Flucht aus der Zukunft
ging hinein. Überall summten Instrumente. Techniker begrüßten ihn. In der Luft war der Geruch eines antiseptischen Mittels. Man kam sich wie in einem Krankenhaus vor.
»Zum Pomrath-Monitor«, sagte Quellen.
»Hier entlang, Herr Kriminalsekretär.«
»Wer hört ihn ab?«
»Er läuft auf Automatik, Sir. Da sind wir schon.« Der Mann rückte ihm einen Pneumostuhl zurecht. Quellen ließ sich vor dem Tonband nieder. »Wollen Sie sich direkt einschalten?« fragte der Techniker. »Oder möchten Sie abhören, was wir vergangene Nacht aufgenommen haben?«
»Etwas von jedem.«
»Hier ist das Direktband und hier ...«
»Ich weiß. Ich habe den Monitor schon benutzt.«
Der Techniker wurde rot und ging schnell weg. Quellen schaltete sich zuerst in das Direktband ein, aber er machte seinen Entschluß sofort rückgängig. Sein Schwager ging einer sehr menschlichen Tätigkeit nach. Quellen biß sich auf die Lippen. Mit schnellen, eckigen Bewegungen schaltete er das Band ein, auf das Pomraths Tun aufgenommen wurde, seit Brogg ihm den Horcher verpaßt hatte.
Quellen konnte natürlich nicht alles abhören. Er mußte eine gewisse Auswahl treffen. Wenn er das Band so überflog, fand sich bemerkenswert wenig Konversation. Pomrath war gestern abend in einer Traumbar gewesen. Anschließend war er heimgegangen und hatte mit Helaine gestritten. Quellen hörte zu.
POMRATH: Das ist mir völlig egal. Ich brauche meine Erholung.
HELAINE: Aber wir haben mit dem Abendessen auf dich gewartet. Und du kommst mit Drogen vollgepumpt an. Du hast nicht einmal Appetit.
POMRATH: Na und? Ich bin jetzt hier. Bring dein Abendessen. Ich werde es schon herunterwürgen.
Es kam noch mehr von der Sorte. Kleinliches Gezänk. Quellen übersprang eine Viertelstunde und merkte, daß sie immer noch stritten. Zwischen ihren Stimmen hörte man das Schluchzen seines kleinen Neffen und die verärgerten Kommentare Marinas. Es tat Quellen weh, daß die Familienstreitereien seiner Verwandten so gewöhnlich waren. Er ließ das Band schneller ablaufen. Nun wurden die Geräusche anders. Ein hartes, schnelles Atmen. Helaine seufzte.
POMRATH: Zufrieden, Liebling?
HELAINE: Ach, Norm!
Quellen sah peinlich berührt zu Boden. Seine Gefühle waren gemischt, als er auf die nächtlichen Gespräche seiner Schwester und seines Schwagers horchte. Einmal schämte er sich, zum anderen aber konnte er sich nicht dazu überwinden, das Band abzuschalten. Und so saß er unschlüssig da, während das Flüstern immer intimer wurde.
Ich sollte diesen Teil löschen, dachte Quellen. Wie entsetzlich neugierig wir manchmal sein können!
Mit einer entschlossenen Geste ließ er das Band schneller laufen. Nichts als die Geräusche von Schlafenden. Dann der Morgen. Die Kinder tappten umher. Pomrath trat unter die Molekülbrause. Helaine gähnte und fragte, welches Frühstück sie programmieren sollte.
POMRATH: Ich gehe heute früh aus.
HELAINE: Glaubst du, daß dieser Arbeitsvermittler etwas für dich hat?
POMRATH: Welcher Arbeitsvermittler?
HELAINE: Du weißt schon, der Zettel, den du bei dir hattest. Der Mann wollte dir doch Arbeit verschaffen.
POMRATH: Ach so, der.
Quellen wartete gespannt. Die Geräte zeigten eine ungewöhnliche Erregung bei Pomrath an. Sein Puls stieg an, ebenso seine Körpertemperatur. Dennoch schloß die Unterhaltung, ohne daß ein Wort über Lanoy gefallen wäre. Quellen übersprang wieder ein Stück. Er näherte sich der Direktübertragung.
POMRATH: Sie können mich doch zu Lanoy bringen, nicht wahr?
Der Monitor war so programmiert, daß eine Alarmanlage ausgelöst wurde, sobald das Wort »Lanoy« fiel. Ein winziges Zögern, bis der Komputer das Wort analysiert hatte, und dann ertönte das Zeichen. Ein rotes Licht blinkte auf dem Monitor-Schaltbrett. Eine Warnglocke rasselte. Dong! Dong!
Die Techniker kamen herbeigelaufen.
Dong.
»Schon gut«, sagte Quellen. »Ich überwache das Gerät. Schalten Sie diesen lästigen Alarm ab.«
Dong! Dong!
Quellen beugte sich vor. Auf seinen Handflächen stand Schweiß, als er zuhörte, wie sein Schwager die Familie doch betrog.
*
Pomrath war an diesem Morgen eine beträchtliche Strecke gefahren, ohne natürlich zu ahnen, daß seine Bewegungen ins Hauptquartier des Kriminalsekretariats übertragen wurden und daß man seine Worte und sogar seinen Herzschlag registrierte.
In den vergangenen Tagen, noch bevor der Horcher angebracht war, hatte er eine Menge Fragen gestellt. Die Zettel, die Lanoys Dienste
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