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Flucht aus der Zukunft

Flucht aus der Zukunft

Titel: Flucht aus der Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Ort gehörte ihm, aber er hatte ihn sich nicht verdient. Er konnte hier keinen echten Frieden finden. Und in Appalachia fand er ebenfalls keine Ruhe. Die Welt war ihm zu groß. Er war nur ein Splitter davon. Er dachte an Judith. Sie haßt mich, dachte er. Oder sie hat Mitleid mit mir, aber die Wirkung ist die gleiche. Sie wird mich nie wiedersehen wollen.
    Er wollte nicht in dieser herrlichen Umgebung bleiben, solange seine Laune so gedrückt war.
    Quellen trat wieder in das Stati-Feld und wurde über den Ozean zurück in sein Apartment getragen. In Appalachia herrschte tiefe Nacht. Quellen schlief sehr schlecht.

 
11
     
    Am nächsten Morgen warteten Quellens Untersekretäre bereits in seinem Büro. Sie hatten einen dritten Mann bei sich, einen großen, unbeholfenen, schäbig gekleideten Fremden, dessen geknicktes Nasenbein an einen Geierschnabel erinnerte. Brogg hatte, wie Quellen bemerkte, die Sauerstoffzufuhr voll aufgedreht.
    »Wer ist der Mann?« fragte Quellen. »Sie haben eine Verhaftung durchgeführt?« Sollte das etwa Lanoy sein? Es kam ihm unwahrscheinlich vor. Dieser armselige Prolet, der sich offenbar nicht einmal eine Plastikoperation für seine Nase leisten konnte, steckte keinesfalls hinter dem Zeitreisengeschäft.
    »Sagen Sie dem Kriminalsekretär, wie Sie heißen«, meinte Brogg und stieß den Mann grob mit dem Ellbogen an.
    »Brand«, erklärte der Fremde mit hoher, dünner Stimme. »Klasse Fünfzehn. Ich wollte wirklich nichts Unrechtes tun, Sir – es war nur so, daß er mir eine eigene Wohnung versprochen hat und Arbeit und frische Luft ...«
    Brogg unterbrach ihn. »Wir fanden den Mann in einem Lokal. Er hatte ein paar zu viel getrunken und erzählte jedem, daß er nun bald Arbeit bekommen würde.«
    »Das sagte mir der Mann doch auch«, murmelte Brand. »Ich brauchte ihm nur zweihundert Credits hinzublättern, und er wollte mich an einen Ort schicken, wo jeder Arbeit hatte. Und ich sollte auch Geld zurückschicken können, um meine Familie nachkommen zu lassen.«
    »Das kann nicht stimmen«, sagte Quellen. »Geld zurückschicken? In die andere Zeitrichtung?«
    »Das sagte der Mann. Es hat so verlockend geklungen, Sir.«
    »Verrückt«, sagte Brogg. »Wenn es einen Kontakt nach beiden Seiten gibt, werden unsere ganzen Berechnungen über den Haufen geworfen. Aber es ist einfach unmöglich.«
    »Wie hieß der Mann?« erkundigte sich Quellen.
    »Lanoy, Sir.«
    Lanoy! Überall dieser Lanoy. Offenbar streckte er seine Fühler in alle Richtungen aus.
    Brand murmelte: »Jemand hat mir das da gegeben und gesagt, ich solle mich mit ihm in Verbindung setzen.«
    Er streckte Quellen eine verknitterte Notiz entgegen.
     
    KEINE ARBEIT?
    FRAGEN SIE NACH LANOY
     
    »Diese Dinger sind überall«, sagte Quellen. Er griff in seine Tasche und holte den Zettel heraus, den man ihm auf der Flugrampe zugesteckt hatte. Er trug ihn jetzt schon seit ein paar Tagen wie einen Talismann mit sich herum. Nun legte er die beiden Zettel nebeneinander. Sie waren identisch.
    »Lanoy hat eine Menge meiner Freunde fortgeschickt«, sagte Brand. »Er sagte mir, daß sie alle Arbeit hätten und glücklich seien, Sir ...«
    »Wohin schickt er sie denn?« fragte Quellen vorsichtig.
    »Ich weiß nicht, Sir. Lanoy wollte es mir sagen, wenn ich ihm die zweihundert Credits brachte. Ich kratzte meine ganzen Ersparnisse zusammen. Ich war gerade auf dem Weg zu ihm und ging nur noch auf einen Sprung in das Lokal, und dann – und dann ...«
    »Dann fanden wir ihn«, ergänzte Brogg. »Er erzählte allen Umstehenden, daß er jetzt zu Lanoy ginge, um sich Arbeit geben zu lassen.«
    »Hm. Haben Sie schon etwas von den Zeitreisenden gehört, Brand?«
    »Nein, Sir.«
    »Na ja, ist schon gut. Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Sie bringen uns zu Lanoy.«
    »Das kann ich nicht. Es wäre unfair. Alle meine Freunde ...«
    »Und wenn wir Sie zwingen? «
    »Aber er wollte mir doch Arbeit verschaffen. Ich kann es nicht tun. Bitte, Sir.«
    Brogg sah Quellen scharf an. »Lassen Sie mich es versuchen«, sagte er. »Lanoy wollte Ihnen also Arbeit geben, sagen Sie? Für zweihundert Credits?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Und wenn ich Ihnen nun verspreche, daß Sie von uns umsonst Arbeit bekommen? Überhaupt keine Gebühr. Nur müssen Sie uns zu Lanoy bringen. Wir schicken Sie dann dahin, wo Lanoy Sie hingeschickt hätte. Und Ihre Familie kann kostenlos mitkommen.«
    Quellen lächelte. Wenn es um die niedrigen Proletenklassen ging, war Brogg der bessere Psychologe.

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