücken können. Er hatte seine Pflichten zu erfüllen, und sein privater Lebenswandel machte ihn in dienstlichen Dingen nur um so gewissenhafter.
    Bevor Quellen an diesem Tag das Büro verließ, verlangte er nach Stanley Brogg.
    Der bullige Assistent sagte sofort: »Wir haben ein weites Netz ausgespannt, Sekretär. Es ist nur noch eine Sache von Tagen oder Stunden, bis wir die Identität des Kerls kennen.«
    »Gut«, sagte Quellen. »Mir ist noch eine weitere Methode eingefallen. Aber wir müssen vorsichtig zu Werk gehen, weil sie offiziell noch nicht genehmigt ist. Da ist ein Mann namens Donald Mortensen, der am vierten Mai den Zeitsprung wagen will. Sie können es in den Akten nachprüfen, die Sie mir gaben. Ich möchte, daß man ihn aufspürt. Sein Tun und seine Verbindungen sollen genau überprüft werden. Aber es muß mit äußerster Feinfühligkeit geschehen. Das kann ich nicht stark genug betonen, Brogg.«
    »Schön. Mortensen heißt der Mann.«
    » Mit äußerster Feinfühligkeit! Wenn der Mann merkt, daß wir ihn überwachen, kann es eine peinliche Situation für uns werden. Degradierung und Schlimmeres. Also, merken Sie sich eines: Der Mann muß völlig ahnungslos bleiben. Sonst geht es Ihnen schlecht.«
    Brogg lächelte verschlagen. »Sie würden mich um ein paar Stufen strafversetzen, wenn ich einen Fehler mache?«
    »Höchstwahrscheinlich.«
    »Ich glaube nicht, daß Sie das wagen würden, Sekretär.«
    Quellen erwiderte ruhig den Blick des Dicken. Brogg wurde in letzter Zeit aggressiv. Er genoß die Macht, die er über Quellen besaß. Seine zufällige Entdeckung der Villa in Afrika war die große Qual in Quellens Leben.
    »Verschwinden Sie«, sagte Quellen. »Und denken Sie daran, daß die Sache Mortensen vorsichtig angefaßt werden muß. Es ist sehr gut möglich, daß die Hohe Regierung die Untersuchung abbrechen läßt, und dann ist keiner von uns zu beneiden.«
    »Ich verstehe«, sagte Brogg. Er ging.
    Quellen überlegte, ob er das Richtige getan hatte. Was geschah, wenn über Giacomin der Befehl kam, Mortensen in Ruhe zu lassen? Nun, Brogg war ziemlich schlau

Weitere Kostenlose Bücher