Flucht aus Katmandu
konstitutionelle Monarchie, von der Sie sprechen, doch die Ranas werden sie verhindern, wenn sie es können.«
Ich schüttelte den Kopf. »Das kann nicht gut sein für das Land.«
»Nein, natürlich ist es nicht gut.« Bahadim verzog den Mund. »1951, zur Zeit unserer Revolution, hatte Nepal, wirtschaftlich gesprochen, dieselbe Größe wie Südkorea. Und Südkorea hat unter einem Krieg gelitten, und trotzdem ist das Land nur siebenunddreißig Jahre später das, was es ist – während wir noch den den ärmsten Nationen der Erde gehören. Nun kann man behaupten, daß Südkorea eine Küste hat und wir nicht, aber daran liegt es nicht. Wir kommen ganz einfach wirtschaftlich nicht voran, bis wir politisch vorangekommen sind! Eine konstitutionelle Demokratie, ja. Und dafür arbeiten wir hier unten!«
Seine Augen strahlten im Licht der Lampe, und als er seine Teetasse abstellte, bildete seine Hand eine Faust. Ich sah, daß er es todernst meinte, und wußte, daß ich die Mannschaft gefunden hatte, mit der ich spielen wollte. »Können Sie A. Ranas Büro für mich beobachten?« fragte ich ihn.
»Aber sicher. Wenn es besetzt ist, wird ständig jemand lauschen. Wir möchten gern wissen, was es mit diesem Kanalisationsprojekt auf sich hat. Anscheinend läuft es wie immer: ein Freund der Ranas bekommt den Vertrag. Wahrscheinlich hat er nicht das niedrigste Gebot abgegeben, falls sie überhaupt Gebote eingeholt haben, und man hat es noch nicht bekannt gegeben, um den Geldgeber um möglichst viel Bakschisch zu erleichtern. Ein Großteil des Geldes wird zweifellos in Indien landen, auf den Konten der Ranas und bei Subunternehmen. Und Sie können sich nicht vorstellen, was für eine schreckliche Kanalisation wir dafür bekommen werden.«
Ich nickte. »Wir müssen erfahren, wann sie anfangen wollen.«
»Ich werde Sie wissen lassen, was wir in Erfahrung bringen.«
Als ich nach Hause kam, wartete Nathan schon auf mich. »Herrje, George, du mußt wirklich ein toller Mittelsmann sein. Ich sprach mit diesem Beamten im Ministerium, mit dem du den Termin gemacht hast, und ich will verdammt sein, wenn er mir nicht bestätigt hat, daß das Projekt gebilligt ist!«
»Ich hatte nichts damit zu tun«, sagte ich. »Hat er gesagt, wann sie anfangen werden?«
»Nein, wieso? Es ist noch viel zu tun, es müssen Angebote eingeholt werden und …«
»Das ist alles schon geschehen«, entgegnete ich verdrossen und gab ihm eine Zusammenfassung dessen, was ich in Erfahrung gebracht hatte. Er war schockiert.
Ein paar Tage später rief mich Bahadim an. Seine Lauscher hatten erfahren, daß die Aushubarbeiten für die Kanalisation bald beginnen würden. Die Vertragsfirma hatte einen schweizerischen Techniker eingestellt, was bedeutete, daß alles dreimal so schnell gehen würde wie sonst.
Also wurde es höchste Eisenbahn für uns. Freds brach nach Shambhala auf, und Colonel John und die Khampas für die Änderungen an ihrem Tunnelsystem unter der Stadt zu holen. Es würde eine Weile dauern, bis sie in Katmandu waren und anfangen konnten; mittlerweile gab es für mich kaum etwas zu tun. Ich überprüfte das Tunnelsystem noch einmal, stellte genau fest, wo die Rohre der Kanalisation es schneiden würden, und markierte die Stellen im Tunnelsystem, die aufgefüllt werden mußten; ich lag stundenlang unter A. Ranas Fußboden, belauschte ihn, wie er über mir das Blaue vom Himmel log, und wurde immer wütender auf ihn; ich räumte sogar mein Zimmer auf, was ich seit Monaten nicht mehr getan hatte.
Und während ich dort aufräumte, stieß ich auf eine kleine Tasche mit unnützem Kram von meinem ersten Trek in Nepal. Man hatte mich damals eingestellt, die Trekker zu führen, obwohl ich nicht die geringste Ahnung gehabt hatte, worum es überhaupt ging; unser Sherpa-Sirdar hatte mir alles beigebracht. Unter den Erinnerungsstücken in der Tasche befand sich ein zusammengefalteter, an den Ecken zerfranster Zettel. Ich erinnerte mich nicht mehr, worum es sich dabei handelte, und faltete ihn neugierig auf.
Es war ein Brief, in einer seltsam spitzen Handschrift, die ich kaum lesen konnte.
Datum. 27. 9. 1981
Sehr geehrter Herr,
Namaste.
Heute ich Ihnen einen Brief schreiben und ich hoffen und gesehen Sie wohnen auf Schulhof so ich sehr Glück sein für Sie und Ihre Führer. Ich Ihnen sagen müssen von dieser Grundschule schlechte Bedingungen verzeihen Sie Sir hier nicht sehr ferantwortliche Person und reicher Mann so daß sie nicht geben können viel Geld
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