Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Flucht aus Katmandu

Titel: Flucht aus Katmandu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
Vom Netzwerk:
graben, denn sonst wären wir von einer ganzen Sektion abgeschnitten gewesen. Und so liefen wir schmale, nach Westen führende Tunnels entlang und hackten wir verrückt auf die Wände ein, während wir uns gleichzeitig vergewissern mußten, daß die Decke nicht einstürzte; dann schafften wir die Erde zurück in diese Kammer, die uns wie ein bodenloser Abgrund vorkam. Bahadims Leute feierten dabei gleichzeitig Dasain; sie hatten sich mit Papierschlangen behangen, Konfetti klebte auf ihnen, und ihre Stirnen und Teile ihres Haars waren mit roten Strähnen überzogen und mit gefärbten Reiskörnern geschmückt, und sie waren die meiste Zeit über betrunken. Freds hielt das für eine gute Idee und machte mit. Mittlerweile kamen die Bauarbeiter über uns ungewohnt schnell voran und verlegten ihre Betonrohre, als veranstalteten sie ein Wettrennen. Sie würden die Kammer bald erreichen, und so legten wir noch einen Zahn zu, und alle arbeiteten rund um die Uhr, um die Kammer zu füllen. Colonol John war stinksauer. Freds war begeistert. »Ist das nicht toll?« sagte er während unserer Pausen immer wieder. Ich schlang die Butterbrote herunter, die Sarah und Nathan gebracht hatten, und enthielt mich einer Antwort. In Wirklichkeit fühlte ich mich schrecklich; ich hatte mich noch nicht von dem Gewichtsverlust des Sommers erholt, und außerdem stellte sich mein Shambhala-Durchfall wieder ein und ließ mich schwindlig und manchmal etwas deliriös zurück.
    Als wir einmal gerade gegessen hatten, öffnete Freds eine Flasche Chang und zündete seine Pfeife an. »Hier«, nuschelte er, an der Pfeife ziehend, »nimm du auch mal, das Graben macht viel mehr Spaß, wenn man etwas angeduselt ist.« Unglücklicherweise griff ich auf das Angebot zurück und atmete gerade eine Lunge voll ein, als er hinzufügte: »Das Zeug hab' ich mir gerade von einem Burschen auf der Freak Street besorgt, es ist angeblich mit Opium verschnitten«, woraufhin ich hustete, bis ich mir bald ein paar Rippen brach. Nachdem ich dann die Kammer verlassen hatte, stieß ich mit dem Kopf gegen einen tiefhängenden Balken im Tunnel, und danach und nach Freds opiumverschnittenem Hasch fand ich mich tief in der Traumzeit wieder. Zum Beispiel fragte ich mich, ob die Grubenarbeiter, die diese mit Erde übervollen Loren schoben, nicht ziemlich klein und haarig waren und lange Arme und eigentümliche Hände hatten. Und trug einer von ihnen nicht eine Dodgers-Mütze? Zischten in Wirklichkeit nicht eine ganze Menge von ihnen wie Zwerge durch die Dunkelheit und retteten unsere Haut, zumindest, was das Auffüllen der großen Kammer betraf? Ich kann es Ihnen wirklich nicht genau sagen. Ich weiß nur, daß ich mich überaus seltsam fühlte, und daß wir wie die Tiere schufteten, ständig das Poltern der Bulldozer über uns, und selbst, wenn es uns gelingen sollte, diese Kammer rechtzeitig zu füllen, mußten wir immer noch einen Tunnel noch weiter westlich auffüllen, und ich taumelte herum und machte mir über all das Gedanken, als Bahadim vorbeikam und sagte: »Wir haben gerade Ihren Freund Mister A. Rana belauscht, wie er der South Asian Development Agency mitteilte, daß das Kanalisationsprojekt hinter den Zeitplan zurückgefallen ist und er sie um eine weitere Million Dollar gebeten hat, um das zu ändern. Und dann hat er mit diesen chinesischen Händlern telefoniert, um Vorkehrungen zu treffen, sie aus einer – wie er es nannte – dauerhaften Quelle in Chitwan zu beliefern, damit sie ihre Fabrik zuverlässig führen können. Zweifellos eine chinesische Aphrodisiakum-Fabrik! Ist das nicht komisch!«
    Und mich überkaum die Wut, und ich ließ die Hacke aus meinen schwieligen Händen fallen, und ich rannte durch die Tunnels, in nördliche Richtung zum Palast. Ich hatte den Verstand verloren.

15

    Das war mein Plan: Ich würde die Leiter in den kleinen Raum hinaufsteigen, den sie sich hinter den Räumen des Königs geschaffen hatten, und die schmale Wand hinter seinem Schrank, durch die wir ihn belauscht hatten, aufbrechen und in den Schrank und vorn dort aus in die Privatgemächer des Königs kriechen. Den König mit irgendeinem Gegenstand bedrohend (womit, wußte ich noch nicht genau), würde ich ihn zwingen, in die Tunnels hinabzusteigen, und ihn Bahadim und den anderen Mitgliedern der Kongreßparteifraktion übergeben. Wenn sie den König in der Hand hatten, konnten sie die Macht mit einem ziemlich unblutigen Staatsstreich übernehmen, einem ähnlichen Staatsstreich, wie

Weitere Kostenlose Bücher