Flucht aus der Zukunft
Reise sicher?«
»So sicher wie eine Schnellbootfahrt«, lachte Lanoy. »Aber denken Sie noch einmal nach. Keine Hohe Regierung, die über Sie wacht. Dutzende von Nationalstaaten. Lokale Streitereien. Steuerorgane, die einander bekämpfen. Damit müssen Sie fertigwerden. Aber ich glaube, Sie schaffen es.«
»Schlimmer als hier kann es nicht sein.«
»Sind Sie verheiratet, Pomrath?«
»Ja. Ich habe zwei Kinder und liebe sie sehr.«
»Wollen Sie Ihre Familie mitnehmen?«
»Ist das möglich?«
»Ja. Mit einem gewissen Risikofaktor. Wir müssen Sie einzeln schicken. Massenbegrenzung. Sie könnten im Abstand von einem Dutzend Jahren ankommen. Zuerst die Kinder, dann vielleicht Sie und zuletzt Ihre Frau.«
Pomrath zitterte. »Angenommen, ich gehe als erster. Können Sie festhalten, in welche Zeit ich geschickt wurde, damit meine Familie nachkommen kann, wenn meine Frau es wünscht?«
»Natürlich. Wir werden uns darum kümmern. Ich setze mich mit Mrs. Pomrath in Verbindung. Ich werde ihr freistellen, ebenfalls die Reise zu machen. Die meisten Frauen tun es nicht, aber sie soll zumindest die Möglichkeit haben. Nun, Pomrath? Sind Sie immer noch dabei?«
»Das wissen Sie ganz genau.«
Quellen, der die Unterhaltung abhörte, saß wie in Trance da. Er fühlte sich eiskalt. Er konnte Lanoy nicht sehen, er wußte nicht, wo das Gespräch stattfand, aber er erkannte, daß sein Schwager im Begriff war, den Scharen von Zeitreisenden zu folgen. Und er konnte nichts dagegen unternehmen. Wenn nicht Brogg und Leeward das Hauptquartier Lanoys im Handumdrehen fanden und ihn verhafteten ...
»Sir, Untersekretär Brogg möchte Sie sprechen«, sagte eine Stimme.
Quellen erhob sich vom Monitor. Ein normales Telefon wurde ihm in die Hand gedrückt. Quellen nahm den Hörer auf.
»Wo sind Sie?« fragte er. »Haben Sie Lanoys Spur schon?«
»Wir arbeiten immer noch daran. Es stellte sich heraus, daß Brand den genauen Ort nicht wußte. Er kannte nur jemanden, der ihn über eine weitere Mittelsperson zu Lanoy bringen wollte.«
»Ich verstehe.«
»Aber die geographische Lage steht nun fest. Wir kreisen das Gebiet ein und suchen es per Televektor ab. Es ist jetzt nur noch eine Sache der Zeit, bis wir Lanoy persönlich haben.«
»Wieviel Zeit?« fragte Quellen eisig.
»Etwa sechs Stunden«, erwiderte Brogg. »Plus oder minus neunzig Minuten. Aber heute nageln wir ihn sicher fest.«
Sechs Stunden, dachte Quellen. Plus oder minus. Und dann hatten sie Lanoy verhaftet.
Aber Norm Pomrath hatte inzwischen den Sprung in die Vergangenheit gewagt.
12
Brogg sagte freundlich: »Ich muß Sie natürlich verhaften. Das werden Sie einsehen. Die Vorschriften sind nun mal nicht anders.«
»Natürlich«, sagte Lanoy. »Das versteht sich von selbst. Ich wunderte mich schon, weshalb es so lange dauerte, bis mich Ihre Leute aufgespürt hatten.«
»Unsicherheit bei den hohen Stellen. Es gab eine Menge Hin und Her.« Brogg lächelte den kleinen Mann an. »Es ist Ihnen gelungen, die Hohe Regierung ziemlich aufzuregen. Die Leute brennen darauf, Sie zu verhaften, aber gleichzeitig haben sie Angst, ihre Machtstellung durch irgendeine Verschiebung der Vergangenheit aufs Spiel zu setzen. So taten sie vorerst gar nichts. Die klassische Situation: Sie mußten zum Aufhören gezwungen werden, aber niemand wagte den ersten Schritt.«
»Ich bin mir über die peinliche Situation der Regierung im klaren«, sagte Lanoy. »Sogar ganz an der Spitze haben die Leute ein schrecklich kompliziertes Leben, nicht wahr? Nun ja, jetzt sind Sie aber doch hier. Kommen Sie nach draußen. Dann können wir den Sonnenuntergang beobachten.«
Brogg folgte Lanoy aus der Hütte. Es war sehr spät, und Brogg machte bereits Überstunden, aber er widersprach nicht. Den ganzen Tag hatte er zusammen mit Leeward diesen Lanoy eingekreist. Sie hatten Televektorkonstanten berechnet und verschoben, bis der Radius immer enger wurde. Wie Brogg Quellen am Vormittag versprochen hatte, handelte es sich nur um Stunden. Und seit Broggs Anruf waren genau vier Stunden und einige Minuten vergangen. Brogg hatte Leeward vor einer Stunde absichtlich auf eine falsche Spur gesetzt. Und nun befanden sich Lanoy und Brogg allein an der einsamen Hütte. Brogg hatte dem Zeitreise-Unternehmer viel zu sagen.
Eine dicke goldene Sonne hing am dunklen Himmel. Sie warf einen purpurnen Glanz über das verschmutzte Wasser. Das Glitzern wirkte unheimlich, und die schleimigen Geschöpfe, die sich an der
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